Vier Freunde

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Nach einem wirklich schönen und warmen Sommer wird es Herbst im beschaulichen Dorf Gadelin. Das Dorf liegt westlich in dem Land Nordbachinien und ist von großen Seen umgeben. Jenseits der sichtbar sehr sauberen Seen, sind bei Nacht die großen beleuchteten Städte zu erahnen. Bunte Blätter sind seit einer Woche mehr und mehr zu sehen. Die letzten Blumen graben sich den Weg durch die weiche fruchtbare Erde und die Bäume verlieren schon einzelne Blätter. Es ist mit vierundzwanzig Grad ziemlich warm für diese Jahreszeit. Gadelin hat etwas über zweihundert Einwohner, die Häuser sind großzügig verteilt da die einzelnen Grundstücke durch viel Gemeindeland und Landwirtschaft getrennt sind. Bassam und seine Frau Luci haben im letzten Jahr ein Haus auf dem Grundstück seiner Eltern gebaut und nun für den nächsten Winter einen Kamin nachgerüstet. Es ist eine Jugendliebe, sie haben erst vor zwei Jahren geheiratet. Bassams Vater hatte darauf bestanden. Seine Mutter sagte zu Bassam, dass sein Vater, sich keine andere Schwiegertochter vorstellen könnte. Zufrieden und voller Tatendrang ist Bassam dabei, die alten Eichen, die für den Hausbau weichen mussten, in kleine handliche Stücke zu zerlegen. Das Handy klingelt, „Hallo? Bassam am Apparat." Am anderen Ende eine nervig quietschige Stimme, „Hallo, Bassam! Hier ist Ina Henning..., es tut uns wirklich Leid aber wir müssen den erteilten Auftrag wieder zurückziehen - die Versicherung zahlt den Wasserschaden doch nicht." Bassam erwidert mit ruhiger Stimme, „Alles klar, hört sich nach etwas Urlaub an..." Entnervt schaut er sein Telefon an, und legt auf. Das hatte ihm gerade noch gefehlt, die Materialien sind schon bestellt, hoffentlich kann er sie noch abbestellen. Die Muskeln zu Stahl angespannt, rammt er die Axt in den Hauklotz und geht ins Haus um den bestellten Parkettboden wieder abzubestellen...Ein paar Stunden nachdem er telefonisch mit viel Charme, die Materialbestellung storniert hatte, taucht sein Freund und Nachbar Arsen bei ihm auf. Er hat das baufällige Haus auf dem Nachbargrundstück, welches rückseitig an einen Wald grenzt. Arsen und Bassam lernten sich kennen, als Arsens Mutter immer mal wieder auf den kleinen Bassam aufgepasst hatte, um sich ein wenig Geld dazu zu verdienen. Es war eine schwere Zeit für seine Mutter, ihr Mann ist als Arsen erst zehn Jahre alt war, im Gadeliner See ertrunken. Die Leute denken, dass dies vielleicht auch der Grund war, warum sich seine Mutter später das Leben genommen hat. „Hey Ars wie geht es dir, willst du etwas trinken, Kaffee, Tee?" , fragt Bassam. Arsen lächelt freundlich. „Ich nehme mir schon, danke" , entgegnet er ihm. „Sag mal Bassam, hast du heute in zwei Wochen schon etwas vor? Ich habe einen größeren Auftrag angenommen, den schaffe ich aber nicht allein!" , und sieht ihn mit erwartungsvoll großen Augen an. Allein dem zufriedenen Lächeln von Bassam kann Arsen entnehmen, dass er hier Hilfe bekommt. Nachdem die beiden die Modalitäten ausgemacht haben, schwellen sie in Erinnerungen und erzählen sich Geschichten, was sie schon für Fische hier im See gefangen haben. Worauf hin Luci sich einmischt und sagt, „Jungs, warum fahrt ihr nicht mal wieder auf die Insel, ihr habt doch noch zwei Wochen Zeit. Wer weiß schon wann ihr mal wieder so eine Gelegenheit habt." Die beiden sehen sich an, Arsen nickt Bassam zu und meint „Coole Idee, lass uns mal heute Abend mit Olaf und Holger darüber reden, du kommst doch oder?" Bassam schaut fragend seine Frau an, zuckt mit den Schultern und meint, „Ja, ich denke schon. Das Spiel will ich auch sehen...!" Auf die Insel Dunkler Reppin, gingen die Jungs früher oft campen, meist um zu Angeln und um vor ihren Eltern zu fliehen. Die Insel wird von den meisten Leuten gemieden, da sich hier vor langer Zeit ein Unglück ereignete. Damals lebte hier eine Familie mit ihren beiden Töchtern in einer schönen Villa. Heute sieht man auf den etwa 2500 Quadratmetern, nur noch bei genauem Hinsehen, die abgebrannten Reste einer Ruine und die zugewucherten Teile vom Keller der Villa. Vom Ufer aus bis zur Insel sind es mindestens drei Kilometer, von dort aus, kann niemand mehr etwas auf der Insel erkennen. Es ist schon kurz vor zwanzig Uhr, Olaf und Holger haben gerade gegessen und beim ersehnten Fußballspiel zwischen FC Astaf und FC Gardelan ist gleich Anpfiff. Draußen ist es schon dunkel, als die Scheinwerfer von Bassams Geländewagen den Raum erhellen. „Ahh da sind sie ja.", meint Holger mit seiner tiefen Stimme. Bassam betritt gefolgt von Arsen das Lokal, der sich beim reinkommen gleich mal bei der Bedienung einen Kuss abholt. „Hallo Schatz! Bringst du uns gleich mal ein Bier, bitte!?" , flüstert Arsen ihr zu. Kathi antwortet mit lüsterner Stimme, „Klar Baby, kommt gleich." Nach einer zähen ersten Halbzeit mit wenigen Highlights kommt Bassam langsam zur Sache. Bassam verschränkt seine durchtrainierten Arme auf dem Tisch und sagt mit ernster Stimme, „Jungs, der Auftrag von den Hennings ist ins Wasser gefallen. Ich habe erstmal keine Arbeit für euch." Holger wischt sich mit dem Handrücken die Nase und fragt, „Und jetzt?" Sich zurücklehnend und wieder die Arme vor der Brust verschränkend, sieht Bassam Holger und Olaf an und antwortet, „Ja..., aber der nächste große Auftrag ist schon da. Allerdings erst in zwei Wochen, da springt dann auch noch ein Bonus raus." In dem Gesicht von Olaf ist Erleichterung zu sehen. Holger meint aber nur, „Na super, zwei Wochen Langeweile!" "Nein!" , fährt Arsen ihm ins Wort. "Wir wollten euch fragen, ob ihr Lust habt mit auf die dunkle Reppin zu kommen." , verkündet Bassam, während er sich mit der Hand in den Nacken greift. Voller Begeisterung verabreden sie sich für den nächsten Tag und treffen sich morgens am Schuppen neben dem Haus von Bassam. Es ist neun Uhr in der früh, als sie sich mit einem leckeren Kaffee von Luci stärken und den Geländewagen beladen.Da sie für die nächsten zehn Tage nicht mehr von der Insel kommen wollen, nehmen Sie dieses mal wirklich viele Sachen mit und versuchen auch nichts wichtiges zu vergessen. Zelte, Planen, Töpfe, Besteck, zwei Kisten Bier, diverse Lebensmittel, Gewürze, Schlafsäcke, Kleidung, Kescher, einige Angeln, Radio, Gaskocher und und und. Einfache, alkoholfreie Getränke brauchen sie nicht auf die Insel mitzunehmen, da es dort eine Quelle gibt, die sogar Trinkwasserqualität besitzt. Bassam verabschiedet sich von seiner Frau als würde er noch am Abend wieder zurück sein und schwingt sich zu den anderen in den Wagen. Der Astafer See ist zwar durch einen etwa vier Kilometer langen Weg zu erreichen, allerdings durch einen verwucherten Wald und absolut unwegsames Gelände. Die beiden Ruderboote mit denen die vier zur Insel wollen, sind noch etwa einhundert Meter vom Weg entfernt im Wald versteckt, damit sie nicht auch noch auf wundersame Weise verschwinden. Da sich die Männer nun im Naturschutzgebiet befinden und das Durchfahren hier verboten ist, decken sie den Geländewagen mit dem Tarnnetz von den Ruderbooten ab, um Ärger zu vermeiden. Sie beladen die Boote und machen sich auf zur Insel. Das Wetter ist heute nicht das beste, es regnet schon seit einer Stunde durchgehend. Auf halbem Weg zur Insel merken Arsen und Bassam die in einem der Boote sitzen, dass sich in ihrem Boot ein Leck befindet und immer größer zu werden scheint. Mit lauterer Stimme bricht Arsen heraus, "Bassam du musst rudern, ich mach das Loch zu!" Arsen versucht mit einigen Kleidungsstücken das Loch abzudichten, doch es will ihm einfach nicht gelingen. Er hält seine Jacke und ein Handtuch, mit den Händen auf das Loch, doch es spritzt an den Seiten immer weiter in das Boot hinein. "Es geht nicht!!" , schreit Arsen leicht panisch. Bis zur Insel ist es noch etwas mehr als über die Hälfte an Weg zurückzulegen. Bassam versucht Arsen zu beruhigen und sagt mit ruhiger Stimme, "Hey Ars, komm ruder du mal, ich habe eine Idee." Er übergibt Arsen die Riemen und fängt an etwas in den Rucksäcken zu suchen. "Was suchst du denn?" ,fragt Arsen. "Einen Topf" ,antwortet Bassam nach einer Weile. Bassam war klar, dass er das Loch nur stopfen konnte wenn er von außen an das Boot könnte, alles andere würde durch den Wasserdruck immer nur den Flicken wieder lösen. Die Füße bis zu den Hosen und die Rucksäcke nass, das Boot halb voll mit Wasser und die beiden Männer völlig erledigt, legen sie an der Insel an und ziehen das Boot ans Ufer um dann schnell die nassen Sachen aus den Rucksäcken zu befreien. Kurz nachdem die Männer die Boote entladen haben, klart das Wetter wieder auf, so dass die kraftvolle Sonne die gerade aufgehängten Sachen wieder trocknen kann. Als erstes bauen die Männer ihre Zelte auf, als wäre es ihnen eingedrillt worden. Holger der früher im Ruderverein trainierte und so eckig und breit ist, wie eine Schrankwand geht Holz sammeln und bringt zum Erstaunen der anderen, zwei dicke Baumstämme mit. Er lässt sie auf den Boden fallen und teilt den anderen mit, "Die hier sind nur zum sitzen!" Woraufhin die anderen schnell beipflichten indem sie ihm zunicken. Nachdem Holger mit Hilfe der anderen genug Holz gesammelt hat und es schön aufgestellt hat will Olaf nun das Feuer anfachen und sucht verzweifelt ein Feuerzeug oder Streichhölzer in den Rucksäcken. Als er dann endlich welche findet, sind sie nicht mehr zu gebrauchen, da sie durch und durch nass geworden sind. Olaf wischt sich die nassen Hände an seiner Hose ab und flucht laut los, "Und wie sollen wir jetzt Feuer machen???" Er weiss nicht das Bassam ein Hobby Survival Begeisterter ist. Er hat so ziemlich alles gesehen und gelesen was mit dem Thema zusammenhängt, kann aber nur die Theorie beisteuern. "Hey Bassam jetzt kannst du dich mal beweisen, zeig uns wie man Feuer macht." , schreit Arsen spöttisch herüber. Dieser ruft aber zurück, "Du kannst ja gern zurückrudern und ein Feuerzeug holen!" Arsen macht sich aber nur ein Bier auf und lässt sich auf den neuen Sitzgelegenheiten nieder. Während die anderen sich dazu gesetzt haben und sich über Bassam lustig machen, sammelt dieser Zündwolle aus Nestern, trockenem Gras und abgeschabtes Holz welches er zu einer Kugel formt. Außerdem holt er zwei gerade Hölzer unterschiedlicher Bäume die schön trocken sind. Nun spaltet er mit Hilfe seines Messers eins der geraden Hölzer. Dann macht er an der geraden gespaltenen Seite, eine kleine Furche der Länge nach in das Holz. Auf der runden Rückseite am hinteren Viertel macht er mit dem Messer ein Loch in das Holz und zwar so, dass auf der geraden Seite das Loch nicht größer als fünf Millimeter ist. Nun legt er das gespaltene Holz mit der Furche so auf dem Boden, dass die Furche nach oben zeigt. Unter das Loch legt er nun ein großes Blatt damit die Glut hierauf fallen kann. Bassam wickelt nun ein Shirt um das eine Ende des nicht gespaltenen Holzes und reibt diese Hölzer so lange aneinander bis nach ein paar Minuten die gewünschte Glut durch das Loch auf das Blatt fällt. Schnell und vorsichtig nimmt Bassam die Glut und lässt sie in das Nest aus Holzfasern und Zündwolle fallen, er pustet vorsichtig bis das Nest in Flammen steht und will das aufgeschichtete Holz anzünden. Leider war aber die Menge an Zündwolle und Holzfasern viel zu wenig, so dass die Flamme sehr schnell wieder aus war. Völlig deprimiert setzt sich Bassam zu seinen Freunden und sagt, "Verdammt nochmal das habe ich mir einfacher vorgestellt. Will nicht doch jemand ein Feuerzeug holen?" Noch sichtlich begeistert von der Art und angetan von der Geschwindigkeit, wie schnell Bassam da ein Feuer gezaubert hatte, reden ihm nun alle zu, dass er das so super gemacht hat, er solle es noch einmal versuchen. Gestärkt von der Zusprache und dem Versprechen, dass nun alle sammeln helfen um genug Zündmaterial zu haben, war das Feuer schnell gemacht und sie konnten ihre erste Mahlzeit zubereiten. Natürlich kennt Bassam noch unzählige andere Arten, ein Feuer einfacher zu machen, wie zum Beispiel mit einer Batterie aus dem Radio oder einem Stück Glas von einer Bierflasche, allerdings wollte er es sich beweisen, auch so ein Feuer machen zu können. Frisch gestärkt, machen die vier Freunde ihre Angeln fertig und sprechen sich ab wer wo angelt. Olaf angelt ganz herkömmlich mit einem Wurm am Haken und verspricht sich davon einen Aal oder einen Barsch zu fangen und benötigt daher nicht so viel Platz. Holger und Arsen wollen auf größere Raubfische gehen und teilen sich einen Platz nahe Nähe einer kleinen Sandbank und angeln mit dem Blinker. Bassam will Karpfenangeln und stellt seine zwei Angeln in der Nähe der Boote auf, nur für den Fall, dass er doch mal in das Wasser muss. Da das Karpfenangeln eine sehr langwierige Sache ist, hat Bassam sich ein paar Bissanzeiger gebaut, die Alarm schlagen wenn ein Karpfen anbeissen sollte. Lange Zeit passiert einfach nichts, die vier werfen ihre Angeln aus und holen sie wieder ein ohne etwas am Haken zu haben. Doch dann endlich, der ersehnte Biss an Olafs Angel, nach kurzem zurückreißen der Angel ist der Fisch am Haken. Gekonnt holt Olaf die Angel ein und muss zu seinem Bedauern feststellen, dass es nur ein kleines Rotauge ist das sich an seinem Köder zu schaffen gemacht hatte. "Heute ist kein guter Tag zum Angeln!" ,ruft Holger und packt seine Angel zur Seite. "Ja, das Wetter ist viel zu schön" , bestätigt Arsen, aber angelt weiter. Bassam kennt das schon, Karpfenangeln ist etwas für geduldige, eine Tatsache die ihm eigentlich vollkommen widerspricht. Doch bei dieser Tätigkeit hat er die Ruhe weg. Da seine Angeln sich sowieso neben den Booten befinden, hat er beschlossen, sich dem kaputten Boot zu widmen. Er dreht das Boot um, so das er besser an die Unterseite herankommt. Das Boot benötigt ein Stück Brett das man austauschen müsste. Leider haben sie aber auf der Insel keine Bretter und auch keine Schrauben oder Nägel, einen Kleber haben sie aber auch nicht. Bassam trennt aus dem oberen Teil des Bootes ein Stück Brett heraus um dieses dann unten einzusetzen. Da keine Befestigungsmöglichkeiten vorhanden sind, geht Bassam auf die Suche nach Kiefern da sich dort oftmals an abgebrochenen Ästen, Harz ansammelt. Er kratzt das Harz ab und nimmt es mit zum Feuer. Dort angekommen, sucht sich Bassam, um eine gerade Fläche zu haben, einen Stein den er halbieren kann und verteilt das Harz darauf. Den belegten Stein, legt Bassam nun vorsichtig in die Glut damit das Harz heiß wird. Er achtet darauf, dass es nur langsam heiß wird, da es sonst ganz schnell zu brennen anfängt oder seine Klebkraft verliert. Nachdem der nun fertige Kleber einsatzbereit ist, nimmt Bassam ihn mit zum Boot und bestreicht das herausgetrennte Stück Holz großzügig mit dem Kleber. Danach nimmt er etwas von der Asche aus dem Feuer und gibt sie als Härter auf das Harz und klebt das Holz auf die Leckage. Als die ganze Sache nun ausgehärtet ist, nimmt Bassam wieder etwas von dem Harz und dichtet die eventuellen Undichtigkeiten restlos ab. Die Stunden vergehen, Olaf hat mittlerweile schon zwei ansehnliche Aale gefangen. Holger und Arsen halten nur mit je einem kleinem Barsch dagegen. Bassam hat leider noch nichts gefangen, was ihn aber auch nicht weiter irritiert. Er wechselt nochmal den Köder, bevor er mit den anderen das Feuer für die Nacht schürt, um dann den gefangenen Fisch zubereiten zu können. Ein Glück haben die vier noch viele andere Lebensmittel, wie zum Beispiel Kartoffeln und Zwiebeln dabei, ansonsten wäre ihr Abendmahl wohl sehr dürftig ausgefallen. Es ist fast drei Uhr in der Nacht, die vier Männer liegen in ihren Schlafsäcken und träumen vor sich hin. Plötzlich ein Höllenlärm auf der Insel, ein Ohrenbetäubendes Geräusch, reißt die vier aus ihren Träumen. Arsen ist der erste der aufschreckt und sich in seinem kleinem Zelt hinstellt, so dass es von außen aussieht, als versuche er sich mit dem Zelt zu bekleiden... Bassam kommt mitsamt dem Schlafsack aus dem Zelt gelaufen, aber fällt immer wieder hin, während er orientierungslos in Richtung Wasser läuft... Holger krabbelt mit der Taschenlampe am Kopf vorweg aus dem Zelt und fragt Olaf, der noch auf der Suche nach dem Reißverschluss vom Zelt ist, was da los ist. Als die beiden, Bassams Laufversuche mit seinem Schlafsack sehen, brechen sie in schallendes Gelächter aus. Die Bissanzeiger von Bassam, welche mit einhundertzwanzig deziBel Alarm schlagen, wollen vermitteln, dass ein Fisch an der Angel ist. Bassam hat sich nun endlich von seinem lästigen Schlafsack befreit, nimmt die Angel in die Hand und muss gleich mal feststellen, dass es sich keinesfalls um einen kleinen Fisch handelt. Behutsam versucht er die Schnur mit der Rolle einzuholen, doch der Fisch am Haken hat andere Pläne. "Karpfen angeln ist nicht so einfach, den muss man erst müde machen!" , erklärt Bassam angestrengt. Als er bemerkt, dass der Fisch die Sehne fast zerreißt, entschließt er sich, den Fisch im Boot weiter zu drillen. Er steigt in das Boot und lässt sich von dem Fisch über den See ziehen bis dieser müde wird. Nach einem etwa zweistündigem Kampf holt Bassam langsam die Schnur ein, er lässt den Fisch aber noch im Wasser und fährt mit ihm wieder zur Insel. Dort angekommen ruft Bassam mit flüsternder Stimme, "Ars, komm mal, hilf mir bitte mit dem Kescher...!" Arsen schiebt den Kescher vorsichtig unter den Fisch und versucht ihn aus dem Wasser zu heben. Nun sind sie sich sicher, es ist wirklich ein Karpfen, ein riesiger Karpfen. Arsen kann das schwere Vieh gar nicht aus dem Wasser heben, er muss ihn rausziehen, einfach an Land über den Sand ziehen. Außerhalb des Wassers kann man das ganze Ausmaß sehen, der Karpfen ist geschätzt einen Meter lang und mindestens fünfundfünfzig Zentimeter hoch. Bassam schätzt den Karpfen auf etwa zwölf Kilogramm, er entfernt den Haken aus seinem Maul und schiebt ihn zurück ins Wasser. "Was soll das denn???" ,schreit Arsen empört. "Den kannst du nicht essen, Ars. Wenn die so groß sind dann schmecken die nur noch nach Motter...ungenießbar!" , antwortet Bassam und gibt dem Karpfen den letzten Schubs. Kaum wieder Wasser unter dem Bauch, erwacht der Karpfen wieder zum Leben und macht die beiden Hobbyangler mit einer Welle nass, bevor er dann, in den von der Nacht in schwarz gefärbten Tiefen des Sees verschwindet. Am nächsten Morgen, wird beim Frühstück die Nacht nochmal unter lautem Lachen ausgewertet. Da Arsen und Holger am Vortag nicht so viel Glück beim Angeln gehabt haben, entscheiden sie sich dafür heute mit dem geflickten Boot rauszufahren und dort ihr Glück zu versuchen. Bassam macht das gleiche wie am Tag davor, nimmt nur andere Köder. Olaf wechselt auch nur sein Fanggebiet und verspricht lauthals, mindestens fünf Fische die auch zum Essen geeignet sind zu fangen. Nach der Sonne zu urteilen, ist es jetzt ungefähr elf Uhr, als Arsen und Holger noch immer mit dem Boot unterwegs sind. Sie haben Mittlerweile jeder schon drei ansehnliche Barsche gefangen und rudern jetzt wieder zur Insel, weil sie Hunger verspüren. Die Insel ist noch etwa siebenhundert Meter entfernt, als Holger ausversehen mit dem Fuß in das ausgebesserte Leck mit dem Fuß tritt. Sofort dringt massiv Wasser in das Boot ein, Holger versucht es mit seinen Händen zu zuhalten und schreit, "Ruder schneller sonst sinken wir!" Keine hundert Meter weiter, ist das Boot nun so voll gelaufen, dass es keinen Sinn mehr hat es weiter zu versuchen. Das Boot sinkt, die Angeln und gefangenen Fische sind auch weg. Gemeinsam schwimmen sie zur Insel, wobei Holger sich währenddessen bei Arsen entschuldigt. Arsen erwidert aber nur, "Brauchst dich nicht entschuldigen, falsches Boot." Auf der Insel angekommen, trocknen die beiden ihre Sachen und verkriechen sich in ihren Zelten um sich aufzuwärmen. Da Olaf Mittlerweile schon sechs gute Barsche und einen großen Aal gefangen hat, dachte sich Bassam es wäre gut die Fische zu räuchern, weil es zum einen lecker ist und zum zweiten werden sich die Fische um einiges länger halten. Also reibt er die Fische mit Salz ein und hängt sie in einer Mülltüte an einen Baum. Dann hebt er einen kleinen Graben aus der nicht tiefer als zwanzig Zentimeter ist, er soll später als Belüftung dienen. Am Ende des Grabens macht er eine kleine Feuerstelle die ringsum mit Steinen erhöht wird, um darauf das mitgebrachte Grillrost zu legen. Um die Feuerstelle herum, steckt Bassam etwa einen Meter lange Stöcher in die Erde, die er danach untereinander am oberen Ende zu einem Dreieck verbindet. Auf den Grillrost stellt er einen Topf in dem sich eingeweichte Holzschnipsel befinden, sie sollen nachher den Rauch entwickeln. Über die Stöcker legt er jetzt eine in Wasser eingeweichte alte Decke, welche verhindern soll, dass der Rauch entweicht. Nachdem die Fische etwa drei Stunden in Salz eingelegt waren, hängt Olaf die Fische mit Hilfe von Draht über den Topf und zündet das kleine Feuer an. Der rauchige Geruch verteilt sich auf der ganzen Insel und treibt Holger und Arsen aus ihren Zelten. Der Fisch muss am Anfang bei etwas höherer Temperatur durchgegart werden. Man kann es gut erkennen, wann diese Phase abgeschlossen ist in dem man darauf achtet, dass sich die Bauchlappen schön spreizen. Sollte es zu heiss gewesen sein, wäre die Haut des Fisches aufgerissen. Danach wird die Temperatur gedrosselt und mehr Rauch erzeugt. Kurze Zeit später, ist der Räucherfisch fertig und die vier Männer genießen ihre Beute. Aufgrund dessen, dass Olaf zur Zeit der erfolgreichste Angler ist, entschließen sich die Freunde in nächster Zeit nur noch nach seiner Methode zu Angeln. Der zweite Tag geht zur Neige. Am nächsten Morgen sitzen die Freunde bei einer frischen Tasse Kaffee am Feuer, als plötzlich zwei Kampfjets über dem See, mit einem lauten Knall die Schallmauer durchbrechen. Den Männern fällt vor Schreck fast der Kaffee aus den Händen. "Ist das nicht verboten?" ,fragt Holger. "Soviel ich weiß, ja." ,antwortet Bassam. "Wenn ich hier Empfang hätte, würde ich das melden!" ,schimpft Olaf der selbst