1. Kapitel

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Hey, mein Name ist Amy und ich bin 25 Jahre alt. Ich wohne in Berlin und bin bei einer Pflegefamilie aufgewachsen. Meine leiblichen Eltern hatten einen Autounfall als ich gerade ein paar Monate alt war. Beide waren auf der Stelle tot. Nur ich und mein Bruder, der damals 8 Jahre alt war, haben überlebt. Allerdings sind wir nicht in die gleiche Pflegefamilie gekommen, weil mein Bruder, so haben es mir zumindest meine Pflegeeltern erzählt, ziemlich schwierig gewesen sein soll. Ihn kenne ich nicht, weil er oder ich niemals versucht hatten, Kontakt zu einander aufzubauen. Aber ich komme auch ziemlich gut ohne ihn zurecht, das alles habe ich nur meinen Pflegeeltern zu verdanken, sie haben mir nie das Gefühl gegeben, das irgendetwas fehlt, immerhin kann ich mich auch gar nicht an meinen Bruder erinnern und er denkt vermutlich auch nicht mehr an mich.
Ich bin auf dem Weg zur Uni mit meiner besten Freundin Luna. Sie ist 22 und studiert auch Wirtschaftsrecht. Ich habe erst etwas später angefangen zu studieren um mir das nötige Geld dafür zu verdienen. Ich wohnte in einer WG mit zwei anderen Mädchen, allerdings kam ich nicht sehr gut mit ihnen klar, weshalb ich oft bei Luna war.
L: Hast du Lust nach der Uni noch etwas essen zu gehen?
A: Ja klar, gerne. Ich hab eh kein Bedürfnis heute sofort zu mir zu gehen, Lisa's Freund ist heute da und er ist noch schlimmer als sie..
L: Wenn du es dort so schlimm findest, warum ziehst du nicht endlich weg?
A: Wohin denn? Ich habe nicht genug Geld um mir etwas anderes zu suchen..
L: Wie wäre es wenn du bei mir einziehst?
A: Ist zwar lieb gemeint, aber du hast doch so schon kaum Platz..
Sie lachte kurz. Sooft hatten wir diese Diskussion schon geführt und immer mit dem selben Ergebnis..
L: Komm lass uns rein gehen..
Die Uni verging wie im Flug, was auch gut war, denn ich war seehr hungrig.
L: Hast du Lust zu unserer Pizzeria zugehen?
A: Da fragst du noch?
Lachte ich. Dort saßen wir mindestens einmal in der Woche. Gut gelaunt und mit Büchern unter unseren Armen gingen wir los. Auf dem Weg machten wir viele Späße. Als wir um eine Ecke bogen knallte ich mit einem Mann zusammen. Er sagte lediglich sorry und ging weiter. Ich beachtete ihn nicht weiter, weil ich mich schämte und weil ich etwas wütend war. Gibt es wirklich keinen Mann mehr, der einer Frau ihre Bücher aufhebt?
L: Sag mal, kanntest du den?
Ich richtete mich langsam wieder auf.
A: Den? Nein. Wieso?
L: Er hat dich so komisch angeguckt, fast so als würdet uhr euch kennen, von früher..
A: Nein glaub mir, meine Bekannten sind alle Höflicher als der da.
Ich machte eine Kopfbewegung in die Richtung, in die er verschwand.

[Sichtwechsel: Vincent]

Dieses Mädchen kam mir irgendwie bekannt vor.. Hätte ich es nicht so eilig um ins Studio zukommen, könnte ich besser nachdenken, aber Dag wartete schon..
D: Diggi, wo bleibstn?
V: Ich bin ja jetzt da, hättest du nicht deinen Schlüssel vergessen, wärste jetzt schon lange drin.
Lachte ich und boxte ihn an den Arm. Wir trafen uns fast täglich im Studio um irgendwelche neue Lieder zumachen, auch wenn wir unser Album erst rausgebracht hatten. Wir haben einfach Spaß dran Musik zumachen. Dag spielt gerade ein Gitarrensolo, irgendwie erinnert mich das an die zufällige Begegnung heute Mittag. Dieses Mädchen. Irgend woher kannte ich sie, aber ich komm einfach nicht drauf woher..
D: Man Vince, wasn los?
Dag hörte auf zuspielen und zündete sich eine neue Zigarette an.
V: Nichts, nichts..
D: Alter, du hast deinen Einsatz verpasst.
Lachte er jetzt.
V: Du hast doch gerade erst dein Solo angefangen.
D: Ja, aber ich spiele doch kein Solo, das ne Minute lang geht.
Lachte er wieder.
D: Also was ist los?
V: Keine Ahnung, ich bin heute mit nem Mädchen zusammengestoßen und das kam mir einfach so bekannt vor, ich war so perplex das ich nichtmal ihre Bücher wieder aufheben konnte..
D: Vielleicht hattest du mal was mit ihr..
V: Man Dag, so war es nicht, ich erkannte nur ein paar Gesichtszüge wieder, an meine Ex Freundinnen erinnere ich mich noch, im Gegensatz zu dir!
D: Was solln das heißen? So viele waren es jetzt auch wieder nicht.
Wieder lachten wir beide. Der restliche Tag im Studio verlief so weiter, wir machten Musik, wir lachten und Dag rauchte. Aber das Mädchen ging mir nicht aus dem Kopf.
D: Wenn nicht lass mal wieder zu der Ecke gehen, wo ihr zwei zusammengestoßen seid, vielleicht wohnt sie ja da in der Nähe.
Also machten wir uns auf den Weg, aber wir fanden sie nicht..

[Sichtwechsel: Amy]

Das Essen mit Luna verlief ohne weiteren Zwischenfall. Als wir uns verabschiedeten und ich wieder um diese Ecke ging, war ich vorsichtiger. Am Abend lag ich auf meinem Bett und hörte auf Spotify die Charts. Es war nicht viel neues dabei und die neuen Lieder waren auch nicht so besonders. Als ich einschlief, träumte ich das erste mal seit langem wieder von meinem Bruder, naja ich träumte davon, wie er heute wohl aussehen würde..

Vincent Steins SchwesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt