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Ich schlug die Augen auf und sah in mein dunkles Zimmer. Ich war dankbar,dass es eins der Dinge war,die sich nie veränderten. Deshalb ließ ich es so,wie es war. Aufgeräumt,nur wenige persönliche Sachen. Eine dieser Sachen war meine kleine Fotowand. Nicht von mir und meinen Freunden,denn ich war hässlich und Freunde hatte ich auch keine,sondern von Landschaften und dem Himmel. Ich liebte diese unendliche Weite einer Wiese oder die ständig wechselnden Farben und Züge über mir. Als ich klein war,war mein Traum immer in den Weltraum zu fliegen und einen Stern zu berühren und auf dem Weg dahin am Himmel eine Wolke einzufangen. Leider wurde mir schnell beigebracht,dass dieser Traum weder jemals Realität werden kann,noch dass es jemand wie ich schaffen könnte. Aber das war eine Ewigkeit her. Ich bemerkte panisch,dass mein Handy nun schon seit drei Minuten vibrierte und schaltete es sofort ab und lauschte. Wenn meine Eltern es hörten,würden sie es mir wieder abnehmen.Wie immer,nicht,dass es mir etwas ausmachen würde,wenn mich niemand erreichen könnte,das nicht,ich würde es nur nicht aushalten von Tumblr getrennt zu sein. Man kann schon sagen,dass es meine kleine Droge ist,aber im Ernst,darf man mir nicht diese eine Droge gönnen? Braucht nicht jeder von uns etwas,das er über alles liebt und an niemanden verlieren will? Tja,bei mir ist es halt Tumblr. Wir hatten in der Schule gerade so einen Workshop zum Thema „Mein größter Schatz“. Als ob es mich interessieren würde,was die anderen so sehr lieben,dass sie es nicht aufgeben wollten. Natürlich wünschte man sich diesen Gedankengang auch von den anderen,aber das war schon zu viel verlangt. Merkwürdigerweise gefiel meiner Klasse der Workshop sogar,alleine ich fand ihn grausam. Wieso musste ich der ganzen Klasse all das präsentieren,was mich am leben hielt? Was hatte sie das zu interessieren? Genau,gar nichts,deswegen log ich meistens und gab halt die typischen Antworten. Die,die man von einem normalen Menschen auf die Frage „Welchen Menschen würdest du retten,wenn du die Wahl zwischen Mensch1 und Mensch2 hättest?“ erwartete,dass man sich für denjenigen entschied,den man lieber mochte. Niemand wollte meine Antwort hören,und ich wollte auch nicht,dass sie jemand hört und zwar,dass ich einfach beide verrecken lassen hätte,weil ich sie nicht bräuchte. Aber das tat ich nicht. Genervt schlug ich die Bettdecke zurück und setzte mich auf. Meine lästigen dunkelbraunen Haare strich ich nach hinten und band sie mit einem Haargummi zu einem hässlichen Zopf zusammen. Ich hatte zwar keine Lust auf die Schule,war es aber gewohnt,dass wenn ich mich krank stellte meine Mutter mich sofort zum Arzt schicken würde und der ist so etwas wie ein Ninja oder so,denn er bemerkte bis jetzt immer,dass ich schwindelte,deswegen gab ich es irgendwann einfach auf. Es waren sowieso nur diese sechs Stunden und zwischendurch hatte ich ja eine halbe Stunde für Tumblr. Und wenn ich Glück hatte,fiel auch noch eine Stunde aus,aber darauf würde ich nicht vertrauen. Trotzdem schaffte ich es aufzustehen und mich zum Kleiderschrank zu zwingen,aus dem ich eine blaue Jeans und einen schwarzen Hoodie zog. Schnell zog ich mich um,ich hasste es nackt zu sein,dieses Gefühl war widerlich. Was fanden die ganzen Mädchen so cool daran,dass man ihren halben Arsch im Sommer sah? Schon klar,dass es warm war, aber Mädel! Dein Arsch friert doch,oder etwa nicht? Ich gab es irgendwann auf es verstehen zu wollen und ließ sie einfach machen,nicht,dass ich sie irgendwie aufgehalten hätte,ich ignorierte sie einfach,genau wie all die anderen. Ich machte mich auf den Weg in mein Bad,ja,ich hatte ein eigenes Badezimmer,aber es interessierte mich nicht. Wow,ein Badezimmer. Cool,jetzt sind meine geheimen Tamponvorräte sicher. Ich verdrehte die Augen,würde mich nicht wundern,wenn es tatsächlich solche Menschen mit diesem Gedankengang geben würde. Schnell putzte ich mir die Zähne und vermied dabei so gut wie möglichen jeden Blick in den Spiegel. Ich wusste wie ich aussah,der Spiegel musste mir nicht jeden Tag vor Augen halten,dass ich nicht wie Jennifer Lawrence war und auch nicht wie ein anderer x-beliebiger Filmstar. Meine grünen Augen hatten die Farbe von Matsch und meine Lippen waren so voll wie Nicki Minajs Arsch. Dazu kamen meine fetten Hamsterbacken die aussahen,wie man sich eben so ein verpeiltes Eichhörnchen mit Nüssen im Maul vorstellte und zusammen mit meiner Haarfarbe,die aussah wie ein Meer aus Durchfall war es doch ein wunderschöne Mischung! Wieder verdrehte ich die Augen,ich müsste es mir mal abgewöhnen,ist bestimmt nicht besonders gut oder so. Aber hei! Ich scheiß drauf. Haha,was ein Wortwitz. Als meine Zähne endlich sauber waren,nahm ich mir meine Haarbürste,kämmte mir ein paar mal durch die Haare und band sie wieder zusammen,diesmal allerdings zu einem hohem Pferdeschwanz und etwas ordentlicher. Mal wieder bereute ich meine naive Idee eines Stufenschnittes vor drei Jahren. Jetzt hingen mir nämlich links und rechts Haarsträhnen neben dem Gesicht,was meine Wangen noch fetter erscheinen ließ,aber da konnte ich jetzt schlecht etwas gegen machen. Haarspangen und so einen Scheiß besaß ich nämlich nicht. Als ich endlich fertig war ging ich schnell aus dem Bad und noch einmal in mein Zimmer um mein Handy,Kopfhörer und die graue Schultasche zu holen. Letztere zog ich mir auf eine Schulter und lief die Treppe runter. Viele Mädchen aus meiner Klasse fanden es merkwürdig,dass ich mich nicht schminkte,nicht einmal mit diesem komischen Ding für die Wimpern. Angeblich soll es die Augen betonen. Ganz im Ernst,warum sollte ich sie betonen wollen?! Reicht auch so schon,dass sie riesig sind und diese ekelhafte Farbe haben,da brauchte ich nicht auch noch so ein Zeug damit alle sie noch deutlicher sahen. Unten sah ich noch einmal in die Küche rein und,was eine Überraschung,es war niemand da. Waren natürlich typisch meine Eltern,schliefen und machten sich einen schönen Tag,müssen erst um zehn zur Arbeit und ihre Tochter darf in die Schule. Aber hei! That's life. Im Flur musste ich mal wieder nach meinem Schlüssel suchen,war es denn zu viel von mir selbst verlangt ihn,nachdem ich am Tag darauf die Tür aufgeschlossen hatte,direkt an seinen Platz zu hängen? Ja,es war zu viel verlangt,aber mittlerweile war ich dieses morgendliche Suchen ja gewohnt,sodass es niemanden mehr überraschte,als ich ihn dann nach 15 Minuten endlich gefunden hatte. Ich ließ meinen Blick durch unseren Flur schweifen,nur um noch einmal zu sehen,ob ich auch alles hatte,es war zwar unnötig da ich den Schlüssel bereits hatte,meine Busfahrkarte in der Hintertasche meiner Jeans steckte und ich mein Handy plus Kopfhörer in der Hand hielt aber ich tat das eh immer aus Gewohnheit. Schnell zog ich meine grauen Vans an und ging endlich aus dem Haus. Ich hatte zwar eine zwei Jahre jüngere Schwester aber selbst die hat eingesehen,dass ich scheiße,langweilig und langsam bin und deshalb war sie auch immer vor mir am Bus. Ich steckte mir beide Kopfhörer in die Ohren,machte meine Lieblingsplaylist an und schloss die Tür,nur um erschrocken anzuhalten und ungläubig zu ihm rüber zu starren. Mein Mund öffnete und schloss sich,ich wusste nicht was ich denken sollte,oder reagieren. Alles was ich tun konnte war mein Herz pochen hören und das Adrenalin in meinen Armen zu spüren. Es bedeutete nichts Gutes,er bedeutete nichts Gutes. Er sollte am Besten gar nicht hier sein! Und doch war er da,keine 100 Meter von mir entfernt. Der Grund,warum ich anfing mich mit 14 zu ritzen. Der Grund,warum ich wahrscheinlich heute so war wie ich bin. Ben war zurück und ich konnte nicht gerade behaupten,dass ich mich darüber freuen würde.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 24, 2014 ⏰

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