Ich schiebe mich durch kleine Grüppchen und bahne mir einen Weg zu meinem Vater. Je schneller ich dieses Gespräch hinter mir habe desto schneller kann ich schlafen. Die Fahrt von Las Vegas nach Venice hat viel zu lange gedauert und die Konfrotation mit den ganzen Menschen hat mir den Rest gegeben. Die tiefe Bass Stimme meines Dads höre ich schon bevor ich ihn sehe. Vermisst habe ich ihn nicht. Keinen von den ganzen versammelten Menschen.
Bei ihm angekommen, warte ich bis er sein Gespräch beendet hat. Erst danach trete ich in sein Blickfeld und begrüße ihn mit einem einfachen ,,Hey Dad".
Emilio Bailey gehört zu den Menschen, die nicht viel reden. Als Vater hat er schon vor Jahren versagt. Das einzige was uns beide noch verbindet ist die Liebe zum Pokern, aber das ist nun schon viele Jahre her. Seine weißblonden Haare habe ich von ihm geerbt, auch wenn seine langsam gräulich wirken. Sein Blick sagt mal wieder nichts über seine Gedanken aus, so dass ich einfach still stehe und zu Boden blicke.,,Das du dich mal wieder blicken lässt, hätte ich nicht gedacht. Und? Hast du irgendwas erfolgreiches zu berichten?" Von erfolgreich bin ich wirklich ganz weit entfernt. Ich glaube ich versuche meinem Vater erst gar nicht zu verklickern, dass ich Barkeeperin bin und mit einem drogenabhängigen Möchtegern- Philosophen zusammenwohne. Ich kaue nervös auf meiner Unterlippe und starre weiterhin angestrengt auf den Boden. Lügen will ich auch nicht also entscheide ich mich ihm die halbe Wahrheit zu erzählen.
,,Ich arbeite in einer Bar." Wie zu erwarten, zieht er eine Augenbraue hoch und sieht mich mit seinem typischen Was-nützt-du-überhaupt Blick an. Caitlyn studiert Medizin. Es ist klar, dass ich im Gegensatz dazu nicht viel besseres vorzuweisen habe. Beziehungsweise gar nichts vorzuweisen habe. Es war schon immer so. Es hat sich nicht verändert. Meine Schwester, die Bestnoten schreibt, den Ruhm absahnt und dabei immerzu perfekt aussieht und ich. Die Schwester, die versucht Bestnoten zu schreiben, sich ihren Arsch für alles aufreißt, aber in den Augen der Anderen immer für minderwertig und wertlos angesehen wird.
,,Hast du vor irgendwann mal etwas aus deinem Leben zu machen?"
Ich verdrehe innerlich genervt die Augen. Ich weiß nicht wie oft ich diesen Satz schon in meinem Leben gehört habe, aber er geht mir tierisch auf die Nerven. Früher habe ich mir Gedanken darüber gemacht.
Mein früherers Ich hätte nachts nicht schlafen können weil es sich zwingen wollte jemand anderes zu sein um ihre Eltern stolz zu machen. Jetzt versuche ich es nicht mehr. In den Augen meiner Eltern werde ich nie gut genug sein. Wenn man sich einmal damit abgefunden hat, genießt man das Leben ein wenig mehr.
Da ich echt müde bin und nicht die Nerven habe mich mit meinem Vater anzulegen, zucke ich nur mit den Achseln. Wer weiß vielleicht werde ich irgendwann endlich etwas finden, das mich glücklich macht. Als hätte ihn der Himmel gerufen, kommt Jared und verwickelt meinen Vater in ein Gespräch. Als er ihn aus dem Raum führt, dreht er sich um und zwinkert mir mit sanften Lächeln zu. Ich atme meine angehaltene Luft aus und streiche mir über mein Kleid. Gott sei Dank! Als hätte er geahnt, dass ich mich unwohl fühle.,,Ich kenne dich erst seit zehn Minuten und jetzt habe ich schon das zweite Detail über dich herausgefunden."
Erschocken drehe ich mich zu der Stimme um. Es ist Deacon, der mit zwei Sektgläsern ein paar Meter vor mir steht.
,,Wenn du nervös bist, streichst du über dein Kleid, als würdest du eine unsichtbare Falte glätten." Er mustert mich aus seinen braunen Augen und kommt einen Schritt näher.
,,Und was ist das zweite Detail?" Neugierig mustere ich den Fremden, der in ein paar Minuten schon mehr über mich weiß, als meine Familie.
,,Du magst starken Alkohol und hasst Sekt. Das ist das zweite Detail." Er grinst und reicht mir eins der Sektgläser, wobei der Inhalt des Glases definitiv nicht Sekt ist. Überascht schaue ich ihn einfach an. Er nickt mir immernoch grinsend zu und wendet sich ab, um wenig später in der Menge zu verschwinden. Ich lache leise auf und mustere mein Glas bevor ich einen großen Schluck nehme.
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All I wanted was love
Teen FictionMadison hatte sich geschworen nie wieder zurückzublicken. Sie wollte von neu anfangen. Ein Leben ohne Schuld, ohne Lügen, ohne Ihn. Doch als ihre Zwillingsschwester Caitlyn sie dazu nötigt ihre Trauzeugin zu sein, muss sie sich auf den Weg machen...