F*ckin Kiss

412 36 6
                                    


Der erste Kuss kam unerwartet. Es war auch mehr ein schnelles aufeinanderdrücken der Lippen als ein richtiger Kuss. Gut für Hoseok, denn meine Faust erwischte kurz darauf bloß Luft, wo eben noch sein Gesicht gewesen war. Erniedrigt und vor Wut schäumend, hatte ich einige Momente mit gerunzelter Stirn meine Augen Richtung Boden gerichtet und dann stumm meinen Mantel geschnappt. Das Knallen der Tür hinter mir war eigentlich viel zu laut für meine Ohren, doch ich stürmte bloß wie vom Teufel besessen die Stiegen hinab, stolperte einmal über eine Stufe, trat laut fluchend gegen das Geländer und stieß die Türen zur Straße mit mehr Wucht auf, als nötig war.

Dann ignorierte ich ihn. Verkroch mich wie der letzte Hund in Namjoons Wohnung, mied das Aufnahmestudio und setzte auch sonst keinen Fuß vor die Tür. Meine Laune war gelinde gesagt mies und ich weigerte mich vor mir selbst zuzugeben, dass ich mich wie ein bockiges Kind benahm. Immerhin war ich Min Yoongi und wenn ich keine Lust hatte in mein Apartment zurückzukehren und mir in dem pampigen Schneematsch draußen nasse Füße zu holen, dann sollte es auch so sein. Ende der Diskussion.

Als dann aber Hoseok plötzlich eines Tages in Namjoons Wohnung stand, wurde mir klar, dass ich dem Unausweichlichen nicht mehr ausweichen konnte und so stapfte ich ohne ein Wort zu sagen an Hoseok vorbei aus der Wohnung zu meinem Apartment.

Der Wind war Arschkalt und ich zitterte wie Espenlaub. Ich pflügte ohne Rücksicht auf die Passanten durch die Menge und hätte mich fast vor einen herannahenden Bus geworfen, als ich unverkennbare Schritte hinter mir auf dem Asphalt hörte. Ich entschloss mich dazu so zu tun, als würde ich nicht bemerken, dass Hoseok hinter mir ging. Doch es war Hoseok, von dem wir hier sprachen. Hoseok der mich besser zu kennen schien, als ich mir eingestehen wollte.

„Yoongi wir müssen reden."

Es war ekelhaft, was auch immer da durch meinen Körper ging, als ich seine Stimme nach Wochen wieder hörte. Sie war leicht rau und heiser von der kalten Luft. Ich bemerkte, dass er leicht außer Atem war. Er musste gerannt sein um mich einzuholen. Ich antwortete nicht.

„Yoongi."

Seine Stimme klang müde, leicht resigniert, so als ob er genug von mir und meinem Verhalten hätte. Ich kniff fest die Augen zusammen und schritt noch weiter aus.

„Was?", keifte ich," Ich wüsste nicht, was wir zu reden hätten, Hoseok."

Ich hatte nichts getan um die Wut in meiner Stimme zu verstecken und ich wusste, dass sie Hoseok wie eine Faust ins Gesicht traf. Gut so. Doch scheinbar hatte ich ihn erneut unterschätzt, denn ich hörte ihn bloß leise Seufzen und irgendwas vor sich hinmurmeln.

„Ich hab aber was zu sagen, Yoongi. Hör mir bitte zu."

Meine Kiefer malten fest aufeinander. Ich war sauer auf mich, dass ich ernsthaft darüber nachdachte über seine Bitte nachzudenken. Ein starker Teil in mir wollte ihm einfach meine Faust ins Gesicht rammen. Doch ein anderer, viel weicherer Teil, pikte mir mit spitzen Fingern ins Gewissen. Resigniert und müde stieß ich die Luft zwischen den Zähnen hervor, fuhr mir mit einer kalten Hand über die Augen um den beginnenden Schmerz dahinter zu lindern. Meine Schritte waren langsamer geworden, aber Hoseok wahrte immer noch einen Respektabstand von ein paar Schritten.

Stumm liefen wir weiter. Hoseok musste nichts mehr sagen. Seine Bitte hallte laut genug in meinem Kopf wieder und seine Augen brannten regelrecht Löcher in mich hinein. Vor der Tür zu meinem Apartment blieb ich stehen, kramte den Schlüssel aus meiner Manteltasche und schloss die moderne Tür mit einem 'Klick' auf. Ich machte ein paar Schritte in das muffige Stiegenhaus. Wenn ich jetzt einfach weitergehen würde, würde mir Hoseok nicht folgen. Und ich war versucht, ich war so kurz davor, auch einfach das zu machen. In mein Apartment zu gehen, die Türe zu verschließen und Hoseok auf der kalten Straße stehen zu lassen.

Doch ich tat es nicht. Selbst ich wusste, dass ich den Problemen nicht ewig aus dem Weg gehen konnte. Besonders wenn sie Hoseok hießen. Mit einem lauten Seufzer fing ich die zufallende Tür mit den Fingerspitzen ab und gab Hoseok mit einem Ruck des Kopfes zu verstehen, dass er mir folgen solle.

Die Luft in meinem Apartment war abgestanden und feucht. Ich konnte den Staub, der beim Betreten des kalten Raumes aufwirbelte, förmlich auf der Zunge schmecken. Ohne mir Schuhe oder Jacke auszuziehen Schritt ich in die eine Ecke des Raumes und begann meine Computer hochzufahren. Eigentlich hatte ich nichts zu tun, aber ich wollte Hoseok nicht direkt gegenüberstehen.

Hoseok musste sich die Schuhe ausgezogen haben, denn als er plötzlich zu sprechen begann zuckte ich fast vor Überraschung zusammen. Vielleicht hatte ich aber auch einfach gehofft, dass er es sich anders überlegt hatte und wieder gehen würde.

„Yoongi wir müssen reden."

Ich wedelte einmal beifällig mit der Hand um ihm anzudeuten, dass er beginnen sollte. Je schneller das hier erledigt war, desto schneller hatte ich endlich meine Ruhe.

„Ignorierst du mich wegen dem Kuss?"

Eigentlich hätte ich ahnen müssen, dass Hoseok gleich zum Punkt kam. Er hatte nie gerne um den heißen Brei herumgeredet. Eine Eigenschaft die ich an ihm immer geschätzt hatte. Doch jetzt machte sie mich sprichwörtlich sprachlos und mir schoss vor Wut die Röte ins Gesicht. Dieser miese Hund. Mit einer einzigen fließenden Bewegung fuhr ich herum und Spie ihm fast ins Gesicht.

„Was denkst du denn? Glaubst du ernsthaft ich will dich danach nochmal wiedersehen?"

Erneut hörte ich Hoseok in der Stille, die auf meinen kleinen Ausbruch folgte, seufzen.

„Es tut mir nicht leid."

Das war ein Schlag ins Gesicht. Ich öffnete und schloss ein paar Mal den Mund und blinzelte aus purer Angewohnheit.

„Was?", war das einzige, das ich gefährlich ruhig herausbrachte.

Ich spürte förmlich in der Luft wie sich die Haare auf meinem Körper, eines nach dem anderen, aufstellten. Ich spürte wie Hoseok die Schultern straffte und einen Schritt auf mich zutrat. Meine Hand ballte sich zur Faust.

„Der Kuss. Es tut mir nicht leid, dass ich dich geküsst habe, Yoongi."

Und plötzlich sah ich eine Farbe. Orange. Orange explodierte in mir. Füllte jede Pore meines Körpers aus und wurde sogar noch greller, als ich auf Hoseok losging.

Blinded by your smileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt