1. Kapitel

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Ich blickte um mich. Leider konnte ich die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Aber so wie ich es gewohnt war, wenn Bill immer die Tür öffnete und ein kleiner Lichtspalt das Zimmer erhellte, lag ich auf einer alten und ranzigen Matratze. Mein rechtes Bein war von einer dicken und langen Eisenkette umschlungen. Die Kette war an der Wand befestigt, so konnte ich nicht weg. Ich trug ein zerfetztes und schmutziges Leintuch. In einer Ecke befand sich ein Klo, das ich nur benutzen konnte, wenn Bill da war. Neben mir lag ein Tablett auf dem der selbe Brei auf einem Teller serviert war, den ich schon seit einer Ewigkeit esse. Dazu hatte Bill ein Glas Wasser hin gestellt.

Ich weiß doch das er es gut mit mir meint, aber ich hab keine Ahnung wie lange ich das noch durch halte. Ich hab seit Monaten kein Tageslicht mehr gesehen.

Ich hörte ein lautes Rumpeln. Bill kam anscheinend die Treppen runter. Ich hörte wie ein Schlüssel ins Loch gesteckt würde. Man merkte, dass die Tür schwer war. Denn Bill schob sie immer mit beiden Händen und voller Kraft. In seinen Händen hielt er eine eingeschaltete Taschenlampte.

"Hallo, Mia. Hast du mich vermisst?", fragte er.

Ich antwortete ihm nicht. Ich sprach nicht mehr mit ihm, seit er mich hier festhielt.

"Du musst mir ja nicht antworten. Ich bin nur hier um zu sehen ob du auch alles aufgegessen hast.", sagte er und blickte auf das noch volle Tablett.

Er kam näher zu mir. "Du hast ja gar nichts gegessen. Iss was!", forderte er mich auf. Ich rührte mich nicht. "Iss, oder ich muss dich wieder schlagen!"

Er drohte mir immer mit Prügeln und schlug mich auch. Dabei fiel mein Arm auf die ganzen blauen Flecken auf meinem Arm und meinem Bein, die vom blauen Taschenlampenlicht angeleuchtet wurden.

Bill holte mit seiner Hand aus und schlug mir ins Gesicht. Es brannte fürchterlich. Aber inzwischen war ich es gewöhnt. "Du wolltest ja nicht hören.", meinte er, als er sah das ich zu weinen began.

Er schlug noch ein paar mal ein. Diesmal auf meine Arme und Beine. Es tat höllisch weh. Wieso konnte er mich nicht gehen lassen? "So, jetzt wird's Zeit für deine Dusche.", meinte er.

Kurz ging er raus und kam mit einem Eimer, voll mit Wasser zurück. Dazu hatte er noch Seife, einem Schwamm und einem Handtuch mitgenommen. Er stellte alles vor mir ab und streifte Langsam mein Leintuch ab. "Komm, runter von der Matratze! Oder du schläfst heut' Nacht im Nassen.", befahl er.

Ich bewegte mich nicht. "Du willst wohl das ich dir wehtuhe, oder?" Er zog mich am Arm von der Matratze weg. So weit bis sich die Kette ganz spannte. Das tat weh.

Er nahm den Schwamm und das Wasser, saugte ihn damit auf und drückte ihn leicht gegen meinen Körper. Er rieb mich dann mit Seife sorgfältig ein. Wieder tupfte er mit dem Schwamm auf meinem Körper herum. So lange bis ich wieder sauber war. Dann nahm er das Handtuch und trocknete mich ab. Er gab mir wieder das Leintuch und meinte dann noch "Du solltest was Essen. Wär' besser für dich." Ich legte mich ohne ein Wort wieder auf die Matratze. Es war wirklich kalt im Keller. Als ich mir mein Leintuch wieder anzog, kam Bill zu mir und küsste mich. Ohne den Kuss zu erwidern, lag ich da und ließ es über mich ergehen.

Bill stand auf und ging zur Tür. "Okay, ich muss jetzt gehen, ich komm später nochmal.", sagte er und ging hinaus. Er schloss die Tür und dann hörte ich nichts mehr. Nur noch das Piepsen der Mäuse und Ratten, die in den Ecken nach Essen suchten.

Ich spürte manchmal immer noch meine langen Haare, bevor Bill sie mir abschnitt. Er meinte, dass er kürzere Haare bevorzugte. Obwohl ich meine Haare so mochte wie ich sie vorher waren, interessierte sich Bill für meine Meinung überhaupt nicht.

Wenn ich mich im widersetzte, schlug er mich. Ich hoffe, ich sterbe bald, damit ich das nicht mehr ertragen muss. Aber bald werde ich sowieso ins Gras beißen, da ich unter so schrecklichen Umständen lebe.

Vorher war alles besser. Ich hatte ein kleines Haus in der Innenstadt. Die Miete konnte ich, als ich Bill kennenlernte, mit ihm teilen. Wir waren so glücklich miteinander. Das Haus war zwar klein, aber es war unser eigenes Reich. Unser Reich, das wir uns so eingerichtet haben. Ich hatte auch einen Job. Einen Job als Journalistin. Beziehungsweise hab ich eine Ausbildung gemacht. Nebenbei hab ich in einem Café gekellnert. Die Bezahlung war eigentlich gut. Es reichte auf jeden Fall um die Hälfte der Miete zu bezahlen.

Doch das änderte sich alles. Die Gefühle für ihn verschwanden plötzlich. Als ich es ihm gebeichtet hatte, dass ich ihn nicht mehr liebe, zuckte er aus. So fing die ganze Geschichte an. Er sperrte mich in diesen mickrigen und kalten Keller, gab mir wenig zu Essen und die Lebensumstände waren katastrophal.

Tja, und da bin ich jetzt. Ohne Job und Heim, gefangen von Bill und ganz allein. Ich sterbe hier bestimmt noch. Und ich hätte niemals die Chance jemals Kinder zukriegen, oder zu Heiraten. Ich träumte immer von meinem Traumprinzen, meiner großen Liebe und meiner Traumhochzeit.

Ich wurde müde und versuchte mich so bequem wie möglich auf die Matratze zulegen. Ich starrte an die Decke, die ganz dunkel war. Meine Gedanken schweiften wieder zu Bill. Werde ich es je hier raus schaffen?

~pausiert~ Gefangen in der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt