Eine unerwartete Begegnung

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Schon bald müssen wir uns entscheiden zwischen dem richtigen Weg und dem leichten.

-Albus P. W. B. Dumbledore



Hermine war auf dem Weg in die Bibliothek, als sie es hörte. Dieses Geräusch, wie das Wimmern eines verwundeten Tieres.

In Eile, da sie unbedingt mehr über diesen mysteriösen Halbblutprinz heraus finden wollte, sprintete die Schülerin durch die Korridore. Hermine hatte nicht viel Zeit. In wenigen Minuten würde der Zaubertränkeunterricht drunten in den Kerkern beginnen. Doch das hier war ihr wichtig. Wenn der ehemalige Besitzer des Schulbuchs möglicherweise schwarze Magie betrieben hatte, schwebte Harry in größter Gefahr. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn Harry noch ein mal einen Zauberspruch aus diesem abscheulichen Buch benutzen würde. Das eine Mal mit Ron hatte Hermine gereicht! War Harry denn des Wahnsinns, seinen besten Freund so mir nichts dir nichts am Fußgelenk von der Decke baumeln zu lassen? Was da alles hätte passieren können! Die Jungen hatten später darüber gelacht, doch Hermine verstand einfach nicht, was daran lustig sein sollte. Ihr bereitete das alles Kopfschmerzen. Ein Grund mehr, dem Ganzen ein Ende zu bereiten.

An der Ecke eines Korridors legte sie kurz eine Verschnaufpause ein. Die Gryffindor lehnte sich gegen die kühle Wand und wartete darauf das ihr Atem sich wieder normalisierte. Da hörte sie es.

Das Schluchzen kam aus dem Jungenklo. Die Tür war nur angelehnt und Hermine konnte in der Dunkelheit dahinter eine Gestalt erahnen.

Einen Moment wägte sie ab, ob sie nicht doch eher gehen sollte. Weiter gehen und tun sollte, als hätte sie nichts gemerkt. Doch schließlich entschied sie sich nachzusehen, was los war.

Hermine richtete sich auf und sah sich um. Wenn sie irgendjemand dabei erwischte, wie sie das Jungenbad betrat, würde es peinlich werden. Doch es war weit und breit keine Zaubererseele zu sehen.

Vorsichtig stieß Hermine die Tür auf und huschte ins Bad hinein.
Zunächst versteckte sie sich, um herauszufinden, wer dort stand und weinte.

Es war dunkel. Durch die verdreckten Fenster leuchtete das schwindende Abendlicht. Wasser rauschte: Vor einem großen Waschbecken stand ein Junge.

Es war ein älterer Schüler.
Blond und groß.
Seine Schultern zuckten und in einem Anfall von Wut zog er seinen Pullunder über den Kopf und warf ihn in die Ecke.

Dabei konnte Hermine einen Blick auf sein Gesicht erhaschen.

Sie sog scharf die Luft ein und keuchte, als ihr klar wurde, dass es Malfoy war. Alle möglichen Gedanken schossen der Schülerin durch den Kopf. Was konnte so schlimm sein, dass es einen Draco Malfoy derart aus der Fassung brachte?

Dieser stützte sich mit den Armen auf dem Waschbecken ab. Seine Ärmel waren hoch gekrempelt und Schluchzer schüttelten ihn.

Und das war der Moment, in dem Hermine sich entscheiden musste. Entscheiden, zwischen dem richtigen und dem leichten Weg.
Und sie wusste, dass es das Richtige war, da zu bleiben.

»Malfoy...?«
Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, als Hermine aus dem Schatten trat.

Wie vom Blitz getroffen fuhr der Slytherin herum.
Für einen Moment sah Hermine einen erschrocken Ausdruck über sein Gesicht huschen. Doch dann festigte sich seine Miene.

»Granger? Was machst du hier? Da ist... das ist ein Jungenklo!« Es waren nicht seine Worte, die das Mädchen zusammen zucken ließen, sondern der Ton seiner Stimme. Er klang so kraftlos, so ausgelaugt, so traurig und so hoffnungslos.

Hermine ging nicht weiter auf seine Worte ein, sondern fragte vorsichtig: »Warum weinst du?«

Malfoy lief rot an vor Wut und schrie: »Das geht dich rein gar nichts an!«

Er zog seinen Zauberstab, doch blitzschnell hatte Hermine ihren aus der Tasche gezogen und schoss einen Expelliarmus auf Malfoy ab.

Dieser stolperte zurück, während sein Zauberstab in hohem Bogen zur Seite flog.

Sein linker Fuß glitt über den nassen Boden und er rutschte aus. Mit einem dumpfen Geräusch landete er auf den harten Fliesen. Er stöhnte und hielt sich den Fuß.

»Malfoy!« stieß die Gryffindor aus und stürzte auf ihn zu. »Alles in Ordnung?«

Sie kniete sich zu ihm an die Wand und hob ihre Hand, um seinen Knöchel abzutasten, doch er zuckte zurück.

»Fass mich nicht an!« Malfoys Stimme war messerscharf.
Er rückte von dem Mädchen weg, streckte sein verletztes Bein aus und lehnte seinen Kopf gegen die Wand.

Hermine hörte ihn schwer atmen. Ein. Und aus. Ein und wieder aus. Sie schwieg. Wenn Malfoy sich öffnen würde, dann nur von sich aus. Eine Weile sagte keiner ein Wort.

Schließlich brach Malfoy das Schweigen. Seine Stimme war verändert. Ängstlich und der kühle Unterton war einem bekümmerten gewichen.

»Ich muss etwas tun. Etwas schlimmes. Mir wurde eine Aufgabe erteilt, aber ich...« Er stockte und riskierte einen Seitenblick. Hermine sah ihn unverwandt an.

»... ich kann das nicht. Und das wird mich teuer zu stehen kommen.« Vorsichtig linste Malfoy zu ihr, gespannt auf ihre Reaktion.

Und mit einem Mal wusste sie es. Wusste, wer Katie verflucht, wer Slughorn den Met gegeben hatte. Es ist war Malfoy gewesen.

Doch anstatt sauer zu sein, rückte Hermine auf ihn zu und umarmte ihn.

Die Schülerin merkte, wie Malfoy den Drang verspürte, sie von sich zu stoßen und eben das erwartete sie. Gleich würde er sie fort drücken, sie anschreien und dann wütend weg rennen.

Doch nichts der Gleichen geschah. Im Gegenteil: Malfoy schlang die Arme um Hermine und begann erneut zu weinen.


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Hey, ihr Lieben.
Ich hoffe mein Oneshot bezüglich Draco und Hermine hat euch gefallen!
Verbesserungsvorschläge nehme ich natürlich immer gerne an. Möglicherweise wird es irgendwann noch weitergehen, da dieser Oneshot eigentlich kein richtiges Dramione-Ende hat. Wenn aus diesem einen Teil aber wirklich noch eine Geschichte wird, kann das einige Zeit dauern.

Bis dann
-Luna

OS | Wenn Masken anfangen zu bröckelnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt