Träne 7: Hilf mir...

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  Am nächsten Tag begaben Stan, Ford und ich uns als erstes zu dem Zettel and der Pinnwand, welcher uns verraten würde, wer nun Romeo werden würde. Alle anderen Rollen interessierten uns nicht. Gespannt suchte ich den entsprechenden Zettel, bemerkte dann allerdings, dass Stan ihn anscheinend bereits gefunden hatte, da er zugleich blass wurde, als auch grinste wie ein Wahnsinniger. Schutzsuchend trat ich einen Schritt von ihm weg, bevor ich seinem Blick skeptisch folgte. Stanley konnte einem manchmal wirklich Angst machen. Vor allem wenn man plötzlich begann von ihm zu träumen und nun die ganze Zeit daran denken musste, weshalb man bereits den ganzen Morgen wie eine Tomate rumlief und bereits einen Spitznamen bekommen hatte. Ich konnte doch auch nichts dafür, dass er einen besseren Romeo abgab, als ich zuerst erwartet hatte.
Lediglich sein Auftritt war schuld an meiner jetzigen Misere. In meinem Traum war ich Julia, die auf dem Balkon stand und zum Nachthimmel blickte, als auf einmal Romeo - welcher wie Stan aussah - auftauchte und die Ranken hinaufkletterte und einen Kuss auf meine Lippen presste. Sehnsüchtig. Verlangend nach mehr. Leidenschaftlich. Feurig. Wenn ich darüber nachdachte begann es in meinem Bauch zu kribbeln und meine Wangen begannen sich erneut zu erhitzen, sodass ich nach Luft schnappen musste, als hätte ich 40 Grad Fieber. Es war furchtbar und schmerzte, doch fühlte sich dieses Gefühl gleichzeitig so angenehm an. Ich hasste es allmählich. Wenn das Liebe war, dann wollte ich nicht lieben.

Ich schüttelte innerlich den Kopf. Es war unmöglich das ich Gefühle empfand. Ausgerechnet für Stan! Nein! Niemals. Ich versuchte es zu verdrängen und konzentrierte mich lieber auf den Zettel, den ich nun endlich gefunden hatte und riss erschrocken die Augen auf. Das durfte nicht wahr sein. Mein Albtraum erfüllte sich.
"JOSHUA?! Das darf nicht wahr sein!", schrie ich verzweifelt aus voller Lunge heraus. Wahrscheinlich hörte man meine Stimme durch die gesamte Schule hallen, so laut und schrill wie ich geschrien hatte. Es war nicht wahr! Das durfte nicht sein! Natürlich hatte er eine geniale Performance vorgelegt, doch trotzdem durfte er nicht Romeo werden. Jeder aber nicht ER! Wenigstens waren Stan und Ford zusammen die Zweitbesetzung, doch trotzdem brach für mich gerade eine Welt zusammen. Wie sollte ich dieses Stück überleben? Die Proben würden der Horror werden und sobald er mich küssen dürfte, würde ich keine Ruhe mehr vor ihm finden. Vor allem da er offensichtlich mitten in der Pubertät zu sitzen schien und nun alles erforschen wollte. Vor allem das weibliche Geschlecht. So wie er sich an mich heran schmiss. Er wirkte wie ein Mann mit viel Druck in der Hose. Zumindest hatte meine Mutter das so ausgedrückt. Verstehen konnte ich es nicht ganz. Hatte es was Sexuelles zu bedeuten? Ich wusste es nicht. Erwachsene. Die drückten sich immer so seltsam aus. Hoffentlich würde ich nicht so werden.

Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter ruhen, bevor sich diese um meinen Körper legte und mich an einen Körper heranzog. Irritiert blickte ich hinauf in das Gesicht des Übeltäters. Sobald ich das fiese Grinsen erblickte, stieß ich mich von der Person weg und huschte sofort hinter Stan, welcher schützend seine Arme vor mir ausstreckte und Joshua böse anstarrte.
"Na, Babe? Auch schon gesehen, wer dein Romeo sein darf? Genau. Ich. Also freu dich schon mal auf die nächsten sechs Wochen. Das wird ein Erlebnis, welches du niemals vergisst", meinte er überlegen, woraufhin ich ihn skeptisch betrachtete. War, dass sein Ernst? War er so dumm?

"Dir ist bewusst, dass es mehr als sechs Wochen sind bis zur Weihnachtsfeier und somit dem Auftritt, oder? Gehen wir davon aus, dass jeder Monat drei Wochen hat - was hier und da auch nicht immer stimmt -, wären es alleine sechs Wochen bis November Ende. Somit bleiben noch mindestens drei Wochen bis zur Aufführung, also wären das bereits alleine neun Wochen, du Genie. Wenn du schon in Wochen zählen möchtest, dann doch bitte RICHTIG", meinte ich leicht überheblich und blickte ihn schon fast frech an. Ich konnte es einfach nicht leiden, wenn man versuchte klug zu klingen und dann eigentlich komplett falsch damit lag. Zur großen Überraschung der Jungs - offensichtlich -, denn diese sahen mich auf einmal an, als sei ich ausgetauscht worden oder von Aliens entführt und wieder zurückgebracht. Irritiert sah ich zwischen ihnen hin und her, bevor ich zu Schmunzeln begann.
"Was? Ich bin zwar schlecht in Mathe aber DAS hätte ja wohl auch ein Baby erkannt", entgegnete ich amüsiert, während ich kurz zu Stanford schielte, dessen Augen zu funkeln schienen. Ich zwinkerte ihm zu, bevor ich mich wieder ernst zu Joshua wandte. Ich hasste diesen Typen immer mehr. Doch wunderte ich mich über Ford. Ob er es mochte, wenn ich mitdachte? Bestimmt tat es ihm gut jemanden zu sehen, der ebenfalls nicht so dumm war, wie manch andere an dieser Schule. Wobei ich noch lange nicht so klug war wie Stanford. Er war ein Genie. Bewundernswert. Wieso konnte ich kein Genie sein? Dann würde ich in Mathe wenigstens weniger Vieren mitbringen. Aber man konnte leider nicht alles haben. Schließlich war das Leben kein Wunschkonzert.

"Schön! Was auf immer, Klugscheißerin! Ich werde halt die nächsten Monate unvergesslich für dich machen. Vor allem nach dieser Rede! Und auf ewig können dich diese zwei Milchbuben hier nicht beschützen. Irgendwann passen sie nicht auf und dann kommt meine Chance. Kapier?", meinte Joshua bedrohlich, woraufhin ich es sofort bereute ihn verbessert zu haben, da ich ihn dadurch offensichtlich provoziert hatte. Ich und mein großes Mundwerk. Verzweifelt und eingeschüchtert krallte ich mich sachte in die linke Schulter von Stanley, während ich mich wieder mehr hinter ihm verzog. Kühl und von oben herab blickte Joshua ein letztes Mal zu mir, bevor er breit zu grinsen begann und sich auf dem Weg zum Unterricht machte. Ich ahnte, dass die nächsten Monate kein Zuckerschlecken für mich werden würden. Ich war - auf gut Deutsch formuliert - regelrecht am ARSCH! Ich dürfte niemals von Stan und Fords Seite weichen. NIEMALS!




Die Wochen wollten nicht umgehen. Drei Wochen fühlten sich wie Jahre an und der Monat war immer noch nicht zu Ende. Joshua wusste ganz genau wie er mir das Theater zur Hölle machen konnte. Stetig sprach er mich mit einem neuen Spitznamen an. Süße und Schönheit waren da noch die angenehmsten, doch ging es weiter bis es oberflächlich und manchmal sogar pervers wurde. Von all diesen Versionen waren in Hinsicht pervers Pfirsichpopo noch das harmloseste. Am liebsten hätte ich ihm jeden Tag aufs Neue eine Ohrfeige verpasst, doch wagte ich das nicht, da ich befürchtete ihn auf diese Art und Weise erst recht zu provozieren, sodass er schlimmeres machte, als mir bloße Spitznamen zu geben. Dazu müsste ich dann länger bleiben und das konnte ich mir nicht erlauben, da Stan nach den Proben noch zum Boxen musste, zusammen mit Stanford. Anscheinend meinte deren Vater, dass sie dringend stärker werden müssten, weshalb er sie angemeldet hatte. Wenn sie nicht hingingen, würde er sie persönlich dorthin schleifen. Zumindest laut Stanley und Stanford. Allerdings musste ich zugeben, dass mir Mr. Pines bei unserer ersten Begegnung ebenfalls streng vorkam,weshalb ich den Beiden das sofort glaubte und nachvollzog, wieso sie sich vielleicht sogar ein wenig fürchteten. Zumindest respektierten sie ihn. Allerdings anders als es sich zwischen meinem Vater und mir anfühlte.
Während wir Beide uns auf strenger, freundschaftlicher Basis befanden, wirkten Stan und Ford eingeschüchtert, als ob ihr Vater deren Vorgesetzter war und nicht ein Mann, der die Beiden großzog. Auch Liebe hatte ich kaum vernehmen können. Zumindest damals noch nicht. Dagegen wirkte die Mutter auf den ersten Blick wie eine Betrügerin, die den Menschen das Geld aus der Tasche zog, weshalb ich sie zuerst als kaltherzig abstempelte und mich um meine Lieblingszwillinge sorgte, doch hatte ich schnell gemerkt, dass sie ihre Söhne über alles liebte.

Allerdings half mir das nicht weiter. Sie schien ihren Mann seine strenge durchgehen zu lassen, weshalb ich jedes Mal aus der Umkleide sprinten musste, um Stanley und Stanford bis zum Auto von Mr. Pines begleiten zu können. Ansonsten wäre ich alleine und niemand könnte mir helfen. Ich befürchtete immer schlimmeres. Von Tag zu Tag wurde ich paranoider. Manchmal überlegte ich, ob ich den Vater von Stan und Ford fragen sollte, ob er mich nach Hause fahren könnte. Allerdings wollte ich unnötige Benzinkosten vermeiden, da die Familie ohnehin wirkte, als ob sie nicht wirklich viel Geld besaßen. Somit wollte ich vor allem Stan und Ford nicht mit meinen Sorgen belasten, weshalb ich jedes Mal am Auto stand und zum Abschied lächelte, bevor ich begann nach Hause zu rennen. Panisch überkam mich immer deutlicher das Gefühl Schritte hinter mir zu vernehmen, während ich zwei stechende Augen auf mir ruhen spürte. Verzweifelt kniff ich die Augen feste zusammen und rannte, bis ich von Woche zu Woche erschöpfter zu Hause ankam. Meine Eltern wussten nichts davon, da sie in der Regel später als ich nach Hause kamen. Bis dahin konnte ich meinen rasenden Puls beruhigen und den Terror in meinem Blick verschwinden lassen.

Doch an diesem einen Tag war alles anders.

Wo bleiben die Beiden nur?, dachte ich nervös, während ich mich am Schultor umsah. Immer wieder den Blick nach links und rechts schwenkend. Ich begann an meinen Nägeln zu kauen, während ich mich an die Mauer hinter mir lehnte und innerlich betete, dass sie noch auftauchen würden. Wahrscheinlich hatte Stanley mal wieder verschlafen und Stanford bekam ihn nicht aus dem Bett. Das war die naheliegendste Lösung für mich, da ich über die Andere gar nicht erst nachdenken wollte. Diese Möglichkeit würde ich nicht akzeptieren. Nicht heute. Denn erneut war Tag der Probe. Ohne die Beiden würde ich das nicht überleben! Sie gaben mir Kraft und könnten mich beschützen, sollte mir Joshua erneut zu nahe kommen, was bereits geschehen war. Denn seit ein bis zwei Tagen lief er mir hinterher - und das war nicht nur meine Paranoia, bis er mich alleine vorfand, um mich gegen die nächstgelegene Wand zu schlagen und mir einen Kuss aufdrücken zu wollen. Bis jetzt kamen immer Stan und Ford dazwischen, bevor etwas passieren konnte, doch wenn die Beiden heute nicht da waren, würde ich sterben. Wer weiß was er noch alles in seinem kranken Gehirn plante?

Unter Tränen in den Augen musste ich akzeptieren, dass die Beiden höchstwahrscheinlich krank waren. Seufzend ließ ich den Kopf hängen, während ich überlegte, ob ich zur Schulschwester gehen sollte, um nach Hause gehen zu können. Blass genug, dank der Angst heute alleine auf Joshua treffen zu müssen, war ich, somit würde es mir nicht schwer fallen die Schwester davon zu überzeugen, dassich krank war und dringen nach Hause müsste. Allerdings wollte ich den Unterricht nicht verpassen und als Hauptrolle bei dem Theaterstück, würde ich ungern eine der Proben verpassen, außer ich war tatsächlich krank. Allerdings machte mich diese Angst wahnsinnig. Würde ich mich überhaupt konzentrieren können? Ich wusste nicht was ich machen sollte und begann zu verzweifeln. Vielleicht sollte ich meine Eltern um Rat fragen, allerdings wollten ich ihnen nicht zur Last fallen. Dank der Arbeit hatten sie bereits genug Stress.
Ich ließ den Kopf hängen, welchen ich innerlich schüttelte und die Augen schloss. Ich durfte mich nicht unterkriegen lassen. Genau das wollte Joshua. Genau DAS erwartete er von mir. Sobald meine Beschützer nicht da wären, würde ich wie ein feiger Hund den Schwanz einziehen und davonlaufen. Doch diese Genugtuung wollte ich ihm nicht bieten. Stattdessen beschloss ich zu kämpfen und mich ihm zu stellen. Sollte er ruhig etwas versuchen. Ich würde kämpfen und mich wehren, wie ein mutiger Krieg. Ich war keine Jungfrau in Nöten oder eine hilflose Prinzessin. Ich war eine Kämpferin. Eine Amazonas, die wusste, wie man sich wehren konnte. Ich würde NICHT kampflos aufgeben!
Zumindest redete ich mir das zu diesem Zeitpunkt noch ein...

Mit strengem Blick und hochgezogener Nase, begab ich mich in das Schulgebäude, nur um dort direkt von Joshua und seiner Bande mit einem breiten Grinsen im Gesicht begrüßt zu werden. Ich schloss die Augen und stolzierte einfach an ihnen vorbei, als ob ich sie nicht gesehen hätte. Allerdings schien das Josh nicht zu gefallen, da er mich sofort an meinem Arm ergriff und gegen die nächstbesten Spinde schleuderte, bevor er mich gegen diese presste. Plötzlich war meine gesamte Kampfeskraft verschwunden und ich kam mir wie ein Zwerg vor, was daran liegen konnte, dass Joshua um einiges größer war als ich. Schluckend blickte ich zu ihm hoch in ein sein Gesicht. Ein dreckiges Grinsen ging von der linken Wange bis zur Rechten, als ob er ein kleines Kind wäre, welches sich über sein neues Spielzeug freute. Widerlich. Doch daran ändern konnte ich nichts. Anscheinend hatte er mich vom ersten Moment an, als sein Eigentum betrachtet. Bereuen tat ich nichts. Ich hätte Stan und Ford immer wieder aufs Neue geholfen, selbst mit dem Wissen, dass die Jungs, die die Beiden geärgert hatten, es danach wahrscheinlich auch auf mich absehen würden. Es wäre mir egal. Auch wenn ich wünschte nicht in dieser Situation gerade zu sein. Ich wollte hier so schnell wie möglich weg. Doch heute musste ich mir alleine helfen.

"Na, Süße? Schein so, als seien deine kleinen Milchbubis heute nicht da. Sind sie krank oder haben sie dich einfach im Stich gelassen, hm?", erkundigte sich Joshua frech bei mir, während er spöttisch über die Zwillinge redete, woraufhin seine "Freunde" hysterisch zu lachen begannen. Kindisch, anders konnte ich dieses Verhalten nicht bezeichnen. Sie verhielten sich alle wie kleine Kinder, die ihre Minderwertigkeitskomplexe und die unzureichende Zuneigung irgendwie durch das Ärgern Schwächerer kompensieren mussten. Wie mich solch ein Verhalten anwiderte. Doch wagte ich mich nicht diese Ansicht Joshua und den Anderen mitzuteilen. Ich befürchtete, dass er sonst vollkommen durchdrehen würde. Darauf hatte ich ehrlich gesagt keine Lust. Deshalb wandte ich meine blauen Augen lediglich zur Seite und versuchte somit blickkontakt zu vermeiden. Allerdings schien auch das Joshua bereits zu stören. Konnte man es diesem Jungen überhaupt nicht Recht machen?
Mit einem schallenden Knall, platzierte er seine flache, blasse, - im Vergleich zu meinem Gesicht - riesige Hand neben meinem Gesicht auf dem Spind mit der Nummer 133, Stanfords Spind. Sofort folgte ich dieser und starrte den blauen Schrank an, woraufhin ich an Ford und Stan denken musste. Ob es ihnen gut ging? Am besten würde ich sie nach der Schule besuchen gehen, damit sie den Stoff von heute hätten und wüssten, welche Hausaufgaben wir aufhatten. Stan würde sich aufregen undmeinen, dass das unnötig wäre, doch zumindest Stanford würde sich freuen. Außerdem fand ich es lustig, Stan wütend zu sehen. Durch diese Vorstellung in meinem Kopf, begann ich sofort zu schmunzeln, woraufhin Joshua zu knurren begann und mein Gesicht zwischen seine langen Finger klemmte, um dieses in seine Richtung zu ziehen, sodass ich ihn ansehen musste.

"Hör auf mich zu ignorieren!", schrie er mich genervt an, bevor er mir einen eiskalten blick zuwarf, welcher mein Blut in den Adern gefrieren ließ. Schluckend starrte ich in seine stechenden Augen, welche mich ansahen, als ob ich das Letzte wäre. Kurz darauf begann er düster zu grinsen, seine Augen dabei nicht von mir nehmend.
"Es wird mir ein Vergnügen sein, dich heute, nach der Probe, für diese Frechheit zu bestrafen", äußerte er sogleich kalt, als auch mit einem leichten Hauch Erotik in der Stimme. Schluckend presste ich meinen zarten Rücken immer mehr in die Spinde hinter mir, wodurch ich befürchtete diese zu zerbrechen oder einzuquetschen. Stattdessen begann mein Rücken zu schmerzen. Immer tiefer bohrten sich die harten, metallischen Schlösser dieser blauen Hölle hinter mir in meinen Rücken, sodass die Knochen zu schmerzen begannen, als ob jemand mit einem Schläger aus Eisen immer wieder darauf einprügeln würde.
Der anfänglich wütende Gesichtsausdruck von Joshua verwandelte sich langsam in ein breites Grinsen. Ich machte genau das, was er wollte und es gefiel ihm. Wie ich mich zurückzog. Wie ein verängstigtes Hündchen zog ich den Schwanz ein und verkroch mich in der nächstbesten Ecke, um dort Schutz zu finden, doch bekam ich sie nicht. Es gab keinen Ort, der mich jetzt noch retten könnte. Ich musste mir etwas einfallen lassen und zwar schnell. Ich hatte Angst. Er merkte es. Er GENOSS es.

Schluckend versuchte ich darüber nachzudenken, was meine Mutter mir diesen Morgen erzählt hatte, als sie von irgendwelchen Kerlen angemacht wurde, die eindeutig aufdringlicher waren, als sie sollten. Doch wollte mir die Lösung, um von solchen Männern wegzukommen, so spontan nicht einfallen. Somit versuchte ich ihn zu ignorieren und mich an ihm vorbei zu quetschen, doch blockierten seine Arme mir den Weg. Seinen starren Blicken wich ich aus, auch wenn ich sie immer noch auf meinem Körper spüren konnte. Ich vermerkte, wie ich hektischer wurde, da mich meine Nervosität zu übermannen schien. Immer zügiger und stärker versuchte ich die Arme neben mir wegzuschieben, doch nichts rührte sich, stattdessen presste sich Joshua immer enger an mich, während seine Kumpels sich neben ihn gesellten und mir dadurch erst recht meine Fluchtmöglichkeiten nahmen. Tränen quollen in meine Augen. Ich wollte nur noch hier weg. Schutz suchte ich nun in meinen Armen, welcher ich langsam um mich legte. Warum ließ er mich nicht endlich in Ruhe? Dann sollte er mich küssen oder sonst etwas machen, doch nicht mich einfach hier festhalten und still und leise zugucken, wie ich langsam innerlich zerbrach. Wahrscheinlich genoss er es mich leiden zu sehen. Wahrscheinlich fühlte er sich dadurch mächtig. Ich musste ihm irgendwie zeigen, dass er es nicht war.

Genau in dem Moment fiel es mir wieder ein. Sofort blickte ich Joshua ernst und zugleich erbost an, das Feuer in meinen Augen nicht mehr zu stoppen.
"Weißt du, was meine Mutter meinte, was man mit Kerlen wie dir macht?", fragte ich ihn, während ich dabei war, endlich meine anfängliche Stärke zurück zu gewinnen. Ich ließ mich nicht unterdrücken. Ich war stark! Ich durfte nicht klein beigeben. Das hatten mir meine Mutter und mein Vater beigebracht. Und selbst wenn meine Freunde körperlich nicht bei mir sein konnten, so warensie es geistig und gaben mir Kraft. Zumindest hatte ich das in manchen Büchern gelesen, dass das geschehen konnte. Allerdings waren diese nicht echt und das hier war die harte Realität. Schnell schüttelte ich innerlich den Kopf. Ich durfte nicht erneut nachgeben. Ich musste stark bleiben.
Deshalb begann ich breit zu grinsen, die Arme vor der Brust zu verschränken und mich an Joshuas verwirrten Blick zu ergötzen, welcher mich fragend von oben bis unten begutachtete. Langsam schien der Gruppe wieder bewusst zu werden, was ich bereits mit ihnen angestellt hatte. Sofort schritt der Junge, dem ich damals die Nase gebrochen hatte, einen Schritt zurück, bevor er schluckend gegen einen Spind knallte. Kaum zeigte man Selbstbewusstsein, verwandelten sich die angeblichen Könige der Schule in die kleinen Weicheier und Babys, die sie immer noch waren. Es war eine Genugtuung und ich nutze den Moment der Verwirrung, um zu sagen "Wenn einer nervt, einfach einen gezielten Tritt in die Weichteile verpassen!", während ich Josh mein Knie zwischen seine Beine rammte. Kurz darauf flog mein Ellbogen in sein Gesicht, so dass er sich nicht nur die Weichteile hielt und sich verkrampfte, sondern nun auch noch einen Zahn weniger im Mund besaß.
So schnell ich konnte nahm ich meine Beine in die Hand und begann die Flucht zu ergreifen. Ein Knurren war hinter mir zu vernehmen, doch ignorierte ich es und stürzte mich in die Klasse, wo ich mich unter meiner Regenjacke - die ich vorsichtshalber mitgenommen hatte - verkroch und hoffte, dass mich niemand sehen oder bemerken würde. Ich wollte nur noch alleine sein. Ich wollte nach Hause. Doch würden sie mich sicherlich am Tor abfangen. Es gab kein Entkommen!

"Alice?"

"KYAH!", kreischte ich laut, als ich auf einmal eine kleine Hand auf meiner Schulter ruhen spürte und meinen Namen sagen hörte. Alle in der Klasse hatte ich aufgeschreckt, doch ignorierten sie es schnell wieder, als sie zu bemerken schienen, dass ich nicht gerade von einem Serienmörder abgeschlachtet wurde, auch wenn es so geklungen hatte. Langsam blickte ich zu der Übeltäterin, dessen Stimme ich anfangs gar nicht erkannt hatte, da wir bisher noch nichts Wirkliches miteinander zu tun gehabt hatten. Doch ihr Aussehen erkannte ich sofort.

"Charlie?", äußerte ich fragend, während ich sie überrascht von oben bis unten begutachtete. Wir hatten noch nie wirklich ein Wort miteinander gewechselt, außer vielleicht das höfliche "Morgen" oder "Hallo" jeden Morgen, doch mehr war da nicht gewesen. Wieso sprach sie mich auf einmal an? Besorgt sah sie mich mit ihren riesigen Smaragdgrünen Augen an, während ihre schmalen Lippen in zartem Rosa ein sanftes Lächeln formten, wodurch ihre hoch liegenden Wangenknochen sich sachte erhoben und ihre Augen ein wenig verengten. Die langen Wimpern schienen diese noch kleiner zu machen, selbst wenn sie ihre Augen lediglich leicht schloss. Ihre braunen, gezupften Augenbrauen zogen sich zusammen, wodurch ihre Besorgnis unterstrichen wurde. Ihr wildes Pony lag kreuz und quer im Gesicht, was ihre freche und Jungenhafte Natur gut zum Vorschein brachte. Der Rest ihrer Haselnussbraunen Haare war ebenfalls zerzaust und schmiegte sich lediglich leicht an ihren Hals und Nacken, während der Rest frei in der Luft zu schweben schien. Sie sah fast so aus, als sei sie gerade aus dem Bett gekommen. Doch passte es gut zu ihrem relativ kantigem Gesicht, da dir Kanten von vereinzelten Strähnen verdeckt wurden.
Kurz wanderten meine Augen ihrem Körper entlang und betrachteten diesen genau. Wenn man sie vom weiten sah, glaubte man einen Jungen vor sich zu haben. Für ein Mädchen war sie relativ groß gewachsen, obwohl sie die Pubertät noch nicht erreicht zu haben schien. Ihre Kurven wurden wederangedeutet, noch waren sie ansatzweise definiert. Ihr Körper schrie förmlich, dass sie ein Junge war, obwohl sie auf dem Papier als Mädchen eingestuft wurde. Lediglich ihre relativ hohe Stimme deutete ihre wahre Natur an.

"Hey. Alles in Ordnung? Du bist so blass", fragte sie mich besorgt mit ihrer Stimme, die zu einem kleinen, süßen Mädchen passen würde, woraufhin ich nachdenklich zur Seite blickte, damit sie mein Gesicht nicht sehen konnte. Ich wusste nicht genau, was ich sagen sollte. Ich wollte niemandem mit meinen Sorgen auf die Nerven gehen. Es war bereits schlimm genug für mich, dass ich Stan und Ford damit belastete, doch waren sie meine besten Freunde und ich wusste, dass es ihnen nichts ausmachte. Selbst wenn Stanley manchmal aggressiv reagierte, so war er doch auf meiner Seite und versuchte mich vor jeglichen Gefahren zu beschützen. Doch wie sah es mit Menschen aus, die ich zwar aus der Klasse oder ähnlichem kannte, allerdings nicht direkt als meine Freunde bezeichnen würde? Ich könnte mich ihnen nicht mitteilen. Hinterher würde Charlie lediglich sagen, dass das in meinem Kopf sei und ich mir etwas einbildete, schließlich war es Josh von dem wir redeten. Ein ach so toller Typ... Nein. Ich musste es für mich behalten. Oder zumindest nur Andeutungen machen, dass ich von jemanden belästigt wurde. Wobei sie selbst das gegen mich verwenden könnte. Am besten hielt ich einfach den Mund und tat so, als ob nichts wäre. Vielleicht vermisste ich Stan und Ford. Mehr nicht. Ob sie mir das glauben würde?

"J-ja alles gut. Ich mache mir nur Sorgen um Stan und Ford", entgegnete ich schnell, bevor ich meine Jacke über meinen Stuhl und lächelnd zu Charlie blickte, welche mich skeptisch beäugte. Sie kaufte mir das anscheinend nicht ab, doch merkte sie, dass ich nicht weiter darauf eingehen wollte, weshalb sie ausseufzte und schnell aufgab.

"Na gut, wenn du meinst. Aber stimmt. Die Beiden sind die. Bestimmt kommen sie später noch, hm? Sie lassen dich doch nicht einfach alleine. Es geht ihnen gut. Ok?", meinte Charlie weiterhin lächelnd und legte erneut ihre zarte Hand auf meine Schulter, bevor sie diese zuversichtlich streichelte.

Hach.... Hoffentlich... Ich weiß sonst nicht wie ich den Tag überstehe.  


(Nachwort: OMG! GRAVITY FALLS WIRD FORTGESETZT UND DAS ALS COMIC NOVEL! WISST IHR WIE HAPPY ICH BIN?! GEHT ES EUCH AUCH SO?! KYAAAAAAAAAAAH! Ich habe SO geschrien heute, als ich das erfuhr. OMG!!!!)

We were both young, when I first saw youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt