Ein weiterer Besuch im Caféhaus

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Inzwischen war eine Woche vergangen und Benjamin wollte dem Café mal wieder einen Besuch abstatten.

Er schnappte sich seine Jacke und machte sich auf, schwang sich auf sein Fahrrad und fuhr in die Innenstadt. Dort angekommen, schloss er seinen Drahtesel ab und betrat das niedliche Caféhaus.

Stegi sah sich um. Es war halb vier am Spätnachmittag und demnach hatte es sich schon etwas geleert. Also steuerte er auf einen kleinen Tisch am Fenster zu, allerdings mit einem guten Blick auf die Theke und die Tür, die in die Küche führte.

Nach kurzem Warten kam Vanessa, Tim's Schwester zu ihm und fragte ihn, was es denn diesmal sein durfte. Der Blonde war überrascht, dass sie sich noch an ihn erinnerte, sprach sie aber nicht darauf an. "Einen Latte Macciatto mit Cookie Flavour bitte", lächelte er ihr zu. 

"Sehr gerne, kleinen Moment nur", meinte Vanessa.

Eine Minute später kam sie mit dem Glas wieder. Stegi bedankte sich und Vanessa ging zurück an die Theke.

Der Blonde steckte den beigelegten Strohalm ins Glas und nahm einen Schluck. Es schmeckte perfekt. Er angelte den kleinen Keks vom Teller und wollte ihn gerade in den Milchschaum tauchen, als ihm der Kakao auf dem Schaum auffiel. Den hatte er letzte Woche noch nicht. Ein kunstvolles Herz lachte ihm entgegen. So wie die, die man immer in den Zeitschriften sieht. Er lächelte und tunkte dann seinen Keks ein und schob ihn sich genüsslich in den Mund. 
Zartbittere Schokolade berührte seine Zunge. Einfach nur perfekt in der Kombination mit seinem süßen Heißgetränk.

Benjamin kramte in seinem Rucksack nach seinem Grafiktablett, er wollte an seinem aktuellen Entwurf weiter arbeiten, denn die Atmosphäre in diesem Café war für ihn die pure Inspiration. Die Ruhe, die Menschen hier, die Menschen, die draußen durch die Passage liefen.
Ihm fiel eine neue Idee für eine Zeichnung ein. Schnell speicherte er seinen Fortschritt und öffnete ein blankes Dokument. 
Eine Frau im gelben Sommerkleid, mit schwarzem Sonnenhut, barfuß auf einem Fahrrad sitzend. Er begann seine Skizze mit leicht fahrigen Bewegungen zu malen.

Er lächelte und sah von seinem Tablett auf. Kurz erschrak er, als er feststellte, dass Vanessa ihm auf einem umgedrehten Stuhl gegenüber saß und ihm neugierig zusah.

"Wie lange sitzt du schon hier?", fragte er sie.
"Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken, du hast echt Talent.. und naja, schon etwa....", die junge Frau sah auf ihre Armbanduhr, "zwanzig Minuten circa, es ist schon viertel vor sieben, weißt du?"
Stegi warf ebenfalls einen Blick auf ihre Uhr.. sie hatte Recht. Entschuldigend gab er ein "..ohh" von sich. Er sah sich im kleinen Gastraum um und er war tatsächlich der letzte Gast im Café.
"Tut mir leid Vanessa, ich gehe sofort.. du hast ja eigentlich schon längst Feierabend"
"Ach was, schon gut", lachte sie. "Ich muss sowieso noch auf Tim warten, er wollte mich abholen kommen."

Vanessa stand auf und kam mit zwei Gläsern wieder.  "Purer Wodka, cheers!", sie drückte ihm eines in die Hand.
Stegi sah sie kurz verblüfft an. Sie kicherte.
"Nein, es ist natürlich nur Wasser du Genie, wir sind schließlich ein Café und keine LateNightBar, ich will nur nicht dass du mir hier noch verdurstest, du sitzt schon Stunden über deinem Tablett.."
"Du hast recht, ich hab gar keine Pause gemacht, meine Augen sind bestimmt schon quadratisch"
Sie lachten und stießen an.

Schweigend saßen sie da und sahen hinaus in die abendliche Fußgängerzone.
Inzwischen waren einige Regenwolken aufgezogen und der Himmel war ein einziges melancholisches grau. Stegi sah hinauf zu der dichten Wolkendecke.
Diese Abende erinnerten ihn immer an den Tag, an dem seine Beziehung mit Selina zu Ende gegangen war..
"Hey was ist?"
"Ach nichts, alles gut", er verbannte die Erinnerung wieder aus seinem Kopf.
"Hm okay.. ja, von dem Wetter kann man schon ganz schön depressiv werden, finde ich.. naja, wir alle haben so unsere Vergangenheit."
Ihre Lippen formten ein kleines, trauriges Lächeln.
Der blonde sah kurz zu ihr herüber, er sah wie ihre Augen zu glänzen begannen. 
Er wollte ihr nicht zu nahe treten und wandte seinen Blick schnell wieder ab.
"Wir stehen uns zwar nicht sehr nahe, aber wenn es dir dadurch dann besser geht, kannst du mit mir reden weißt du?"
Sie schüttelte ihren Kopf und ihre - inzwischen offenen Haare - flogen wild durch die Luft.
"Okay, ist gut.. ich frage nicht weiter nach."
Es war wieder still, nur das ticken der riesigen Alice-im-Wunderland-Wanduhr war zu hören.

"Wo bleibt eigentlich mein Bruder? Er hätte schon längst hier sein sollen.. ich hab ihm schließlich heute frei gegeben, dann kann er ruhig mal pünktlich aufschlagen.", genervt sah sie auf ihr Handy. 
Gerade in diesem Moment schwang die Tür auf und die hellen Glöckchen bimmelten.
"Hey Tessa, sorry, ich war noch kurz an Moms Gra...", überrascht hielt er inne, als er Stegi zusammen mit seiner Schwester auf der Fensterbank sitzen sah. "Oh, hey Benjamin.."

Mit trockener Stimme entgegnete dieser; "Hi Tim."

Stexpert - CafégeschichtenWhere stories live. Discover now