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Ich laufe durch das Museum. Er müsste bald das sein, er kommt bestimmt noch. Gelangweilt schaue ich auf meine Uhr, welche sich an meinem Handgelenk befindet. Er ist schon 20 Minuten zu spät. Ich seufze und setzte mich auf eine kleine Bank. Warum hab ich mich überhaupt darauf eingelassen? Er kommt sowieso nicht mehr.
Nachdem ich weitere 10 Minuten gewartet habe stehe ich auf, will das Museum verlassen. Auf meinem Weg komme ich an einem etwas versteckten, aber offenen Raum vorbei. War der eben auch schon da?, frage ich mich. Ich hab ihn bestimmt nur übersehen, denke ich weiter. Zwei junge Männer in meinem Alter, etwa mitte zwanzig, stehen in ihm und kicken einen kleinen roten Ball hin und her. Ich bleibe stehen und beobachte die Szene, die sich mir bietet. Gegenüber von mir, in dem Raum, ist eine große Holztür. Ich lege den Kopf schief, wo sie wohl hinführt? Im Augenwinkel sehe ich denn Ball auf mich zu rollen. Ich sehe runter und schieße den Ball zurück, sobald er meinen Fuß berührt. Als ich aufsehe blicke ich in die Gesichter der beiden Männer. Einer hat schwarze Haare, der andere blonde, beide sehen nicht so aus, als würden sie oft in Museen gehen, eher im Gegenteil. Sie sind dunkel gekleidet und relativ breit gebaut. Sie haben etwas gefährliches an sich, die Art von Typen denen man Abends lieber nicht begegnen möchte und trotzdem sehen sie freundlich aus. Beide Lächeln sie mich an. Oder grinsen sie? Der Blonde hebt den Ball auf und verschwindet in die Richtung, aus der ich gekommen bin, während der andere, an mir vorbei, in Richtung Eingangsbereich geht. Langsam gehe ich dem letzteren, mit den schwarzen Haaren, hinterher. Doch als wir beide im großen Foyer ankommen, biegt er nicht, wie von mir erwartet, zum Ausgang ab, sondern zur breiten Holztreppe, die in den unteren Teil des alten Museums führt.
Ich liebe alte Museen, alles ist aus Holz und es wird viel Wert auf Details gelegt. Große goldene Lampen mit vielen Verziehrungen hängen im ganzen Raum verteilt, was den Eingangsbereich, von dem aus man bis ins oberste Stockwerk hinauf schauen kann, freundlich erstrahlen lässt. Komplett in Gedanken versunken merke ich nicht, dass der Mann bereits unten angekommen ist. Mitten im Foyer stehend schaue ich zur Ausgangstür und wieder zurück zum Mann. Irgendwas sagt mir, dass ich noch nicht gehen soll, dass gleich was passiert. Diesem komischen Gefühl folgend, gehe ich langsam auf die Treppe zu, doch bleibe noch auf der ersten Stufe stehen. Ich beobachte den schwarzhaarigen einige Zeit wie er sich umguckt.
Plötzlich geht alles ganz schnell, so, dass Ich kaum folgen kann. Er macht einen Schritt zur Seite, verschwindet kurz aus meinem Blickfeld, taucht nur einen Augenblick später mit einem braunen Koffer aus Holz in der Hand wieder auf und läuft mit diesem auf eine Tür am anderen Ende des Raumes zu. Als die Sicherheitsleute bemerken, was vor sich geht, ist er mit samt Koffer bereits hinter der Tür verschwunden. Gespannt und etwas verwirrt beobachte ich das Geschehen. Ich nehme eine Bewegung aus dem seltsamen Raum, von dem ich eben kam, war. Und als ich meine Aufmerksamkeit dort hin lenke, wird mir klar wohin die Holztür führt. Nach unten, denn der Mann, der gerade noch unten durch die Tür gelaufen ist, joggt jetzt gemütlich und gerade Wegs auf mich zu. Und schon wieder läuft er gegen meiner Erwartungen nicht nach draußen. Nein, völlig entspannt, als wäre nicht das komplette Personal hinter ihm her, stellt er sich vor mich, nimmt meine Hand, legt sie um den Griff des Koffers, welcher erstaunlich leicht ist und flüstert mir ins Ohr: "Na los, das schaffst du." Ich gucke in verwirrt an, als er mir kurz danach tief in die Augen schaut. Er wendet seinen Blick ab und deutet mit einem nicken auf das Geländer des nächsten Stockes. Ich schaue kurz dort hin, dann etwas länger auf den Koffer. "Hey, du da!" Mein Kopf schellt zu dem Sicherheitsmann, welcher auf mich zu, die Treppe hoch läuft. Vom schwarzhaarigen keine Spur. Das Sicherheitspersonal ist hier ja echt schnell...nicht. Hastig blicke ich auf den Koffer und noch mal zum Geländer. Er ist gleich da, drängt mich mein Gehirn.
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Uuund 3.
Ich Schleuder den Koffer mit aller Kraft hoch in Richtung ersten Stocks. Volltreffer. Der Koffer rutscht unter dem Geländer durch und kommt kurze Zeit später zum stehen. Los, weg hier. So schnell ich kann laufe ich an der Treppe vorbei Richtung Toiletten. Im Augenwinkel kann ich noch erkennen wie der blonde Mann von eben den Koffer aufhebt und in den Aufzug steigt. Scheiße, warum bin ich nicht raus gelaufen. Ich hatte Panik. Oh man. Was mache ich jetzt? Ich öffne meine Tasche und ziehe meine schwarze Sweatshirtjacke raus. Als ich die Jacke an habe und mir noch einen Zopf gemacht habe, um ja nicht erkannt zu werden, gehe ich langsam und, hoffentlich, unauffällig raus. Als ich am Ausgang, ohne erstaunlicherweise irgendwelche Probleme zu haben, angekommen bin, verschnellern sich meine Schritte und als ich an der Straße angekommen bin renne ich bereits. Ich sprinte über die Straße und habe vor lauter Adrenalin das Auto übersehen, welches mich nur knapp verfehlt hat und mich jetzt anhuppt. Am anderen Ende der Straße angekommen stütze ich mich mit beiden Händen auf meinen Knien ab und atme erstmal aus. Nur einen Moment nachdem ich mich wieder aufgerichtet habe joggt der Mann mit den schwarzen Haaren hinter dem Museum hervor, an mir vorbei zu einem Gebüsch und zieht den Koffer, dessen Inhalt mir immernoch ein Rätsel ist, hervor. Verdutzt stehe ich da, doch er dreht sich nur noch ein letztes mal zu mir um, zwinkert und-
Ich wache auf. Was, wie, wo?
Als ich mich umsehe wird schnell klar, Ich bin ernsthaft im Museum eingeschlafen, während ich auf mein Date gewartet habe. Peinlich berührt stehe ich auf und mache mich, hoffend, dass mich niemand beim Schlafen gesehen hat, auf den Weg Richtung Ausgang. Als ich den Ausgang bereits sehe, rollt ein kleiner roter Ball in mein Blickfeld und als ich aufsehe traue ich meinen Augen nicht.

-Ende-

The Museum Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt