1 Strand

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Ich war auf einer Insel der Marquesas, als der ganze Mist los ging. Der Tag der Apokalypse hatte sich auf ewig in mein Gedächtnis gebrannt. Ich war den ganzen Tag am Strand gelegen und wenn nicht, im klaren Wasser geschwommen und getaucht. Die Spannungen zwischen den USA und Nordkorea waren weit weg. Ich hatte sie bewusst ausgeblendet, weil mich der ganze Scheiß angeödet hatte. Genaugenommen war ich deshalb auf den Marquesas. Nicht nur wegen den beiden Heißspornen, die sich gegenseitig in ihrer Rhetorik hochschaukelten, sondern wegen dem kompletten Murks, der sich gegenwärtiges Erdendasein nannte. An jeder Ecke und jedem Ende der Welt haperte es, die Menschen hatten nichts Besseres im Sinn, als sich gegenseitig an die Gurgeln zu gehen, und wenn nicht sie, dann Mutter Natur selbst, wobei sie auch nur deshalb so heftig zuschlug, weil der Mensch sich viel zu heftig und schädllich in ihre Belange eingemischt hatte.

Kurz: Es war ein komplettes Desaster. Also, alles. So empfand ich es. Hätte es die Möglichkeit gegeben, ich hätte mich zu einem Flug ohne Rückkehr auf den Mars angemeldet.

Das aber war nie zur Debatte gestanden, trotz aller Visionen. Ob es jemals menschliches Leben auf dem Mars geben würde, stand noch in den Sternen. Selbst wenn es eines Tages möglich sein würde, war ich sicherlich zu alt dann.

Nein, ein abgeschiedener Ort musste es richten. Und der Aufenthalt auf den Inseln half immens.

Alles Bittere floss ab, ich fühlte mich nach drei Tagen pudelwohl, gerade auch, weil ich keine Nachrichten konsumierte. Sollte alles Negative sonst wo bleiben, in der Abgeschiedenheit der Inselparadiese hatte es nichts verloren.  Fast schien es, als sei ich da doch auf einem anderen Planeten, so weit weg schien der allgemeine Wahnsinn.

Aber dann eskalierte die Weltlage und die Hölle drang in das Paradies vor. Das Abendrot, das einen wunderschönen Tag krönen sollte, hatte eine seltsame, sehr intensive Farbe. Das wusste ich noch, als ich in einer Nacht erwachte, die so still war, dass ich zuerst annahm, dass ich tot sei.

Schmerzende Glieder überzeugten mich, dass ich am Leben war. Natürlich wusste ich nicht, was Sache war. Dafür brauchte ich vier Tage. In vier langen Tagen kittete ich alle Informationen zusammen, die mich ins richtige Bild setzten.

Das gelang nur, weil ich Sie traf. Sonst wäre ich eines Tages ahnungslos auf den Marquesas gestorben. Denn der Rest der Inseleinwohnerschaft und auch der Touristen war nicht mehr. Sie lagen dahingerafft in ihren Hütten, auf den Straßen, an den Stränden, im Meer...

Der Wahnsinn war Realtität geworden.

(c) 2017 Peter Albra Brenner

Atomic BabyWhere stories live. Discover now