Man erzählt mir ,dass Onkel Paolo mich am Tag meiner Geburt an seinen weißen Laborkittel drückte und flüsterte <Sie ist Perfekt>. Sechzehn Jahre später sagen Sie das immer noch. Jeden Tag höre ich das Wort, von den Wissenschaftlern oder Wachleuten, von meiner Mutter oder von Tante Bridgid. Perfekt.
Sie sagen auch andere Dingen. Dass ich die einzige meiner Art sei, zumindest bis jetzt. Dass ich die Krone der Schöpfung sei, eine Göttin aus Fleisch und Blut. Du bist unsterblich Pia und du bist perfekt sagen sie.
Doch während ich hinter Onkel Paolo zum Labor trotte, die Schnürsenkel meiner Stiefel im Dreck schleifen und meine Hände einen flatternden Sperling umschließen, fühle ich mich alles andere als perfekt.
Der Dschungel außerhalb des Geländes ist unruhiger als sonst. Der Wind der den Duft von Orchideen mitbringt, streicht durch die Kapokbäume und Palmen, als suchte er nach etwas Verlorenem. Die Luft ist so feucht, dass sie auf meiner Haut und auf Onkel Paolos grau meliertem Haar fast wie von Zauberhand Wassertröpfchen bilden. Als wir durch den Garten gehen, streifen schwer herabhängende Passionsblumen und stachelige Helikonien meine Beine und überziehen meine Stiefel mit Tau. Überall ist Wasser, aber das ist im Regenwald ja normal. Nur dass es sich heute kälter anfühlt, weniger erfrischend,aggressiver.
Heute ist ein Testtag. Die Tests heißen Wickham-Tests und sie finden nur alle paar Monate statt, oft ohne jede Vorwarnung. Als ich heute Morgen in meinem Schlafzimmer mit den gläsernen Wänden aufgewacht bin, dachte ich, mich erwarte das Übliche: für Onkel Antonio Gattungs- und Artenbezeichnungen aufsagen, mit Onkel Jakob unter dem Mikroskop Algenproben vergleichen und danach, vielleicht, ausgiebig im Pool schwimmen. Stattdessen begrüßte mich meine Mutter mit der Mitteilung, dass Onkel Paolo beschlossen habe, heute einen Test abzuhalten. Danach zog sie gut gelaunt wieder ab und ich musste mich in aller Eile fertig machen. Ich hatte nicht einmal Zeit die Schnürsenkel zuzubinden.
Und da bin ich nun keine zehn Minuten später.
Der Vogel in meinen Händen kämpft unermüdlich. Er kratzt mir seinen einzigen Krallen an meinen Handflächen und hackt mit dem Schnabel nach meinen Fingerspitzen. Er hat keine Chance. Seine Krallen sind scharf genug, um die Haut aufzuritzen - nur nicht meine Haut. Wahrscheinlich hat Onkel Paolo deshalb mich gebeten ihn zu tragen und tut es nicht selbst.
Mag ja sein, dass man meiner Haut keine Verletzungen zufügen kann, aber sie fühlt sich drei Nummern zu klein an und ich muss mich richtig anstrengen, um regelmäßig zu atmen. Mein Herz flattert hektischer als der Vogel.
Testtag!!!---------------------------------------------
Hallo das ist meine neue Geschichte ich hoffe sie gefällt euch
Lg Vanessa♥️😘
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Die Einzige
RomanceDer Dschungel verbirgt ein Mädchen, das nicht sterben kann. Als Pia ihm begegnet, weiß sie nicht, wohin sie blicken soll. Diese unglaublich blauen Augen. Seine Lippen, die ihren Namen so aussprechen wie niemand zuvor. Pia weiß, dass Eio sterblich is...