Kapitel 1

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Sadwick öffnete seine Augen als eine seichte Brise an seinem Fell zupfte und das Wasser des Sees an den Rand schwappen ließ. Er kniff die Augen zusammen, da sie Sonne auf den See strahlte und ihn blendete. Sadwick gähnte und rappelte sich auf. Das grüne Gras bewegte sich seicht und er hörte das Rauschen des Windes in den Bäumen um ihn herum. Er waren kaum Wolken am Himmel. Die Berge auf der anderen Seite des Sees ragten bis hoch in den Himmel. Sadwick war niemals in den Bergen gewesen - noch nicht mal in der Nähe von ihnen. Er blieb eigentlich immer hier an dem See, dies hier war sein Zuhause. Jetzt, im Sommer, konnte er draußen schlafen, ohne zu frieren. Sadwick streckte sich. Dann spitze er sofort die Ohren und schaute sich um. Es schien niemand das zu sein. Er seufzte erleichtert innerlich. Ein weiterer Tag wo mich Cass und Ray verschonen, dachte Sadwick. Cass und Ray waren zwei Fer, die es sich anscheinend besonders stark zur Aufgabe gemacht hatten Sadwick zu ärgern und ihn nieder zu machen. Die Beiden waren immer schon auf Äger ausgewesen. Viele waren abgeneigt von Sadwick oder machten sich über ihn lustig, aber diese Beiden schikanierten ihn sehr oft und zogen ihn auf wo sie nur konnten. Sadwick war es leid, aber er konnte nichts dagegen machen. So sehr er es auch wollte und er sich anstrengte, er konnte sich einfach nicht aus seiner stillen und schüchternen Fassung befreien. Somit musste er es über sich ergehen lassen. Er knurrte frustriert. Warum kann ich nicht so sein wie die Anderen und mich einfach nicht für die Gefühle von anderen interessieren? Sadwick stand auf und tappte zum See. Ich wünschte ich könnte es ändern, dachte er sich und nahm dann ein paar Schlucke von dem kühlen, klaren Wasser. Er fuhr sich mit der Zunge über die Schnauze um noch die restlichen Wassertropfen von seinen Schnurrhaaren zu bekommen. Der schwarze, kräftige Wolf schaute auf sein eigenes Spiegelbild. Mit seinen hellblauen Augen betrachtete er sich. Warum kann sich mein Erscheinungsbild nicht auf meinen Charakter übertragen? Murrte Sadwick in seinem Kopf. Mein Fer-Erscheinungsbild, korrigierte er in Gedanken. Fers haben zwei Formen, einmal ihre Wolf-Form, welche die Fers ausmacht und dann noch ihre Menschen-Form. Ihre Wolf-Form sind etwas größere Wölfe, welche normal auf allen Vieren laufen. In ihrer Wolf-Form, können die Fers nicht mit Menschen sprechen. Sie können nur noch in ihrer eigenen Sprache miteinander kommunizieren. Viele Fers leben jedoch auch in Städten mit Menschen, ohne dass die normalen Leute bemerken, dass etwas anders ist. Manche wollen einfach ein "normales" Leben führen. Sie haben Glück, dass sie in ihrer Menschen-Form komplett ordinär aussehen. Sadwick verließ die Stadt jedoch seit dem seine Eltern gestorben waren. Er stand auf und wandte sich um zum Wald. Auf seiner Seite des Sees wuchs ein Laubwald mit nur wenigen Nadelbäumen, während auf der anderen Seite mehr und mehr Nadelbäume wuchsen. Das grüne Laub raschelte und Sadwick schloss für einen kurzen Moment die Augen. Er genoss den Wind, der ihm das Fell zerzauste. Dann machte er sich auf in den Wald. Er hielt die Ohren gespitzt und hielt sich von häufig benutzen Pfaden fern. Er könnte gerne auf ein Zusammentreffen mit anderen Fers verzichten. Sadwick war auf der Suche nach Beute, von seinem Fang von vor zwei Tagen war nichts mehr übrig und somit musste er einen neuen finden. Der Wald war von vielen Sonnenstrahlen, die durch das Blätterdach drangen, gesprenkelt. Überall wuchsen Farne und Pflanzen. Der gesamte Wald schien zu leben und den Sommer zu genießen. Sadwick hörte hier und da kleine Zähne an etwas nagen, oder Vögel hin und her fliegen. Er hörte kleine Kücken, die piepten und auf ihre Mahlzeit zu warten schienen. Er ließ sich glatt von dieser beruhigenden Stimmung, die der Wald ausstrahlte, mitreißen. Das lebhafte Gezwitscher der Vögel hallte durch den Wald. Sadwick schüttelte den Kopf. Er musste Beute finden, er war nicht hier um sich zu entspannen. Er streifte durch den Wald, bis er auf den frischen Geruch eines anderen Fers traf. Oh nein, dachte er, das ist Chase...nicht so schlimm wie Cass oder Ray aber immer noch einer der Schlimmsten. Schnell versuchte er einen anderen Weg ein zu schlagen, aber es war schon zu spät. "Hey Sadwick!"Chase betonte den Namen abwertend. "Das du dich überhaupt noch hier her traust." "Hier her"?, überlegte Sadwick, was meint er mit "Hier her"? Dann traf es ihn wie ein Schlag. Er hatte sich doch zu sehr von den anderen Geräuschen im Wald ablenken lassen und aus versehen den Weg zu einer bestimmten Lichtung eingeschlagen. Er schauderte bei dem Gedanken daran. Er wusste jedoch nicht was genau er darauf erwidern sollte, deshalb sagte er ganz plump mit leise Stimme: "Es war nicht meine Absicht hier zu sein. Ich-ich wollte gerade-" "Du wolltest gerade was, hm?" Sagte Chase und streifte um Sadwick herum. "Hat dir das eine Mal nicht gereicht?" Sadwick sträubte leicht sein Fell. "Ich wollte gerade einen anderen Weg einschlagen." Vollendete er seinen Satz. Dieses eine Mal hat mir außerdem gereicht, fügte er in Gedanken hinzu. Chase bliebt vor ihm stehen und grinste. "Na dann will ich dich kleinen Knirps heute mal verschonen. Ich habe eh was besseres mit meiner Zeit vor. Ich habe nämlich Freunde die auf mich warten." Mit diesen Worten trabte Chase weg, jedoch nicht ohne Sadwick noch einmal kräftig zu schubsen. Sadwick konnte gerade noch so das Gleichgewicht halten und blieb stehen. Wenigstens war es keine vollkommene Blamage, Er seufzte. Würden diese Sachen niemals aufhören? Eigentlich konnte er sich glücklich schätzen, dass nichts wirklich schlimmes passiert war. Sadwick lief schnell weiter, falls Chase es sich doch noch anders überlegen sollte. Schon bald lockte ihn ein Geruch an. Ein Rehkitz hatte sich etwas zu weit von seiner Familie weggetraut. Manchmal fühle Sadwick sich schlecht, da er Familien zerriss, jedoch rief er sich immer wieder ins Gedächtnis, dass die Natur so funktionierte. Er lief los und trennte das Kitz noch mehr von der Herde. Die Hetzjagd hielt jedoch nicht lange an, da das Rehkitz lange nicht so schnell war, wie seine ausgewachsenen Verwandten. Der schwarze Wolf sprang ab und landete auf dem Rücken des Rhekitz' und riss es zu Boden. Dort tötete er es schnell. Warmes Blut berührte seine Zunge und Sadwick merkte abermals wie hungrig er war. Er begann an Ort und Stelle zu essen. Es war zu gefährlich den weiten Weg zurück zum See mit Beute zu machen, vor allem für Sadwick. Als sein Hunger gestillt war, säuberte er schnell seine Schnauze, in dem er das Blut ableckte. Das hat gut getan, dachte er und schaute sich um. Dann setze er sich hin und entspannte etwas. Goldene Sonnenstrahlen befleckten sein schwarzes Fell und spendeten wohlige Wärme. Nach einer Weile beschloss er wieder zurück zu seinem See zu gehen. Er rannte den Großteil des Rückwegs, da er nicht mehr auf Beute achten musste. Sadwick merkte er jetzt wie weit er eigentlich vom See entfernt gewesen war und war um so erleichterter, dass er beschlossen hatte, die Beute einfach dort zu fressen wo er sie gefangen hatte. Das Rehkitz den langen Weg zurück zu tragen hätte auf Dauer ziemlich anstrengend für seinen Nacken sein können. Zu seinem Glück rannte er auch keinen von Chases Freunden über den Weg. Gut, dann sind sie wahrscheinlich wieder beim Steinring, schlussfolgerte er. Als Sadwick wieder am See ankam ließ er sich dort fallen und schaute zu den Bergen. Er überlegte wie es wohl wäre echte Freunde zu haben, die einem nicht nur was vorspielen. Er mochte dieses eine Mädchen ganz gerne, ihr Name war Liz. Jedoch war sie gut mit Cass befreundet und somit würde er nie auch nur den Hauch einer Chance haben mit ihr normal zu reden. Sadwick schüttelte sich einmal kräftig. Er würde bestimmt irgendwann schon noch Leute finden mit denen er reden und wirklich Zeit verbringen konnte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 24, 2021 ⏰

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