Kapitel 2. Die Gehängte

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Lest bis zum Ende, der Anfang kann euch etwas familiär vorkommen, aber das Ende ist anders.

KAPITEL II: DIE GEHÄNGTE

Sagen wir es mal so, die Überraschung ist groß, sogar sehr groß, wenn du ungemütlich, auf dem Boden geschlafen hast und endlich deine Augen öffnest, nur um über dir deine Mutter zu sehen, die eine Grimasse zieht.

Dann ist sie sogar noch größer, wenn du dein Bett plötzlich leer auffindest, dein Handy fehlt und du wie ein Idiot,  stotternd versuchst zu erklären, warum du auf dem Boden schläfst.

Du bist ein komisches Mädchen, Gray!"

"Gray!, wenn du weiter so abwesend aus dem Fenster schaust, dann kannst du gleich rausgehen" Ich drehe meinen Kopf und verabschiede mich innerlich von der beruhigenden Natur, dabei sehe ich, wie Herr Moritz seine Nase rümpft. Zu meiner Peinlichkeit führt er seine erniedrigende Rede fort "Ich weiß, dass Casy Charlins gestorben ist, aber es ist schon eine Weile her und die Welt dreht sich weiter" Ein ungemütliches Gefühl breitete sich in meinem Magen aus und als Moritz leicht seinen Kopf schüttelte, wollte ich kotzen.

"Ich wette, sie hat sie selbst umgebracht" Flüstert leise und vorsichtig Megan, das braunhaarige Mädchen, eine Reihe vor mir. Ihre grünen Augen mustern mich kurz und schauen dann ganz schnell weg zu ihrer Partnerin Tessa.

"Egal wer es war, die Schlampe hats verdient" Ihr Flüstern war viel leiser, so leise, dass es keiner hört, bis auf mir. Klischeehaft, ich weiß, aber ich habe fast schon ein übernatürliches Gehör. Dieses fast schon übernatürliche Gehör hat mir oft den Arsch gerettet, besonders oft bei Casys früheren Intrigen. Auch sie schenkt mir ein kurzen Blick, bevor sie und Megan weiter den Unterricht folgen, um nicht das gleiche Schicksal, dass mir widerfahren ist, zu erleben.

Ironischerweise war Tessa eine von Casys engen Freunde gewesen und Megan eher ihr inoffizieller Lakai, warum Tessa Shade auf Casy warf, war mir also unklar. Das mich Megan für ihren Tod verantwortlich machte oder es vermutet, machte, jedoch, in gewisser weiße Sinn. Wir haben uns schließlich gehasst, außerdem war ich mehr als nur einmal öffentlich gewalttätig zu ihr, (genauso, wie sie zu mir).

Dennoch bringt ihr Kommentar mein Blut zum Kochen. Bevor ich mich auf sie stürze, stürze ich lieber raus; durch die Tür.

Ihr hättet Moritzs Gesicht sehen sollen, als ich seine Schulter gerammt habe, nachdem er mir den Weg versperren wollte. Eigentlich hättet ihr die Gesichter der ganzen Klasse sehen müssen oder wenigstens ihr ungläubiges Aufatmen oder genervtes Seufzen.

Moritz ist zwar einer der jüngsten Lehrer hier auf der Schule, aber definitiv einer der Strengsten. Der einzige Strenge, sogar. Sonst gibt es nur noch die Langweiler, die Nervensägen und die guten Lehrer, die Gott persönlich vom Himmel herab gesandt hat.

Ohne zu wissen, wo ich hingehen will, folge ich dem Gang und finde mich später im Pausenhof wieder. Mein Name schallt durch den leeren Gang und das Wort Direktor höre ich auch leicht. Die Frage, ob ich nach Hause gehen sollte beschäftigt mich eine Zeit lang. Ich war hin und her-gerissen. Soll ich? Hallt durch meinen Kopf, aber dann wird mir schnell wieder klar, dass ich zu faul bin, um mir einen dreißig minütigen Weg zu geben, nur um in einer halben stunde wieder zu kommen.

Ich war sogar zu faul, um zu stehen, weshalb ich mich an den nächstbesten Baum hinsetze und mich dort anlehne, dadurch war mein Kopf nach oben gerichtet. Sonnenstrahlen blenden meine normal weit-geöffneten Augen durch die löchrigen grün-braunen Blätter, weswegen ich sie mühelos schließe.

Verwirrt sorge ich mich um mein Handy. Beim Aufstehen war es nicht mehr da, genauso wie Parker übrigens.

"Ob es Parker hat?" Flüstere ich leise sowie sanft und versuche gleichzeitig mein linkes Auge zu öffnen. Doch wie zu erwarten, blendet mich die Sonne wieder.

***

Erfolgreich habe ich zwei Stunden von Herrn Moritz Unterricht geschwänzt, dass ich dafür aber eine Strafe absitzen musste, ist mir klar.

Doch bevor ich, aber in die Klasse gehe, gehe ich aufs Klo. Etwas Überrascht, begegne ich meiner Schwester, die gerade aus dem Schul-Wc austreten wollte.

„Hi, Gray" Lächelt sie nach einer kleinen Atempause. „Wie ich sehe hast du Geschichte geschwänzt" Mit einem Grinsen rammt sie meine Schulter.

„Ich kann ihn nicht so lange ertragen, das weisst du doch" Scherze ich und betrete das Schul-Wc. Jedoch verschwindet April nicht, sondern hält meinen Arm fest „Es gibt kein Toilettenpapier mehr, hier-" Sie grub in ihrer Jackentasche herum und holte eine Taschentuchpackung heraus

„Danke." Lächle ich, während sie ihren Arm entfernt.

Mit einem leichten Tritt öffne ich die zweite Kabine. Was, aber meine Augen vor mir erfassen, erfriert mein Blut. Geschockt falle ich auf den harten, etwas nassen, Boden. Meine Augen vergrößern sich. Jeder Gedankengang wurde zerhackt. Oh mein- was- was-

Hinter mir höre ich meine Schwester kreischen.

Die leblosen Augen von der erhängten Person starren in meine hinein. Als ob sie mir die Schuld geben wollen.

Mein Körper beginnt zu zittern, als meine Augen auf ihren halsumschlingenden lila Schal
liegen bleiben. Das Zittern verstärkt sich, als ich ihr ganzen Körper anschaue. Sie bewegte sich nicht, sondern schwebte still und ruhig in der Mitte der Kabine.

Hinter mir hörte ich wie April beginnt zu rennen und wenig später ist dank ihr der Schulleiter da. Ganz verschreckt bei dem Anblick seiner toten Schülerin, wählt er den Krankenwagen.

The miseducation of the last 90s kidsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt