Teil 7: Pastellblut

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(Kleine Warnung: Dieses Kapitel wird ein wenig heftiger als die anderen. Es kommen Mord und Drama vor, wollte es nur gesagt haben)

Ich werde diesen besonderen Tag nie vergessen, von dem Rosanne gesprochen hat. Ihr 18. Geburtstag. Er war der Tag, der alles verändern sollte. Es fällt mir absolut nicht leicht über ihn zu schreiben, aber ihr habt schon so weit gelesen. Ihr verdient es zu erfahren, was an jenem Tag geschah...

Ich lag noch im Bett, als die ersten Sonnenstrahlen meine Wange küssten. Müde stöhnend wälzte ich mich hin und her, bis ich meine Augen verschlafen öffnete.
"M-morgen Rosa...", murmelte ich müde und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Langsam gewöhnte ich mich auch an das Licht und realisierte etwas, was mich zurückschrecken ließ.
Rosa war weg.
Sofort sprang ich aus dem Bett und sah mich um, doch ich sah sie nirgends. 
"ok Rosa, das ist echt nicht lustig, komm raus!!", schrie ich, doch es kam keine Antwort. Das Wolkenparadies war leer. Nur ich war hier. Sonst niemand.
Ich hielt mir den Kopf und versuchte klar zu denken. Langsam zog ich mir ein paar Sachen an, die ich gestern noch mitgebracht hatte:
Ein rosa Shirt mit der krummen Aufschrift "LOVE" sowie eine verwaschene graue Jeans, in die Rosa und ich ein paar Flicken wie Schädel oder Fische daraufgenäht hatten.
Nachdem ich auch mein Halsband angelegt hatte, welches seit dem Einzug ins Waisenhaus mein Lieblingsaccessoire geworden ist, fiel mein Blick auf den Vorhang hinter dem Bett.
Ich dachte mir, dass sie dahinter sei, also zog ich den Vorhang auf.
Der Anblick von dem, was dahinter war, ließ meinen Atem stocken.
Eine pechschwarze Wand. Darauf waren Sätze in weiß geschrieben worden wie "Love destroys you" oder "My ghost loves me and wants me dead."
Mittendrin hing ein Briefumschlag, auf dem "Für Cyan" stand. Ich riss ihn sofort ab, um den Brief darin zu lesen:

Hey Ondy, Sis, Cyan
Es tut mir leid, dass du so von mir hören musst. Ich musste etwas erledigen, was ich schon längst hätte machen sollen. Ich bin dafür in den Hinterhof des Waisenhauses gegangen, wo mich niemand sieht. Ich musste es tun, sonst hätte er dich auch bekommen, Kleines.

Ich schrie, als ich den Brief fertig gelesen hatte. Sofort packte ich meine Sachen und rannte aus dem Wolkenparadies. Ich musste in diesen Hof, und zwar schnell.

Du kennst vielleicht William, der Fette Kerl da im Haus, richtig? Der hat nen totalen Knall und ist in mich verknallt. Du wirst es mir nicht glauben, aber er hatte sogar einen Schrein, wo ein Fetzen meiner Kleidung und meiner Haut drin war. Er wollte mich unter allen Umständen haben.

Ich rannte immer schneller, das Atmen fiel mir immer schwerer, aber ich musste zu ihr. Vielleicht könnte ich sie noch retten.

Vielleicht hatte ich ihm auch falsche Zeichen gesendet, aber anders als bei den anderen traute ich mich nicht, ihn zurückzuweisen. Das Event von vor nicht allzu langer Zeit hat es nicht besser gemacht.

Vor mir sah ich das Waisenhaus! Ich konnte es noch schaffen! Ich würde sie retten! Meine geliebte Rosalily, meine Sirene!!

Weißt du noch die eine Nacht, in der ich sturzbetrunken nach Hause kam? Nun, in dieser Nacht hab ich wegen einer Mutprobe Jonas abgeknutscht, aber wirklich heftig. Es tut mir leid, dass du das auch noch von mir auf diese Weise erfahren musst, ich bin eine wirklich furchtbare Person für eine so perfekte Person wie dich, meine kleine Cyan.
Jedenfalls hat William das ganze gesehen und seitdem verfolgen seine Kumpels und er mich. Ab und zu sehe ich ihn mit einem Messer um die Ecke stehen. Deswegen hab ich mir das Mascaramesser zugelegt. Jetzt hast du es und ich hoffe, du machst was draus.

Ich stürmte durch den leeren Vorhof, der Hinterhof war nicht mehr weit. Nur noch über diese Mauer...

Niemand wird dich mehr bedrohen, Kleine. Genieße dein Leben. Ich liebe dich mehr als alles andere, meine Nixe.

Ich kam an, doch sobald ich wieder klar sehen konnte, brach ich weinend zusammen.

VergissMeinNicht

In Liebe.
Rosa

Da stand das kranke Miststück. Sogar Jonas hatte mich vor ihm gewarnt in jener schlaflosen Nacht. Ich konnte mich nicht mehr kontrollieren und lief langsam auf ihn zu. Er bemerkte mich nicht, denn er sah gierig sabbernd Rosa an, deren schwarz-weiße Klamotten mit roter Tinte befleckt waren, zumindest redete ich mir ein, dass es Tinte war.
Langsam erhob ich das Messer, schubste ihn zu Boden und stach in seinen Bauch. Einmal. Zweimal. Dreimal. Ich hörte irgendwann auf zu zählen.
Da lag er nun, seine Augen weit aufgerissen vor Angst. Doch er atmete nicht mehr und das reichte mir erstmal.

Die Polizei kam schnell. Ich hörte ihre Sirenen, während mein weinender Körper auf Rosa lag. Sie zogen mich hoch und trugen mich zum Polizeiwagen. Das war der letzte Tag, an dem ich Rosa gesehen hatte.


Rosanne Oraclum erlag im Krankenhaus ihren Verletzungen und starb im Alter von 18 Jahren. Ondine Cloudes wurde aufgrund von Notwehr freigesprochen. William Chuck war bereits tot, als die Polizei eintraf. Er starb im Alter von 17 Jahren.

OndineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt