Ich war, wie jeden langweiligen Samstag Nachmittag, in meinem kleinem Zimmer. Ich saß auf dem Boden, den Rücken gegen meinen Kleiderschrank gelehnt. ich hatte meinen Zeichenblock in der Hand und zeichnete. 5 Jahre. 5 Jahre war es her als ich Stella getötet hatte. Ich war bis heute noch glücklich. Mein Leben war besser geworden. Ich fühlte mich erleichtert irgendwie. Kennt ihr dieses Gefühl? Wenn ihr etwas geschafft habt was ihr jahrelang schon machen wolltet und die Gelegenheit dafür bekommen habt es endlich zu tun? Es auszuführen? Nun, so fühle ich mich. Erleichtert und froh.Jetzt war ich schon 15 Jahre alt. In diesen 5 Jahren war viel passiert. ZU viel. Lindsey war weggezogen nach einem heftigen Streit mit Mom. Michael war der totale Aussenseiter geworden, sperrte sich ständig in seinem Zimmer ein und Catherine war schon 9 und hatte noch immer kein einziges Wort gesprochen! Der Arzt meinte ihr fehlte nichts, doch sie war stumm und blieb vielleicht, aber nur vielleicht, für den Rest ihres Lebens stumm. Ich habe manchmal echt das Gefühl das ich die einzige in dieser Familie sei, die normal war. Eigentlich was mich ziemlich traurig machte war, dass Mom fast nie zu Hause war. Und dass machte mich ganz traurig. So traurig.
Jeder in der Schule machte sich Sorgen über Stella. Jeder wunderte sich wo sie war. Immer noch. Doch keiner wusste es. Nur ich.
Als ich mein 4 Stündiges Kunstwerk betrachtete, klingelte es an der Haustür. Ich stiess ein genervtes Seufzen aus und schrie aus meinem Zimmer: „MOM! Es klingelt an der Tür! Geh nachsehen wer da ist!“ keine Antwort. Und da wurde mir bewusst, dass ich ganz alleine im Hause war. Ich stand auf und rannte die Treppen hinunter und öffnete die Tür. Ich sog scharf die Luft ein, als ich die zwei uniformierten Männer mit ernsten Gesichtern sah. Bullen. Die Polizei war an meiner Haustür. Der eine war klein, dick und hatte eine halb Glatze. Der andere war gross, sehr kräftig gebaut, hatte blondes, welliges Haar und hatte eine Sonnenbrille auf. In diesen 5 Jahren waren schon 3 Polizisten vorbei gekommen, doch Sie hatten mir immer nur die gleichen Fragen gestellt. ‚Jemand wird vermisst gemeldet. Wir suchen verzweifelt nach ihr. Wie war ihre Beziehung zu ihr? Waren sie Feinde oder Freunde?‘ Sowas in der Art halt. Da hatten Sie noch nicht Verdacht geschöpft. Ich war eigentlich immer ganz ruhig und gelassen gewesen, doch dieses Mal war es anders.
Dieses Mal hatte ich ein ungutes Gefühl im Magen.
Wussten Sie jetzt Bescheid? War ich jetzt endgültig verloren? Was sollte ich bloss tun?
All diese Fragen drehten sich in meinem Kopf wie ein Karussell.
„Guten Tag, Miss“, begrüsste mich der dicke von den beiden. „Mein Name ist Officer Johnson und dass ist mein Partner Officer Brooks.“ „H-hallo.“ stotterte ich.
Okay, ganz ruhig, Anne. Ich musste mich beruhigen. Auf gar keinen Fall auffällig wirken. Ja nicht auffallen!
„Ehm. Dürfen wir reinkommen?“ fragte jetzt Officer Brooks. „Ja, aber natürlich!“ antwortete ich und wich zur Seite, damit die zwei Officer ins Haus eintreten konnten. Die zwei Officer sahen sich im Wohnzimmer um. In meinem unordentlichem Wohnzimmer. Ein schäbiges, altes Sofa, eine verstaubte Stehlampe und ein Röhrenfernseher waren zu sehen. Es war ziemlich stickig und es roch muffig. „Warum wir hier sind, ist weil ein Mädchen schon seit über 5 Jahren an der Underwood Schule vermisst wird. Und wir suchen immer noch nach ihr. Wir wollten wissen ob Sie etwas davon wissen, etwas mehr wissen als wir.“ sagte Officer Johnson.
Mein Herz pochte sehr schnell und der Schweiss rann mir den Nacken hinunter. Ich schüttelte langsam den Kopf. Ich zögerte lange, doch dann antwortete ich: „Nein. Ich kannte sie zwar, aber wir waren weder Feinde noch Freunde.“ Ohne wirklich auf meine Antwort zu achten, redete Officer Brooks weiter. „Wir wissen, dass Sie und Stella Hilary vor 5 Jahren einen Streit in der Schule hatten. Soviel wir wissen wollte sie ihnen mit der Faust ins Gesicht schlagen, weil Sie Stella Hilary ins Gesicht gespuckt haben. Wir haben das erst seit heute herausgefunden, weil ja viele Lehrer, Schüler und auch der Schuldirektor die Schule wechselten und wir Sie nicht abfragen konnten. Also nun zu unserer Frage. Warum haben sie Stella ins Gesicht gespuckt?“ Und bevor er sein Mund wieder öffnete um weiter zu reden, fiel ich ihm ins Wort. „Ja, ich hatte einen Streit mit ihr und ja ich habe ihr ins Gesicht gespuckt, aber es war wirklich nichts Ernstes. Ich habe das getan, weil sie mich angefangen hat zu beleidigen. Gleich danach wurden wir ins Rektor Zimmer gerufen, haben aber dann eine Lösung gefunden. Ich habe seit diesem Tag, Stella nie mehr wieder gesehen und ich hatte nie den Plan sie schwer zu verletzen. Eben wie schon gesagt, ich war ein wenig wütend und habe ihr ohne Absicht ins Gesicht gespuckt. Das war alles.“ Wow! Unglaublich das mir so schnell eine vernünftige Antwort einfiel! Die zwei Polizisten nickten stumm. „Okay. Wir melden uns wenn wir wieder ihre Hilfe brauchen. Vielen Dank für ihre Zeit, Miss.“ meinte der Officer Brooks. „Sie können wiederkommen wann sie wollen und ich helfe ihnen gerne. Auf Wiedersehen.“ Als ich die Haustür schloss, lehnte ich mich gegen die geschlossene Tür und stieß einen lauten erleichterten Seufzer aus. Ich wischte mir mit dem Handrücken diese ekligen Schweisstropfen weg und stieg auch schon die Treppen hinauf in mein Zimmer.