Trotz des doofen Namens fand' ich die beiden Typen irgendwie ganz nett. Daher ging ich unbeschwert mit ihnen, obwohl ich sorgsam darauf achtete, dass ich imTreppenhaus nicht zu nahe ans Geländer kam, als wir die Stufen hinaufstiegen.
Das war für Alpha-Aiden natürlich sofort wieder ein Anlass, um missbilligend die Stirn zu runzeln. "Was hat er denn?"
Joya zuckte unbekümmert mit den Schultern. "Vermutlich hat er Angst vor dem Treppengeländer. Der Hund meiner Oma hatte auch immer Angst auf Brücken zu nahe an den Zäunen zu laufen."
Der Boss schnaubte und warf erst mir und dann auch seinem Beta-Männchen einen sarkastischen Blick zu. "Der Hund deiner Oma ist auch ein Chihuahua, Joya. Wenn der nicht zwischen den Gitterstäben des Brückenzauns auf die Autobahn stürzt, dann findet man ihn vermutlich irgendwann unter irgendeiner Schuhsohle klebend. Mephisto ist groß und schwarz. Der soll dich beschützen, wenn ich nicht da bin, statt selbst vor allem und jedem Schiss zu haben!"
Ich spitzte ungläubig die Ohren. Wie war das bitte gewesen? Ich hatte vor den wenigsten Dingen Angst, aber hier ging es nun mal um Treppen- und Brückengeländer! Jeder Depp weiß doch, dass die gefährlich sind! Hallo?!
Joya grinste. "Du bist böse, Aiden."
Während das Alphamännchen knurrend erwiderte, dass sein stellvertretender Rudelführer nicht so frech sein solle, schloss dieser die Tür zu meinem neuen Refugium auf.
Witternd hob ich die Schnauze und sofort trat dieser neue, aufregende Geruch in meine Nase. Es roch natürlich nach Menschen und auch nach Möbeln und Pflanzen, aber auch nach einer anderen Art Leben.
Schwanzwedelnd drängte ich zur Tür und wollte unbedingt sofort mein neues Heim erkunden, doch Aiden griff in mein Halsband und schaute Joya vorwurfsvoll an. "Laut dem Hundeflüsterer soll man als Rudelführer immer als Erster durch die Tür gehen", mahnte er.
Ich zog nach vorn und wedelte noch doller. Dann beweg' deinen Zweibeinerhintern halt endlich durch die Tür, Alpha-Aiden! Ich will da rein!
Prompt ließ Joya unserem Boss den Vortritt, ehe er mich in einen geräumigen Flur führte. Wieder einmal streichelte er mir über den Kopf, während er freundlich sagte: "Jetzt lernst du deine neuen Geschwister kennen. Hoffentlich versteht ihr euch."
Geschwister? Was zu Hölle...? Ich könnte mich nicht gebührend über die merkwürdige Äußerung meines neuen Herrchens wundern, denn in diesem Moment tauchte die andere Art Leben vor mir auf. Das Wesen sah nicht aus wie ein Hund, aber es besaß Fell und einen bauschigen Schwanz, mit dem es wild wedelte.
Freudig knickte ich meine Vorderpfoten ein, um zu zeigen, dass auch ich zum Spielen bereit war. Dabei bellte ich aufgeregt, woraufhin mein schwarz-weisser Spilgefährte einen Buckel machte und seitlich auf mich zu tänzelte.
"Joya, ich glaube das geht nicht gut. Wir müssen ..." Ich hörte nicht mehr, was der menschliche Anführer zu seinem untergeordneten Freund sagte und ich vergaß auch, dass letzterer mich noch immer an der Leine führte. Mit einem Satz sprang ich nach vorn auf das fremde Tier zu, welches ein komisches, fauchendes Geräusch von sich gab. Für einen kurzen Moment war ich irritiert und hörte Joya sagen: "Nein, Mephisto! Das ist pfui! "
Da ich vor lauter Aufregung völlig vergessen hatte, dass ich ja nun diesen höchst unprotzigen Namen tragen sollte, fühlte ich mich in keinster Weise angesprochen und fragte mich stattdessen, weshalb Joya dem schwarz-weissen Tier mit dem buschigen Schwanz das Spielen verbieten wollte.
Doch dieses wollte sich, ebenso wenig wie ich, die Freude verderben lassen und rannte wie der Blitz davon. Eine klarere Aufforderung zum Nachlauf spielen konnte es nicht geben. Freudig bellend schoss ich hinterher und riss dabei meinem neuen Besitzer die Leine aus der Hand.
Das Zimmer, in das ich meinem Spielkameraden nun folgte, nahm ich nur am Rande wahr. Es gab eine Sitzlandschaft, vor der ein niedriger Sofatisch stand. Das wusste ich, weil meine Jagd mich über beides hinüber führte. Der blöde Tisch hatte eine gläserne, glatte Oberfläche, auf der ich ausrutschte und unsanft zu Boden stürzte. Ich jaulte kurz auf, allerdings eher vor Schreck, denn weh getan hatte ich mir nicht. Dann erhob ich mich wieder und machte mich erneut an die Verfolgung.
Pflanzen und Vasen fielen um, als ich dem pelzigen Wesen mit einem Satz auf die Fensterbank folgte, wobei ich sowohl Joyas, als auch Aidens lautes Gebrüll genoss. Die beiden feuerten mich offenbar an und teilten die Freude an meinem Spiel.
Neben mir kippte eine Stehlampe um und ging mit lautem Klirren zu Bruch. Ich erschrak und hielt inne und auch mein Spielpartner bekam es anscheinend mit der Angst zu tun, denn er quetschte sich unter die Couch und begab sich somit aus meiner Reichtweite. In diese Schmale Lücke zwischen Boden und Sofa passte ich nun wirklich nicht.
"Mephisto!", brüllte Joya aufgebracht. "Komm' mal hier her!"
Was? Jetzt? Nö! Ich spiele doch gerade!
Aber meine Euphorie wandelte sich in Panik, als von der Höhe eines Schrankes plötzlich ein weiteres, rotes Fellbündel hinabgeschossen kam. Mit ausgefahrenen Krallen ging es auf mich los und ein höllischer Schmerz breitete sich auf meiner Nase und auf meinem Kopf aus, als sich das Ding in mir festkrallte.
Ich jaulte und schrie und hoffte inständig, dass meine neuen Besitzer mir zur Hilfe eilen würden. Zumindest Alpha-Aiden sollte doch wohl in der Lage sein mich zu beschützen! Prompt war es dann auch der Boss, der das rot-getigerte Ding aus meinem Gesicht pflückte. Dabei fauchte das Teil noch immer und kratzte und biss sogar nach meinem neuen Rudelflührer.
Dieser schmiss das pelzige Wesen in eine Art Abstellkammer und schloss eilig die Tür.
"Scheiße!", fluchte Aiden ungehalten, während er verdrißlich seine blutenden Unerarme begutachtete.
Joya stand ratlos im Raum und ließ den Blick über das Chaos wandern, welches mein Spielkamerad und ich angerichtet hatten. "Die haben gesagt, er versteht sich mit Katzen."
Katzen? Ernsthaft? Du wolltest mir Katzen als meine neuen Geschwister verkaufen? Man, Junge, du musst aber noch viel von Alpha-Aiden lernen. Jeder Vollidiot weiß ja wohl, dass Hund und Katze sich nicht verstehen. Also zumindest ich habe das immer wieder aus dem Gesprächen der menschlichen Zweibeiner herausgehört. So etwas musste dann ja wohl passieren. Und das Ende vom Lied? Ich habe eine blutige Nase! Hallo? Kann mich mal jemand bemitleiden, bitte?
Aiden schnaubte. "So wie der Köter sich aufführt, hat er noch nie in seinem Leben eine Katze geshen."
Nö, hat er auch nicht. Moment! Köter? Ich nenne dich ja auch nicht Homo!
Aiden griff nach meiner Leine. Das erwartete Donnerwetter blieb aber aus. Stattdessen sah er Joya strafend an. "Ich gehe jetzt mit Mephisto gassi. Wenn ich zurück bin, ist das Choas hier aufgeräumt, klar? Und sieh' mal zu, dass du Jack Sparrow beruhigst. Der tobt noch immer im Abstellschrank."
An der Seite unseres Alpha-Tiers verließ ich die Wohnung und warf einen letzten Blick auf Beta- Joya. Mal sehen, wie lange ich brauchen würde, um ihm diesen Rang streitg zu machen. Für heute war ich jedenfalls derjenige, der mit Aiden das neue Territorium abstecken ging, während Joya im Zwinger blieb.
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Mephisto - Anektoden vom Zusammenleben mit meinen Besitzern
HumorEin Buch, geschrieben von einem Hund. Gibt es nicht? Oh, doch! Herzlich willkommen in meiner Gedankenwelt. Gerne nehme ich dich mit und erzähle dir von den skurielsten, dämlichsten und lustigsten Geschichten, die ich gezwungen war, mit meinen Besi...