Ich kam zu meinen beiden Herrchen, als ich bereits drei Jahre alt war. Damals hieß ich noch Pascha. Meine Vorbesitzer (ein Säufer, der nicht nur gegen seine Frau, sondern auch gegen mich die Hand erhob und seine verschüchterte Gattin, der ich nur eine Last war, weil ich Arbeit im Haushalt verursachte) gaben mich einer Angestellten der Firma mit, die mich mit dem Auto, zu meinen neuen Dosenöffnern bringen sollte.
Aufgeregt war ich deshalb nicht, denn damals hatte ich ja noch keine Ahnung, worum es bei dem Ausflug ging.Erst als wir austiegen und zu der Eingangstür eines Mehrfamilienhauses, das ich noch nie zuvor gesehen hatte, gingen, hatte ich das Gefühl, dass da irgendetwas nicht stimmte.
"Ja, jetzt kommst du zu deiner neuen Familie, mein Guter!", säuselte Katrin, die Angestellte meines Herrchens und wuschelte mir durchs Fell. Ihr Tonfall war so freudig, dass ich ersteinmal mit dem Schwanz wedelte, ehe mir die Worte ins Bewusstsein kamen.Neue Familie? Was war denn mit der Alten?
Immer wenn mein Herrchen etwas Neues gekauft hatte (Hosen, Glühbirnen, Batterien, einmal sogar ein Auto), dann nur, weil das alte kaputt gegangen war. War meine Familie etwa zerbrochen? Oder waren die Batterien leer?
Ich kam nicht dazu, zu überlegen, ob ich angesichts der Tatsache, dass ich eine neue Familie bekommen sollte, weiterhin mit der Rute wedeln oder mich unsicher hinter Katrins Beinen verstecken sollte. Vielleicht wäre auch Knurren und Fletschen eine Option gewesen, aber in diesem Moment traten schon die beiden Männer, in denen Katrin offenbar meine neuen Herrchen sah, aus der Tür.
Sofort stellte ich mein Wedeln ein, denn ich bekam Angst. Zwar besaß keiner der beiden, die bärenhafte Statur meines aggressiven Besitzers, aber dennoch waren beide groß und einer von ihnen äußerst dominant. Unsicher schleckte ich mir über die Leftze. Der zweibeinige Alpharüde sollte bloß nicht denken, dass ich ihm seinen Platz streitig machen wollte. Und dann war es ausgerechnet der Boss, der mich mit hochgezogener Augenbraue ansah. "Na ja, er sieht ein wenig verängstigt aus, oder? "
Wer denn? Ich? Ich habe vor nichts Angst! Ich weiß, nur was vernünftig ist!
" Er kennt uns ja auch überhaupt nicht, Aiden. Natürlich hat er Angst!", sagte der braunhaarige und ging in die Knie, um mir über den Kopf zu streicheln. "Gib' ihm eine Chance."
"Ist er denn verträglich mit anderen Tieren?", wollte der Alphamensch wissen.
Andere Tiere? Ja, ich kannte andere Hunde vom Sehen, aber ich hatte nie wirklich Kontakt mit welchen gehabt. Mein eigentlicher Besitzer, war nicht wirklich ein Rudeltier gewesen. Ich kannte auch Vögel und Enten. Aber ob ich mich mit denen vertragen konnte, wusste ich niciht. Dürfte aber kein Problem sein, dachte ich damals bei mir. Solange sie sich mir unterordnen.
Katrin lachte höflich, aber irgendwie passte der Laut nicht zu ihrer angespannten Körperhaltung. Ich spitzte die Ohren und behielt die Umgebung im Augen, denn offenbar befanden wir uns in einer heiklen Situation. Zumindest teilte mir das Katrins Ausstrahlung mit. "Ganz hervorragend sogar", erwiderte die Angestellte meines Besitzers. "Wie ich schon mit ihrem Lebensgefährten besprochen habe, sind die im Haushalt lebenden Katzen gar kein Problem. Und auch Pferde und Kühe sind ihm bekannt."
Die beiden Männer schienen nichts von der Gefahr zu merken, die in der Luft lag, denn sie erwiderten das Lächeln, der Frau neben mir, unbekümmert. "Und Kinder?", wollte Alpha-Aiden wissen.
"Gar kein Problem. Er kommt aus einem Haushalt mit Kind. Die kleine Sarah und Pascha sind unzertrennlich." Das stimmt. Die Tochter meiner Besitzer war mein Ein un Alles. Um sie vor den Zornausbrüchen meines Herrchens zu schützen, hatte ich schon so manche Prügelstrafe auf mich genommen.
"Das ist gut, denn im näheren Verwandschaftskreis gibt es Kinder. Mit denen muss er zurecht kommen." Nun ging auch der Rudelführer der beiden Männer in die Hocke und sah mich an. "Pascha, mmh? Na, dann willkommen in der Familie."
In diesem Moment änderte sich Katrins Ausstahlung. Mit einem Mal schien sie völlig entspannt und gelöst und so begann ich nun mit der Rute zu wedeln. "Nun denn", sagte die Frau und übergab dem Beta-Menschen die Leine und einen Umschlag. "Impfpass ist inneliegend. Wenn Probleme auftreten, können Sie gerne mich kontaktieren." Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging davon. Ich wollte ihr folgen, wurde aber schon nach wenigen Schritten vom Zug an der Leine daran gehindert. Unsicher sah ich von, der sich entfernenden Katrin, zu den beiden Männern, die halb skeptisch, halb ratlos auf mich hinab blickten.
"Jetzt hast du endlich deinen Hund, Joya." Begeistert klang anders.
"Ja! Ich danke dir!" So in etwa.
Das Beta-Männchen streichelte mir über den Kopf. "Lass' uns erstmal hinein gehen und ihm alles zeigen. Komm', Pascha!"
"Blöder Name!"
"Aiden, nun sei doch nicht so negativ."
"Es ist aber ein blöder Name. So prollig! Außerdem heißt auf der Straße jeder dritte Hund so."
"Hast du einen besseren Vorschlag?"
Aiden brummte nur und so fühlte sich Joya anscheinend bemüßigt Überlegungen anzustellen. "Max, Leo, Zeus, Orpheus ..."
"Na ja, es sollte schon etwas cooler sein!", gab Alpha-Aiden amüsiert zurück.
"Mephisto?"
"Ja, das gafällt mir, Kleiner. Geht doch."
"Dann heisst du nun also Mephisto!" Joya klang begeistert und tätschelte mir abermals über den Kopf, während ich ungläubig von einem zum anderen schaute.
Mephisto? Ernsthaft? Das klang natürlich weit weniger blöd und prollig. Ist klar!
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Mephisto - Anektoden vom Zusammenleben mit meinen Besitzern
HumorEin Buch, geschrieben von einem Hund. Gibt es nicht? Oh, doch! Herzlich willkommen in meiner Gedankenwelt. Gerne nehme ich dich mit und erzähle dir von den skurielsten, dämlichsten und lustigsten Geschichten, die ich gezwungen war, mit meinen Besi...