Der Neue

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Catherine strich sich ihr Haar hinters Ohr. Lucas lächelte sie an. „Ich liebe es, wenn du das machst."
Sie runzelte die Stirn. „Was meinst du?"
Sein Lächeln wurde noch breiter und er spielte mit ihren Haaren. „Ich liebe es, wenn du das mit deinen Haaren machst."
Nun lächelte auch Catherine. „Danke", murmelte sie verlegen.
„Du musst dich nicht bedanken", entgegnete er. „Du bist das wunderbarste Mädchen, das ich je kennengelernt habe."
„I-ich bin doch nur ein ganz normales Mädchen", widersprach sie.
„Oh nein, Cat, das bist du nicht", meinte Lucas. „Nicht für mich. Das warst du noch nie. Ich wusste schon, dass du etwas besonderes bist, als ich dich zum ersten Mal gesehen hab."
Catherine war wirklich berührt. Nie hätte sie gedacht, dass Lucas so für sie empfand. Doch als plötzlich Jelena, Lucas' Freundin, im Flur auftauchte, wurde sie unsanft in die Realität zurück geholt. „Lucas, hör auf", erwiderte sie flehend. „Wenn Jelena wüsste, was du gerade gesagt hast, dann..."
„Stopp", unterbrach Lucas sie. „Hier geht es nicht um Jelena. Ich meine zwischen Jelena und mir ist es so gut wie vorbei. Und das weiß sie auch. Ich liebe sie einfach nicht mehr. Und der Grund dafür bist du."
Catherine seufzte. „Lucas, du weißt, was ich für dich empfinde. Aber ich kann das nicht. Nicht solange du noch mit Jelena zusammen bist."

Als ich das Klingeln hörte, blickte ich erschrocken auf. Verdammt! Ich war viel zu vertieft gewesen in mein Buch, um zu bemerken, dass die nächste Stunde gerade angefangen hatte.
Schnell sprang ich auf und stopfte meine Sachen in die Schultasche. Jetzt musste ich mich echt beeilen.
„Ruby, bist du etwa immer noch hier?", fragte Annie, die Leiterin der Schulbibliothek überrascht.
Ich kannte Annie inzwischen seit über fünf Jahren. Seit ich hier zur Schule ging, war ich jede einzelne Pause in der Bibliothek, um entweder zu lesen oder mich mit Annie über Bücher zu unterhalten.
Und sie war überhaupt nicht so, wie man sich eine Bibliothekarin vorstellte. Sie war nicht alt und schrullig. Sie war erst 25 Jahre alt und sie liebte Bücher genauso sehr wie ich. So war sie in den letzten Jahren so etwas wie meine beste Freundin geworden. Meine beste und meine einzige Freundin. Alle anderen hielten mich für eine Streberin. Ja, vielleicht war ich das. Doch trotzdem hasste ich dieses Schubladendenken.
„Äh ja, ich hab die Zeit übersehen", erwiderte ich und lief hastig an ihr vorbei. „Bis später, Annie."
Dann lief ich schnell den Flur entlang. Heute war der erste Schultag in diesem Jahr und ich würde jetzt schon zu spät kommen. Verdammt! Ich war schon drei Minuten zu spät! Ich würde so Ärger bekommen! Und wir hatten jetzt auch noch Mr Barns. Der war eh so schon streng genug.
Da sah sie plötzlich einen Umriss schnell auf sie zukommen und bevor sie zur Seite springen konnte, prallte der Umriss gegen sie und sie ging zu Boden.
„Tut mir leid, das wollte ich nicht", entschuldigte sich eine Jungenstimme. „Ist alles in Ordnung?Geht es dir gut?"
Ich setzte mich auf und sah den Jungen an. Er hatte gelockte, braune Haare, die ihm bis zu den Ohren reichten. Außerdem hatte er schokoladenbraune Augen. Er trug eine ausgefranste Jeans und ein graues Shirt.
„Äh ja, mir geht's gut", erwiderte ich schnell und stand auf. „Ich sollte mich nur etwas beeilen, weil ich eh schon ziemlich spät dran bin."
„Warte", hielt er mich auf. „Ähm, ich bin neu hier und hab keine Ahnung, wo ich hin muss. Kannst du mir bitte helfen?"
Ich seufzte. Es war eh schon so spät. Doch dann willigte ich ein. „Na gut. In welche Klasse gehst du denn?"
„In die 10e", antwortete er. „Und so wie ich das sehe, hab ich jetzt Mathe bei Mr Barns oder so."
„Ok gut", erwiderte ich. „Da muss ich auch hin. Komm einfach mit. Aber beeil dich. Ich hab schließlich nicht die Ausrede, dass ich mich hier noch nicht auskenne." Also lief ich schnell voran und achtete kaum darauf, ob der Junge mir hinterher kam.
Als wir beim Klassenzimmer waren, klopfte ich schnell und trat dann ein. Mr Barns blickte uns streng an. „Ihr seid sieben Minuten zu spät."
„Tut mir leid, ich hab mich verlaufen", entschuldigte sich der Junge. „Naja und dann hab ich dieses Mädchen getroffen und sie hat mir gezeigt, wo ich alles finde. Deshalb hat es ein bisschen gedauert."
Ich war überrascht, dass er sich für mich einsetzte, obwohl er mich gar nicht kannte. Dankbar lächelte ich ihm zu.
„Na schön", seufzte Mr Barns. „Aber das kommt nicht nochmal vor. Ruby, setz dich bitte. Und du kannst gleich bei mir bleiben und dich vorstellen."
Also setzte ich mich zwischen Kim und Mike. Die beiden schienen mich nicht ganz so sehr zu hassen, auch wenn sie trotzdem nicht unbedingt meine Freunde waren.
Nun fing der Junge an, sich vorzustellen. „Also ich bin Jules", erzählte er. „Jules Dupont. Ich bin vor einer Woche aus Frankreich hierher gezogen."
Mr Barns nickte. „Ok. Dann setz dich, Jules. Da hinten neben Max ist noch ein Platz frei."
Während er zur letzten Reihe ging, warf er mir noch einen kurzen Blick zu. Hatte er mich etwa gerade angelächelt? Oder hatte ich mir das eingebildet? Ach das war ja auch völlig egal. Ich interessierte mich nicht für Jungs. Das waren Arschlöcher. Zumindest in dem Alter. Und ich hatte wirklich noch lange genug Zeit, um mich zu verlieben.

Une histoire d'amourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt