Licht am Morgen

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Das ganze ging jetzt schon acht Monate so. Wir beide wohnten in Berlin, wir beide hatten eine Freundin und wir beide hielten unsere Beziehung geheim.

Ich hatte eine Wohung in Kreuzberg, für unsere heimlichen Treffen, gemietet. Wenn ich mich mit Joko treffen wollte, gaukelte ich meiner Freundin Anna einen Besuch im Tonstudio vor. Es war keine Neuheit, dass ich dort die Nächte verbrachte - dachte sie zumindest.

Joko führte schon, seit er mit seiner Freundin Kira zusammen gekommen war, eine eher offene Beziehung. Das bedeutete nicht, dass die zwei nichts dagegen hätten, wenn der Partner mit jemand anderen schlafen würden. Nein, es bedeutete einfach, dass die zwei nicht vor hatten zusammen zu ziehen oder schnell zu heiraten. Das beudeutete ebenfalls, dass Joko freies Spiel hatte - ich jedoch nicht.

Ich fühlte mich in meiner Beziehung eingeengt, mir fehlte die Luft zum atmen. Lieben tat ich meine Freundin schon lange nicht mehr.

Das ganze mit Joko ging vor knapp neun Monaten los. Wir arbeiteten zwar schon fast zehn Jahre zusammen, aber vor neun Monaten, ist irgendwas zwischen uns passiert. Wir trafen uns bei mir, Anna war außer Haus. Wir aßen zusammen und schauten eine DVD und dann hatte es plötzlich gefunkt. Ich weiß selbst nicht genau, wie das passiert ist.

Ich bin eigentlich nicht so der körperliche Typ. Ich muss nicht jeden, der an mir vorbeiläuft, anfassen oder jemanden direkt um den Hals fallen, wenn ich ihn sehe. Aber bei Joko war das anders. Bei dem besagten Treffen hatte er ausversehen, zumindest behauptete er das, mit seiner Hand über die Innenseite meines Oberschenkels gestrichen, als ihm, ebenfalls "ausversehen", die Fernbedienung runtergefallen war. Ich musste bei dieser Berührung, die sich wie ein Stromschlag angefühlt hatte, lustvoll aufatmen. Das hatte mich verraten. Doch anstatt, dass mich Joko auslachte, hatte er mich nur angesehen. Einfach stumm angesehen. Dann war eins zum anderen gekommen.

Da eine öffentliche Liebesbeziehung unser komplettes Image zerstören würde, mussten wir uns heimlich treffen, was wirklich schwer war.  Wir hatten so viele Termine, dann mussten wir noch, gezwungenermaßen, Zeit mit unseren Freundinnen verbringen und dann auch noch irgendwie versuchen, ganz unaufällig, zweisamkeit zu verbringen. Das war schwerer als man sich das vielleicht vorstellt.

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Ich war von dem Licht, welches in das fast leere Schlafzimmer schien, geweckt worden und blickte nach rechts. Da lag Joko, keine Klamotten am Körper, unter der Decke. Ich war ebenfalls nackt. Ich musste bei der Erinnerung an den Vorabend grinsen. Man hörte Joko leise atmen. Ich war so wahnsinnig verliebt in ihn. Berlin wirkte plötzlich so still, die Welt war wie stehen geblieben. Alles war ruig - nur er spielte in diesem Moment noch eine Rolle.

Da öffnete er seine braunen Augen. "Guten Morgen", sagte er mit verschlafenem Blick. "Guten Morgen", flüsterte ich mit tiefer Morgenstimme. Ich rückte ein Stück zu ihm rüber und legte meinen Linken Arm über seinen Körper. "Hast du gut geschlafen?", fragte ich. Joko musste grinsen. "Nach gestern Abend schon."

Er legte seinen Kopf auf meine Brust und ich fuhr ihm durch die Haare. Ein paar Minuten war stille.

"Meine Güte Klaas, was tun wir hier?", fragte Joko plötzlich und blickte mich mit verzweifelter Miene an. Ich war völlig perplex wegen dieser Frage. "Was wir hier tun?", wiedeholte ich. Joko nickte stumm. Ich überlegte kurz, dann holte ich tief Luft. "Das kann ich dir sagen, Joko. Wir liebe u..." Doch ich konnte meinen Satz nicht zuende sprechen.

Es klopfte an der Wohnungstür.

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