Es war eine wunderschöne, sternenklare Silvesternacht und ich war mit meiner eigenen, kleinen Familie - meinem Mann Steve und meiner Tochter Clary - mit einer gemieteten Yacht vor die Küsten der Philippinen gefahren, um dort die Nacht zu verbringen. Die kleine Yacht schwankte hin und her auf dem Wasser. Hier fühlte ich mit gut aufgehoben.
Ich öffnete mühevoll meine Augen und guckte auf die Uhr neben meinem Bett. 3:13 Uhr. Clary schrie aus vollem Hals, so wie es Babys halt tun.
"Ich komme, Clairchen", beruhigte ich sie. Ich stand auf und lief zu ihrem Kinderbett. Ein blaues Mobile hing über ihrem Bettchen, dass Steve für Clary auf dem Festland gekauft hatte. Ich nahm sie auf den Arm und wog sie hin und her. Aber sie schrie nurnoch lauter.
"Mein Schatz was ist denn nur mit dir los?", fragte ich mein kleines Baby, aber ich erwartete keine Antwort. Mit Clary auf dem Arm lief ich durch das Zimmer und versuchte sie zu beruhigen. Ich machte ihr ein Fläschen, aber sie wollte auch nicht essen. Sie schrie und heulte nur. Auch als ich ihr einen Schnuller anbot, spuckte sie ihn wieder aus. Ich seufzte und setzte mich mit ihr auf das Bett. Ich kuschelte mich mit Clary auf dem Bett ein und deckte sie mit meiner großen Decke zaghaft zu. Clary beruhigte sich ein kleines wenig. Ihre kleinen Augen waren aber nicht auf mich gerichtet. Sondern auf die andere, leere Bettseite. Leer?
Auf einmal hielt ich den Atem an und lauschte. Ich hörte sie, hörte das plätschernde Geräusch von Wasser. Mein Herz setzte koplett aus, als ich sah, dass mein Ehemann Steve nicht mehr im Bett lag. Plötzlich schlug mein Herz hundertmal schneller als davor. Clary hatte es gespürt. Sie waren hier.
"Steve!", rief ich panisch und rannte aus der Kajüte raus auf das Schiffsdeck. Und da sah ich sie. Drei Nixen mit sehr langen, grünschimmernden Haaren, heller Haut und ganz schwarzen Augen sangen mit hypnotisierenden Stimmen auf Steve ein. Fast riss mich die Melodie auch mit, aber ich konnte mich zurückhalten. Sie sangen auf einer fremden Sprache, die ich noch nie gehört hatte. Aber trotzdem verstand ich, was sie sangen. Sie lockten meinen Mann mit beruhigenden, verführenden Worten zu sich. Steve hatte sich so weit hinausgelehnt, dass er fast einen Kopfstand machte. Nur an dem Gelände fand er noch einigermaßen Halt. Die mittlere Nixe sah Steve tief in die Augen. Sie hatte spitze, weiße Zähne, die beim Singen sichtbar wurden. Mit ihren kleinen, zarten Händen nahm sie Steve's Kopf in ihre Hände. Er sah sie nur an und streckte seine Hände nach ihr aus. Sie hörte auf zu singen und lächelte. Sie schob ihre Hände in seinen Nacken und verschränkte ihre Finger ineinander. Als wäre das das Stichwort für die anderen zwei Nixen gewesen, nahm jede von ihnen einen seiner Armen. Gemeinsam zogen sie ihn langsam ins Wasser, und er wehrte sich nicht.
"Halt!", schrie ich und rannte auf Steve zu. Ich zog an seinen Beinen, aber die Nixen waren stark. Eine der Nixen drehte ihren Kopf blitzschnell in meine Richtung und fauchte mich an. Ihre Zähne schimmerten diamantweiß.
"Verschwinde, Mensch!", zischten die Nixen.
"Lasst meinen Mann in Ruhe, ihre dreckigen Wassergeister.", schrie ich. Ich durfte jetzt keine Schwäche zeigen. Die mittlere Nixe musterte mich aus zusammengekniffenen Augen.
"Der Meeresherrscher Triton lässt herzlich Grüßen, dies ist seine Rache.", verkündete sie und die Nixen brachen in schellendes Gelächter aus. Mit diesen Worten zogen sie Steve, die Liebe meines Lebens, auf den Meeresgrund.
"Nein!", schrie ich und brach zusammen. Ich sah, wie sie seinen Körper in die Tiefen zogen, die letzten Wellen, bis das Meer ganz still wieder dalag. Ich starrte eine Stunde lang nur an die Stelle, an der er untergetaucht war, mit der Hoffnung, dass er noch lebte. Aber ich machte mir nur was vor. Es war zuspät, und ich wusste es.
ich weinte die ganze Nacht durch, hatte Tränenkrämpfe und schrie die endlosen Weiten des Meeres an. Triton würde seine Tochter nie zu Gesicht bekommen, nicht, solange ich es verhindern konnte.