Six Months • Part I

Louis

Vollkommen außer Atem bremste Louis an der Bushaltestelle ab und sah die Straße hinunter.

Der Bus bog gerade um die Ecke und hatte den Blinker gesetzte, um an dem kleinen Wartehäuschen anzuhalten. Gerade noch geschafft. Wie konnte er aber auch am ersten Tag so viel Zeit vertrödeln? Noch gestern hatte es sich extra alles bereitgelegt, um heute nichts wichtiges zu vergessen und trotzdem war die Zeit gerannt und er beinahe zu spät gekommen. Was es für einen Eindruck machte, wenn er gleich am ersten Tag zu spät kam, wollte sich Louis gar nicht ausmalen. Allein der Gedanke daran, war ihm peinlich. 

Als sich die Bustüren zischend öffneten, atmete er noch immer so schwer, als ob er einen Marathon gelaufen wäre. Wenn doch nur Niall heute auch seinen ersten Tag haben würde. Dann hätte er nicht alleine fahren müssen. Doch sein Kumpel fing erst Morgen an und so musste Louis seinen ersten Arbeitstag im Krankenhaus wohl allein hinter sich bringen. Er zeigte sein Studententicket vor und ließ sich dann auf einen freien Sitz neben einen Mann fallen, der in eine Zeitung vertieft war. 

Ein Seitenblick auf den Artikel sagte ihm, dass es sich um einen Bericht über die Gesundheitsbehörden der Stadt handelte. Weil er sich von seiner Nervosität ablenken wollte, sprach Louis den Mann an: „Und, kennen Sie sich im Gesundheitswesen aus? Ich frage nur, weil sie diesen Artikel da lesen." Der Mann hob den Kopf und schob sich die Brille ein Stück höher, dann sagte er: „Ja, ein wenig." Louis grinste. Der Typ sah gut aus. Eigentlich genau sein Beuteschema: dunkle Haare, vermutlich recht groß, denn seine Knie stießen an die Rücklehne des Vordersitzes. Ein kleiner Flirt am Morgen half ihm sicherlich ein wenig, die Gedanken nicht auf das Kommende zu richten. „Ich bin Arzt", sagte er lässig und versuchte bescheiden zu klingen. Dabei war er das ganz und gar nicht. Noch nicht. Aus dem ganzen Jahrgang war er der Einzige, der den begehrten Praktikumsplatz in diesem renommierten Krankenhaus bekommen hatte und darauf konnte man sich schon etwas einbilden. 

„Ah, das ist ja interessant. Dann sind Sie sicherlich sehr gut, denn Sie scheinen mir noch recht jung zu sein", antwortete der Mann und klang beeindruckt. „Ja, man tut eben, was man kann, nicht wahr?" Louis war es in diesem Moment vollkommen egal, ob der Mann sich für ihn interessierte. Er fand ihn nett und das Gespräch lenkte ihn wunderbar ab. 

Der Bus fuhr um eine Kurve und Louis stand auf: „So, ich muss umsteigen. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag." - „Danke. Ihnen auch", der Mann senkte wieder den Kopf und blätterte weiter in seiner Zeitung. Louis musterte ihn noch kurz. Der arbeitete sicherlich irgendwo in der Altenpflege. Er war locker gekleidet und Menschen mit diesem Stil, fand man meist in diesem Bereich. Jeder Beruf im Gesundheitswesen war irgendwie mit einem gewissen Stil gekoppelt. Das war Louis und Niall schon vor einer ganzen Weile aufgefallen. Die Zivis waren meist Hippies, mit langen Haaren und Bärten, die Krankenschwestern häufig unauffällige Frauen mittleren Alters, die sich noch nie im Leben geschminkt oder die Haare gefärbt hatten und Ärzte waren gutaussehende Snobs. Oder alte, weise Männer, bei deren Anwesenheit man es vor Ehrfurcht kaum wagte zu atmen. Und genau so ein Arzt wollte Louis auch werden. 

Genau deswegen hatte er sich schon in der Schule immer sehr angestrengt. Arzt zu werden, war sein Traumberuf und er gab sein Bestes, um diesen Beruf ergreifen zu können. In seinem Jahrgang war er mit Abstand einer der besten und die Professoren bescheinigten ihm eine gute Zukunft wenn er so weitermachte. Das Grundstudium hatte er schon und nun musste er sich spezialisieren. Weil Louis schon immer ein begeisterter Fußballspieler gewesen war und es in diesem Sport häufig zu Knieverletzungen kam, wollte er sich als Chirurg ausbilden lassen, um bei solchen Verletzungen helfen zu können. 

Louis stieg um und nahm den Bus, der direkt zum Hospital fuhr. Es war mittlerweile 7:15 und um 8 hatte er sich bei seinem Oberarzt zum Dienst zu melden.

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Headlong90