gerne fliegt. Etwa eine Stunde später überfliegen ein Dutzend Helikopter den See in Richtung Astaf. Arsen fasst sich nachdenklich an die Stirn und meint, "Da muss etwas passiert sein!" Über der Stadt Astaf, braut sich etwas zusammen, es könnte eine Gewitterwolke sein, das würde auch nahelegen warum es aus der Richtung die ganze Zeit donnert. Bis zum Abend passiert nichts mehr. In der Dämmerung scheint es aber als würde die Stadt brennen. Bassam macht das Radio an um zu hören ob in Astaf etwas passiert ist. Doch kein einziger Sender ist zu empfangen, immer nur kurze Bruchstücke von Worten die den Weg durch die Lautsprecher finden. Bassam versucht es ein letztes mal mit dem Radio, er drückt den Knopf für seinen Lieblingssender, doch es passiert nichts. Enttäuscht davon keine Informationen erhalten zu haben, stößt er das Radio zur Seite und wendet sich wieder seinen Freunden zu. Die Nacht bricht ein, aus der Stadt Astaf sind noch immer Donner zu hören. Keiner der Männer glaubt noch an ein Gewitter, mit dem Ungewissen und einem schlechten Gefühl in der Magengegend versuchen sie zu schlafen. Es ist etwa ein Uhr in der Nacht, als auf der Insel ganz leise eine Musik ertönt. Bassam wird wach, die Musik ist beängstigend, fast wie in einem schlechten Horrorfilm. Er kommt langsam aus seinem Zelt. Die Augen weit aufgerissen versucht er mit seiner Taschenlampe die Quelle der Musik zu finden. Nahe der Feuerstelle liegt das Radio, er hatte es nicht ausgemacht. Er nimmt das Radio und versucht die anderen Sender. Alle Sender sind wieder zu empfangen, doch irgendetwas ist anders. Die Musik, sie ist ganz anders als sonst. Am nächsten Morgen, erzählt Bassam den anderen von seiner nächtlichen Entdeckung. Um zu hören, ob seine Freunde die gleiche Empfindung haben, macht Bassam das Radio noch einmal an. Tatsächlich, die Musik unterscheidet sich sehr von der die sonst auf den Sendern zu hören ist. Da wo sonst Rock und Pop oder Elektro zu hören ist, gibt es jetzt nur noch Klassik oder Marschmusik. Die Nachrichten die sonst zu jeder halben und vollen Stunde gesendet werden, fallen komplett aus. "Das ganze ist doch schon recht eigenartig." ,findet Arsen. Etwas irritiert von den Vorkommnissen, aber nicht weiter beunruhigt, gehen die vier wieder ihren Beschäftigungen nach. Sie angeln, schnitzen, räuchern und sitzen am Feuer um sich amüsant zu unterhalten oder sich ernsthaften Gesprächen zu widmen. Die Zeit vergeht wie im Flug, als sich Olaf nachdem er einen Fisch an Land gezogen hat und diesem vom Haken machen will, tief in seine Hand schneidet. Sofort versucht Arsen ihm zu helfen, in dem er ihm einen Verband anlegt. Seine Wunde ist jedoch so tief und stark blutend, dass Holger sich entschließt mit Olaf ins Boot zu setzen und nach Gadelin zu Dr.Hessel zu fahren. Auf der Hälfte des Weges, hat Olaf schon so viel Blut verloren, dass sein Gesicht schon ganz weiß geworden ist. Er ist kaum noch ansprechbar. Das letzte Mal, als sich Holger nur ein wenig geschnitten hatte, ist Olaf bei dem Anblick fast ohnmächtig geworden. Man musste ihm mehr helfen als Holger mit seiner kleinen Schnittwunde. Es ist nicht mehr weit bis an das Ufer, Holger ist zwar früher viel gerudert, hat sich aber so verausgabt, dass er nur noch aus den letzten Kraftreserven schöpfen kann um das Ufer zu erreichen. Endlich angekommen, rennt Holger zum versteckten Geländewagen und holt ein paar Dextrose Tabletten aus dem Handschuhfach die Bassam für seinen Vater immer dabei hat. Er gibt Olaf die Tabletten, der diese gleich zu sich nimmt und es ihm danach sichtlich besser geht.

Dunkler Reppin - Survival GuideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt