Jiqes

114 17 33
                                    


Jiqes

«Pfeile einlegen!»

Hunderte Dhauen glitten über die vom Sonnenaufgang scharlachrot gefärbten Wellen der Meerenge zwischen Iyora und Thale.

«Pfeile anzünden!»
Unzählige Lichter erstrahlten auf den alten, sich majestätisch über dem Ozean türmenden Mauern der Hafenstadt von Odas.

Zahllose Kriegsschiffe spalteten den dünnen, fein über dem Gewässer schwebenden, sich aus Milliarden winziger Wassertröpfchen zusammensetzenden Schleier.

«Spannen!»
Dutzende und aberdutzende Bogensehnen gaben der Kraft ihrer Schützen nach und vibrierten empört.

Das Klirren etlicher Sichel erfüllte den nebeligen Luftraum um die Flotte. Daraufhin Stille. 

«Feuer!»

Der Himmel entflammte. Ein sirrendes Inferno entzündete den Äther und tünchte ihn rot und orange wie die Glut. Feurige Wolken durchbohrten den Dunst und fielen auf die hölzerne Seemacht hinab, zerschnitten ihre Segel und ließen auf ihr hungrige Biester frei, die bereit waren, alles sich ihnen in den Weg stellende zu verzehren. Sie nagten sich durch Buge und Hecke, Rümpfe und Decks, Masten und Tücher, Rüstungen und Häute. Tod und Schreie durchdrangen den blutigen Morgen.

Doch für jedes zerstörte Schiff spuckte der Nebel zehn neue aus, jedes sich auf die Anlegestellen des Hafens zubewegend, keines von ihnen von der von oben kommenden Gefahr beängstigt oder beunruhigt.
Die Kähne trieben weiterhin in Scharen voran, ohne Halt. Und erreichten den Port von Iyora.

Die Jiqes waren auf Odas gelandet.

______________________

Die Sonne war wieder aus ihrem erstaunlich kurzen Urlaub zurückgekehrt und hatte nun anscheinend das Bedürfnis, ihre Abwesenheit vom Vortag mit fast schon gemeiner Hitze zu kompensieren. Das zuvor noch von der kalten und verregneten Nacht bibbernde Laub sehnte sich innert Minuten wieder nach einem Wolkenbruch und die Grashalme spürten auf einmal den seltsamen Drang, sich mit Sonnencreme einzuschmieren, verwarfen diese Idee jedoch wieder, als sie bemerkten, dass weder sie, noch jemand anders auf der Welt jemals von etwas derartigem gehört hatte.

Árón rümpfte entrüstet die Nase. Eigentlich hatte er nur etwas seine durchweichten Schuhe an der Wärme trocknen lassen wollen, doch nun wurde er von einem hinterhältig schmunzelnden, aus seinen Stiefeln kommenden Gestank attackiert. Mit seiner Handfläche wehrte er ihn ab und schaute in die Ferne.
Er hatte den Braewald und alle seine hitzigen Bewohner hinter sich gelassen. Vor ihm erstreckten sich endlose, grüne Felder bis zum Horizont. Es lagen nur noch einige Stunden Fußmarsch zwischen ihm und seiner Überfahrt nach Juleanos, nach der er zunächst in einer Siedlung namens Thale ankommen würde.

Er hatte viel vom gigantischen Kontinent gehört. Von den nordischen Bogrish, den Aemonai im Osten, die wie er Magie praktizierten, von der grössten, im Zentrum des Kontinents liegenden Provinz, Kinrad, und von den besorgniserregenden Jiqes, die sich jenseits einer Gebirgskette in der südlichen gelegenen Wüste, die man den Spielplatz des Teufels nannte, verschanzt hatten und Handel mit allen anderen Provinzen strikt ablehnten.

Árón setzte sich auf einem Baumstamm, was die darin hausenden Ameisen hysterisch kreischen und sofort den Erdbebenalarm schlagen ließ.

Auf der anderen Seite würde er vermutlich sein Glück als Söldner in der Armee von Kinrad versuchen, was für ihn nicht allzu gefährlich, nein, eher ein Kinderspiel sein sollte, da er wahrscheinlich, neben den Aemonai, die sich entschieden aus jeglichen Konflikten heraushielten, das einzige Individuum war, das die Kunst der Magie beherrschte.

Árón richtete sich auf, sehr zur Verärgerung einer mutigen Ameise, die gerade aus dem Baumstamm gekrochen war, um den wahren Verursacher des Bebens zu bekämpfen. 
Der Wanderer schlüpfte in seine miffigen Stiefel, packte seine Sachen, machte sich auf den letzten Weg und bekam noch eine ernst gemeinte Beleidigung einer gewissen Ameise hinterhergeworfen.

Sein Kurs führte ihn vorbei an ziemlich molligen Hügeln, friedlich plätschernden Bächen und einigen verschwörerisch miteinander zwitschernden, auf Näherungsversuche hin direkt die Flucht ergreifenden Vögeln.
Ab und an starrte ihn ein schockiertes Paar Augen aus dem hohen Gras an, nur, um dann zu verschwinden und mithilfe eines betroffen klingenden Warnschreis andere vor der kommenden Gefahr zu mahnen. Einige anscheinend beinahe verhungernde Mücken versammelten sich um den Reisenden und sprachen ein gemeinschaftliches Gebet vor dem Festmahl. Dennoch ließ die Natur Árón all die Probleme, die er hatte, obwohl diese zugestandenermaßen relativ selbstverschuldet waren, für einige Stunden vergessen. Zum ersten Mal seit Jahren fühlte er sich wirklich frei von allen, die ihm an den Kragen wollten oder ihn am liebsten hinter Gitter sähen, auch wenn er noch immer nicht den Gedanken loswurde, dass diese Vögel etwas im Schilde führten. 

Zufrieden bezwang er auch noch den letzten zwischen ihm und Iyora stehenden Buckel und fand sich urplötzlich seines Atems beraubt. Die einige Kilometer vor ihm aus dem Boden ragende Stadt hatte ihn genommen und wollte ihn für einige Sekunden nicht wieder zurückgeben.

Iyora stand komplett in Flammen. Rauch tränkte den Himmel in schwarz und aschgrau und erstickte jegliche Sonnenstrahlen, die es wagten, sich ihm zu nähern. Plärrend fliehende Menschenmengen fluteten die Felder vor den Stadttoren, immer mehr von ihnen von Pfeilen getroffen und Sicheln niedergemetzelt, den Feldern eine neue, dunklere Farbe verleihend.
Eine neue Flagge wurde über der Burg gehisst. Es war das Banner der Jiqes.

Die Jiqes waren auf Odas gelandet. 

______________________

Sorry if there are any mistakes left in this, it's 4 AM in the morning and I may or may not still be drunk. Anyway, going to sleep now, hope you like this.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 04, 2018 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

RogueWo Geschichten leben. Entdecke jetzt