Wie die Liebe dich langsam zerfrisst

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Prolog 

Es war in der Mensa, ich hatte mir Küchendienst eingebrockt, weil ich einen Tag geschwänzt hatte. Jetzt, am Wochenende, saß ich also da und spülte und trocknete Geschirr. Blind vor Wut trat ich um mich. Ich war verletzt. Seine Worte brannten sich in mein Gedächtnis.

'Ich habe dich nicht geliebt. Ich liebe eine andere. Es tut mir Leid, aber ich habe die nie geliebt! Ich wollte dich nicht verletzen!'

Er stand nun ganz dich vor mir. Es war wie ein Tritt in die Magenhöhle, ein Dolch in meinem Herzen, als hätte man mir den Verstand, den Glauben geraubt. Ich war wie betäubt. Andrew war der Grund, warum ich atmete, warum ich lebte, warum ich war, was ich war. 

'Wer ist es? Etwa Lilly, die mit ihren meerblauen Augen jeden Typen in Trance versetzt? Kathy, mit den dünnen, langen Beinen? Sag es Andrew, SAG ES!'

Während ich sprach, begannen mir Tränen über die Wangen zu fließen. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Er schlug die Augen nieder und flüsterte leise, ganz leise, ihren Namen. 'Jessica.'

Ich konnte es nicht fassen! Er hatte sich in meine beste Freundin Jess verliebt. Ich war schrecklich enttäuscht, es war, als hätte man mir den Boden unter den Füßen entrissen. 

 Und plötzlich hatte ich keine Kontrolle mehr über mich. 

Er hatte mir das genommen, was ich brauchte, hatte mir das Herz mit seinen Worten aus dem Leib gerissen. Eine Welle des Neides überkam mich. Wenn ich ihn nicht haben konnte, so sollte es Jess auch nicht.  

Ich nahm ein Messer aus der Mensa und rammte es ihm mitten ins Herz. 

Nein, sie sollte ihn nicht bekommen, wenn ich ihn nicht haben konnte! Er gehörte mir, mir allein! Blutüberströmt lag er nun am Boden, letzte Worte röchelnd. 

'Sag ihr, dass ich sie liebte, dass ich sie liebe und dass ich sie immer lieben werde!' 


Dann holte er zu letzten Mal rasselnd Atem  und schloss die Augen. 

 Ein Gedanke blitzte in mir auf:

'Ich habe meine einzige Liebe umgebracht!'

Ich hatte es tatsächlich fertig gebracht Andrews Leben auszulöschen. Ein stechender Schmerz drang in mein Bewusstsein. Er war der Grund, warum ich nicht schon vor langem aufgegeben hatte. Aber jetzt? Ich sah keinen Sinn mehr und verfasste einen Abschiedsbrief: 


'Hallo Jess, hallo an alle, die mich kannten. Ich bin verrückt, ich weiß. Ich habe nur Mist gebaut, gerade ein Menschenleben ausgelöscht, das ich liebte. Mit allem was ich hatte. Andrew Morgan war mein Lebenslicht. Es war alles perfekt, bis er diese schrecklichen Worte sagte: 'Ich liebe dich nicht. Ich habe dich noch nie geliebt!'

In diesem Moment ist meine Welt zusammengebrochen. Ich kann nicht reden, aber auch ewiges Schweigen kann meine Tat nicht vergelten. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich selbst kann mit dieser Schuld nicht leben. 

 Das ist eine Erleichterung für mich! Ich habe mich aufgegeben. Tief in mir habe ich gewusst, dass ich aufgeben würde, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Mit letzter Kraft .. Bye.'


Ich umschloss mit beiden Händen das Messer, das von Adrews Blut getränkt war.  

Ich wusste, ich hatte ihn umgebracht, wusste, ich war schuldig und ich wusste ich würde es bereuen und die Schuld täglich mit mir tragen wie einen schweren Stein.


Ich brauchte nur einmal mutig sein. Das Adrenalin floss durch meinen Körper, ich holte tief Luft und rammte mir das Messer mit einem gellenden Schrei der Wut und Verzweiflung in mein wie wild pochendes, rebellierendes, Herz.

Wie die Liebe dich langsam zerfrisstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt