Kapitel 2

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Gerade noch stocherte ich in meinem Kuchenstück herum, als im nächsten Moment mein Handy klingelte. Als ich auf den Display sah, erschien die Nummer meiner besten Freundin, Anna. Ich schnappte mir das Handy und ließ meinen Kuchen, sowie meine Familie hinter mir. Ebenso ließ ich das Café, wo wir nun alle versammelt waren nach der Beerdigung hinter mir und ging zu seinem See in der Nähe. Das Café lag am Rand der Stadt und am Rande des Waldes.
Am See angekommen ließ sich mich auf den Boden nieder und lehnte mich an einen Baumstamm an. Meine beste Freundin hatte bereits wieder aufgelegt. Kurz atmete ich tief durch, doch bevor ich sie zurück rufen konnte, erschien wieder ihr Name auf dem Display und dazu ein roter und grüner Hörer. Ich zögerte für einen Moment und ging ran.
Bereits seit einigen Tagen versuchte sie mich zu erreichen. Seit dem Tag an dem mein Großvater starb, hatte ich sie gemieden.
Ja, es war nicht fair von mir. Aber was sollte ich anderes tun? Ich wollte keine bescheuerte Rede, davon wie sehr es ihr doch leid täte. Von niemanden wollte ich das hören!
"Hey...", murmelte ich leise und sah schuldig auf den Boden.
"Na endlich gehst du dran!", rief sie erleichtert. "Alles gut bei dir?", wollte sie wissen.
Ich schwieg für eine Weile. "Mehr oder weniger", erwiderte ich endlich. Ich wollte nicht sagen, wie es mir wirklich ging. Dann käme nur Mitleidstouren und man würde mich wie ein rohes Ei behandeln, welches ich nicht Abhaben konnte.
"Also ... Ich wollte dich eigentlich nur Fragen, ob du Bock hast nachher mit zu Chris und Jordy zu kommen", erklärte Anna dann ihren Anruf. Ich schwieg. "Eigentlich will ich, wenn ich daheim bin, nur noch im Bett liegen und nichts machen", gestand ich. Dann war sie diejenige, die nun schwieg. "Ach komm schon Roxy! Das wird lustig", versuchte meine beste Freundin mich zu überreden. Ich seufzte. Mittlerweile kannte Anna ich gut genug, um zu wissen, dass sie erst aufhören würde zu betteln und versuchen mich zu überreden, bis ich nachgab. Ein leiser Seufzer entfloh meinen Lippen. "Fein", gab ich dann doch murrend nach.
"Klasse... dann sehen wir uns um 19 Uhr am Hauptbahnhof", rief Anna aufgeregt. Dann legte sie auf und auch mein Handy fand seinen Weg in meine Hosentasche.
Langsam aber sicher, machte ich mich einige Minuten später wieder auf den Weg zum Café. Wie ich feststellen musste, hatten sich die ein oder anderen bereits verabschiedet. Das ich dies verpasst hatte, bedauerte ich nicht wirklich, da ich nicht sonderlich gut in sowas war und es für mich meist ziemlich unangenehm wurde.
Ich ließ mich wieder auf meinen Platz bei meinen Geschwistern nieder, und bekam mit, wie Isa gerade von Geschehnissen aus der Schule erzählte.

Einige Zeit später fand ich mich im Auto wieder und die Versammlung von Bekannten und Verwandten zur Beerdigung meines Großvater hatte offiziell ein Ende gefunden.
Nun fuhr Dad uns nach Hause. Im Gegensatz zu heut Vormittag, war es nun mucksmäuschenstill im Auto. Da mein Bruder bereits 20 Jahre alt war und studierte, lebte er in einer WG in der Nähe und hatte sein eigenes Auto und war damit zur Beerdigung gekommen.
Ich sprang aus dem Auto, als es vor der Haustür zum stehen kam und war ziemlich schnell nach oben, in die Wohnung, verschwunden.
Ich hatte noch knapp ein bis zwei Stunden, bis ich mich mit Anna treffen würde.
Hastig kramte ich mir eine Hotpans und ein Tshirt aus dem Schrank, mit dem Logo von Linkin Park drauf, und huschte damit auch schon ins Bad. Dort zog ich mich um und schminkte mich ein wenig, bevor ich wieder aus dem Bad heraustrat. Ein bisschen Puder hier und da, ein wenig Lidschatten, Eyeliner und Wimperntusche, sowie etwas Lippenstift war alles was ich brauchte.
Als ich auf die Uhr sah, stellte ich fest, dass ich noch etwas mehr als eine Stunde Zeit hatte, bevor ich los musste. Also legte ich mich auf mein Bett und schnappte mir mein Buch aus der Tasche, welche mein ständiger Begleiter für Unterwegs war und fing an zu lesen.
Als ich das nächste Mal aufblickte, war ich schon einige Minuten zu spät. Ich hätte schon längst auf dem Weg zum Bahnhof sein müssen. Also stopfte ich das Buch zurück in die Tasche, hing sie mir um und sobald ich meine Stiefel wieder anhatte, eilte ich los. Dabei rief ich nur ein "bin weg" über meine Schulter und hörte zwar noch die Rufe meiner Eltern, wo ich denn hin wolle, doch war ich bereits die Treppe runter gelaufen.
Wenn sie das wüssten, würden sie mich erst recht nicht gehen lassen.

Als ich endlich am Bahnhof ankam, sah ich schon von weitem Anna. "Hey", murmelte ich außer Atem, als ich bei ihr ankam. "Endlich!", grinste diese und schloss mich in ihre Arme. "Dachte du kommst gar nicht mehr!"
Ich war gerade mal ein paar Minuten zu spät, doch das war Annas Spezialität: übertreiben. Dementsprechend sagte ich dazu nichts. "Das wird super lustig! Du musst wissen, dass Chris und Ben letztens was miteinander hatten und Jordy hatte das rausgefunden und dann war Alina mit Ben noch unterwegs, und dann.....", nach kurzer Zeit schaltete ich schon gedanklich wieder ab.
Anna war in ihrem üblichen plappermodus, und langsam machten wir uns auf den Weg. Während der ganzen Fahrt erzählte Anna von allem, was ich in den letzten Wochen alles verpasst hatte. Die meiste Zeit hatte ich die Schule geschwänzt und mich irgendwo am See oder im Park verzogen. Hin und wieder war ich für einige Stunden im Buchladen und sah mir alle möglichen Bücher an; egal welches Genre.
Eine gefühlte Ewigkeit später hielt Anna in ihrem Plappermodus inne, da wir endlich angekommen waren. Die Haustür stand einen Spalt offen und man hörte laute Musik. Anna schob die Tür einen bisschen mehr auf, und wir traten ein.
Es war ein gedämmtes Licht und hier und da standen kleine Gruppen, welche sich unterhielten. Mal hörte man sie laut lachen, oder aber sie machten doofe Zwischenrufe.
Beim weiteren umsehen fiel mir auf, wie eng es doch hier war. So viele Leute.
Bevor ich mich versah, maschierte Anna schon in eine Richtung los.
Kurz blickte ich ihr hinterher, während ich mich noch einige Sekunden umsah und mich dann auf den Weg zu einer Couch begab und mich dort auf einen kleinen Spalt nieder ließ; wobei das Wort quetschen deutlich passender gewesen wäre. Am anderen Ende der Couch befand sich ein paar, welches nicht die Finger von einander lassen konnte. Hastig musste ich den Blick abwenden, damit ich mich nicht mitten im Getümmel übergeben musste. Darauf konnte ich echt verzichten.
Einige Minuten saß ich einfach nur da. Das war doch Mist! Ich wollte hier nicht einfach nur sitzen und mit ansehen, wie sich der Reat der Leute hier amüsierte. Also sprang ich, wie von der Tarantel gestochen auf und lief in die Küche. Wie gut, dass ich mich hier bereits auskannte. In einer Ecke stand ein Bierfass, welches den Vorratsschrank versperrte und ging darauf zu. Auf der Küchentheke daneben standen ein paar Plastikbecher. Ich griff nach einem und befüllten diesen mit Bier, und während ich mich aus der Küche bewegte und mich dann auf die Suche von Anna begab. Wo zur Hölle war sie hin verschwunden??
Auf dem Weg zur Treppe fing ich leicht an meinen Körper passend zum Beat zu bewegen und trank einen großen Schluck von dem Getränk.

Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an bis ich Anna mit Chris in einem Zimmer gefunden hatte. Anhand der Poster von Nirvana erkannte ich, dass es Chris's Zimmer war. Ohne ein Wort ließ ich mich aufs Bett nieder und setzte mich in den Schneidersitz. Abermals trank ich einen Schluck. "Na", grinste Chris mich an und strich sich Haarsträhnen auf beiden Seiten hinters Ohr. Kurz fummelte sie dann an ihrem Nostrilpiercing herum. "Na", gab ich wieder und lauschte dann dem Gespräch zwischen Anna und Chris.
Was ein Glück, dass ihre Eltern meist nicht da waren. So war es kein Problem für sie Parties zu veranstalten.
Während ich den beiden Mädels zu anfangs gespannt zugehört hatte, driftete ich mit meinen Gedanken immer mehr ab und hörte am Ende gar nicht mehr zu.
Stattdessen dachte ich daran, wie es wohl wäre, wenn mein Großvater nun als umherwandernde Seele mich nun beobachten würde. Wie ich hier saß, meinen Becher mit Bier leerte.
Abwesend nickte ich mit dem Kopf, als ich grob mitbekam, als Chris mich fragte ob ich eine Kippe haben wollte. Sie hielt mir eine zwischen den Fingern hin und ich nahm sie.
Es war merkwürdig unter Menschen zu sein. Auch wenn es gerade nur Anna und Chris in diesem Raum waren, nachdem ich mich die letzte Zeit meistens vor anderen Leuten verschanzt hatte.
Die Kippe hatte ich mir zwischen die Lippen gesteckt und zog leicht dran, als Anna mir ein Feuerzeug hinhielt, und ich an der kleinen Flamme die Zigarette anzünden konnte.
Gedankenverloren hatte ich die ersten paar Züge auf den Boden gestarrt gehabt, doch wandte ich nun meiner Aufmerksamkeit wieder meinen Freundinnen zu. Schließlich war ich auch nicht ganz ohne Grund hergekommen.
Zumal es eine Party war und ich mich genug verkrochen hatte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 28, 2017 ⏰

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