»Wie ist dein Name?!«, erhob einer der Männer im barschen Tonfall das Wort, doch der Fremde blickte nicht auf. »Ich rede mit dir!«, polterte er ihm entgegen. Keine Reaktion. Der Mann schaute zu seinem General und wurde durch ein kaum merkliches Nicken bestätigt, weiter zu machen.
»Hübsche Axt«, sagte der Soldat in einem aufgesetzten freundlichen Ton, offensichtlich seine Strategie ändernd. Er widmete der Waffe, die auf dem Tisch lag seine volle Aufmerksamkeit und streckte die Hand nach ihr aus. Endlich hob der fremde Krieger den Blick und beobachtete den Soldaten eindringlich. Zu Endranors Überraschung reagierte er nicht, als der Mann die Axt in die Hand nahm und sie eingehend betrachtete. Stattdessen lehnte er sich zurück, brach sich ein kleines Stück von seinem Brot ab und stopfte es sich in den Mund. Er schaute den Soldaten mit einer Mischung aus Neugier und Arroganz an, während er mit einem zufriedenen Lächeln das Brot kaute.
Endrandor spürte, wie Unruhe in ihm aufstieg. Zwar wähnte er sich allein durch die Anwesenheit der Soldaten und des Generals auf der sicheren Seite, doch das Selbstbewusstsein und die Zuversicht, die der Fremde ausstrahlte, machten ihn nervös.
»Wem hast du diese Waffe gestohlen?«, wollte der Soldat wissen. »Oder bist du am Ende nur ein abtrünniger Anhänger eines gefallenen prelonischen Hauses?« Der Mann sprach unbeirrt weiter, während seine Kameraden langsam den Tisch umrundeten und neben dem Fremden in Stellung gingen. »Euresgleichen muss man benehmen beibringen!«
»Und du glaubst, dass du das kannst?«, erhob der Fremde zum ersten Mal das Wort. »Du wirst die Axt wieder auf den Tisch legen«, sprach er weiter und obwohl er leise redete, wurde jedes seiner Worte von Entschlossenheit begleitet. »Es sei denn du willst, dass ich dir deine Hand abschlage, damit du meine Waffen kein weiteres Mal berühren kannst.«
»Du stellst hier keine Forderungen!«, brüllte der Soldat ihn an.
Endranor sah zu Kayne, der das Schauspiel mit gerunzelter Stirn beobachtete. Er schaute zunächst verwundert drein, doch dann lehnte er sich gegen den Tresen und schmunzelte.
»An deiner Stelle würde ich die Männer zurückrufen, Zyrus. Zumindest wenn du willst, dass sie diesen Tag überleben.«
Der General blickte den jungen Krieger überrascht an und wollte gerade etwas sagen, als der Befehl des Soldates durch den Raum hallte. »Ergreift ihn!«
Augenblicklich brach ein Tumult aus. Der Fremde stieß den Tisch um, was den Soldaten vor ihm zurückwarf. Dann zog er sein Schwert und richtete seine Aufmerksamkeit auf die anderen Männer. Endranor ging reflexartig hinter seinem Tresen in Deckung und zuckte bei jedem Poltern, das er hörte, zusammen. Irgendetwas schepperte. Schmerzenschreie. Dann war es plötzlich ruhig. Vorsichtig zog der Wirt sich an seinem Tresen empor und lugte in den Schankraum. Die fünf Soldaten der Stadtwache lagen wehklagend auf dem Boden. Vier von ihnen hatten eine große Wunde am Bein und waren nicht in der Lage sich aufzurichten. Der Fünfte lehnte verkrampft an der Wand. In seiner Hand steckte ein kleines Messer, welches ihn an den Holzpfahl band, der die Decke stützte.
Der Fremde bückte sich und hob gelassen die Axt auf, bevor er sich an den Soldaten wendete. »Nächstes Mal tust du besser direkt, was ich dir sage, Soldat.«
Zyrus zog seinen Zweihänder und machte Anstalten auf den Mann loszugehen, doch Kayne legte ihm eine Hand auf die Schulter und hielt ihn zurück. Ohne ein Wort an den General zu richten, ging Kayne auf den Fremden zu. Der junge Krieger der Bruderschaft zog seine Waffe nicht. War er denn von allen guten Geistern verlassen? Endranor umklammerte den Lappen in seiner Hand so fest, dass auch der letzte Tropfen Wasser entschwand und zu Boden tropfte. Allein bei dem Gedanken, dass es dem Fremden gelingen würde, auch Kayne und Zyrus zu besiegen, lief ihm bereits der Angstschweiß von der Stirn.