Chapter 2

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Am nächsten Morgen hatte ich verschlafen. Ich erwachte und starrte geschockt auf die Uhr. Halb 8 schon. Ich fluchte und sprang so schnell ich konnte unter die Dusche. Danach sprintete ich mit meinem Rad in die Schule. Für das Frühstück hatte ich keine Zeit mehr, aber Hunger hatte ich sowieso nicht. Als ich an der Schule ankam, war der Unterricht bereits gestartet. Ich klopfte an die Tür und Frau Alberts öffnete sie. Ich sprach: ,,Entschuldigung für die Verspätung, ich habe verschlafen.'' Sie grinste mich freundlich an und sagte: ,,Alles gut, setz dich hin.''

Ich rannte förmlich auf meinen Platz und atmete durch. Maja fragte mich, ob alles okay sei. Ich sagte ihr natürlich nichts von meinem Grund für die Verspätung. Beziehungsweise eher den Grund, weshalb ich gestern Abend nicht einschlafen konnte und dementsprechend heute Morgen verschlafen hatte. Sie runzelte die Stirn. Am Ende der Stunde meinte Lisa plötzlich zu mir: ,,Sag mal Hanna, wo ist eigentlich dein Sportzeug?'' Ich klatschte mir meine Hand ins Gesicht und wusste was ich gleich in der Pause machen würde..

Nach Hause sprinten und meine Sportsachen holen. Das machte meinen Tag noch perfekter. Es klingelte und Frau Alberts rief: ,,Bis gleich'' Ich radelte nach Hause, sprang in die Wohnung und genauso schnell wieder raus. Als ich an der Sporthalle ankam waren natürlich alle schon drin. Ich lief in die Umkleide, zog mich schnell um und rannte in die Halle. Alle waren dabei sich warm zu laufen und als Frau Alberts mich sah, lief sie auf mich zu. 

Ich musterte sie. Gott sah sie gut aus, diese enge Sporthose und dieses Top dazu. Ich stoppte meine Gedanken und Frau Alberts sagte: ,,Zwei Mal am gleichen Tag zu spät, das fängt hervorragend an.'' Mir war es peinlich, dass ich direkt an ihrem zweiten Tag einen schlechten Eindruck hinterließ. Wie konnte ich nur so verdammt dumm sein. 

Plötzlich wurde mir total schwindelig und ich suchte Halt. Sie packte mich am Arm und fing an mit mir zu reden. ,,Hanna? Alles ok bei dir? Hörst du mich?'' Ich hörte kaum noch etwas und direkt wurde es schwarz. Ich klappte zusammen und lag auf dem Boden. Als ich erwachte, fand ich mich auf einer Liege wieder. Vor mir standen Caro, Lisa und Maja. ,,Mensch Hanna was machst du für Sachen'', fragten sie mich. Ich konnte noch nicht antworten. Ich konnte nur sehen, dass Caro ging. Sie kam wieder und Frau Alberts war dabei.

Sie sagte den Mädels, dass sie zurück in die Halle gehen könnten und sie gleich nach kommt. Die drei gingen und Frau Alberts schloss die Tür. Sie blickte mir tief in die Augen. Zumindest fühlte es sich für mich so an. Sie starrte mich regelrecht an. Ich vermute sie fragte sich, wie ich nur so verdammt dämlich sein konnte. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ihre Augen etwas anderes ausstrahlten. Sorgen? Nein, wohl kaum. Und falls doch, dann nur weil sie meine Lehrerin ist.

Ich versuchte den Blick zu meiden und bekam nur ein Wort raus. ,,Sorry''. Sie sah mich an und fragte: ,,Wofür denn die Entschuldigung?''. ,,Naja dafür, dass ich umgekippt bin.'' antwortete ich. ,,So ein Quatsch'', sagte sie. ,,Ich hoffe du bist mir nicht böse, aber die anderen Mädels haben mir erzählt, was mit dir los ist.'' ,,Was haben die denn gesagt?'' wollte ich gespannt wissen. Sie antwortete: ,,Naja, dass du letztes Jahr Schwierigkeiten hattest.'' Sie sah mich verlegen an. Ich sagte: ,,Ja das stimmt, aber ich bin wieder gesund.''

Ich baute mich auf und setzte mich hin. Kaum saß ich, wurde mir wieder leicht schwindelig und ich kniff die Augen zusammen. Frau Alberts drückte mich vorsichtig zurück auf die Liege und sagte: ,,Ich glaube du bleibst erstmal noch liegen''. Ihre Hände lagen sanft an meinen Armen und sie bemerkte anscheinend nicht, dass sie anfing mich leicht zu streicheln, als sie versuchte mich zu beruhigen. ,,Ich kann dir versprechen, dass nichts was du sagst, hier den Raum verlässt.'' 

Ich schaute sie an und dann auf meine Arme, die sie immer noch mit ihren Händen streichelte. Als sie meinen Blick sah, zog sie zügig ihre Hände weg. Ich sagte: ,,Normal frühstücke ich jeden Morgen, aber heute habe ich verschlafen und dann hatte ich keine Zeit. Ich habe mich so beeilt, dann hatte ich noch mein Sportzeug vergessen und dann hatte ich in der Pause auch keine Zeit zu essen. Und ja, so kam eins zum anderen. Ich bin eigentlich ziemlich vernünftig.''

Sie sah mich wieder so intensiv an während ich sprach. Waren das wieder Sorgen? Sie sagte: ,,Ich zweifle nicht daran, dass du vernünftig bist. Es ist erst mein zweiter Tag in eurer Klasse. Dennoch hoffe ich, ist es in Ordnung wenn ich sage, dass du ziemlich vernünftig für dein Alter bist. Wenn du nochmal so ein Problem hast, sprich mit mir. Ich kann dir da unter die Arme greifen. Du musst nur mit mir reden, auch wenn ich noch fremd für dich bin.'' Ich war echt geschockt von ihrer Art. Nicht im negativen Sinne versteht sich. Sie war so lieb. 

Ich antwortete ihr: ,,Das ist wirklich sehr nett von Ihnen. Und selbstverständlich ist das in Ordnung für mich. Viele halten mich manchmal für spießig oder so. Das ist nicht der Fall, ich kann auch anders.'' Sie lachte. Ich wusste nicht, dass etwas an ihr noch schöner sein kann, als ihre Augen oder ihr Lächeln. Aber ich befürchte, oder nein ich weiß, dass ich ihr Lachen niemals aus meinem Kopf bekommen werde.

Ich verbrannte diese Gedanken, als es an der Tür klopfte. Alberts stand auf, ging zur Tür und öffnete diese. Davor stand Marleen. Sie petzte Frau Alberts, dass die Jungs wohl Fußball spielen würden und keiner die Übungen machte. Ich verdrehte die Augen, was wohl von Frau Alberts nicht unentdeckt blieb. Sie sagte zu Marleen, dass sie gleich kommen würde. Sie blickte zu mir und sagte: ,,Nicht so frech sein.'' Ich antwortete: ,,Wieso denn frech?'' ,,Deinen Blick habe ich gerade wohl gesehen.'' sagte sie und grinste mich an. Ich wurde leicht rot.

Sie sagte: ,,Ich muss einmal zu den anderen, schauen was die da machen. Du bleibst bitte liegen, verstanden?'' Ich nickte. Als sie ging, schaute ich ihr hinterher. Ich sollte wirklich aufhören. Ich wusste schon immer, dass ich leicht dazu neige mich zu verknallen, aber dieses Gefühl, das ist neu. Verliebt war ich in Lukas auch. Und trotzdem ist es anders. Irgendwie neu.

Nach 10 Minuten kam sie wieder und versuchte mich zum langsamen aufstehen zu bewegen. Ich setzte mich erstmal hin und wartete ein paar Minuten. Dadurch, dass sie Angst hatte ich würde wieder umkippen, legte sie ihren Arm um meine Hüfte als ich langsam aufstand. Ein paar Minuten blieben wir so stehen. Sie fragte: ,,Und? Geht es? Wie fühlst du dich?'' ,,Es ist alles gut. Ich glaube meinem Kreislauf geht es besser,'' sprach ich. Sie lachte und als ich mich zu ihr drehte, weil ich wissen wollte wieso sie lachte, war sie erstaunlich nah.

Zwischen unseren Gesichtern war höchstens eine Handbreit platz. Sie schaute mir direkt in die Augen und ich erwiderte ihren Blick. In meinem ganzen Körper zitterte es. Noch nie hatte es sich so gut angefühlt, jemanden so lange in die Augen zu sehen. Sie starrte mich noch immer an, aber als es in der Halle lauter wurde, löste ich mich aus diesem Blick. Sie erschrak und zog ihren Arm weg. Sie sah mich geschockt und errötet an. Irgendwie ängstlich. Ich fragte: ,,Alles gut?''

Sie nickte und ging langsam mit mir in Richtung Halle. Auf dem Weg dorthin blieb sie stehen und sagte: ,,Wegen gerade, das...das war nicht meine Absicht. Ich wollte dich weder am Anfang streicheln, noch dir solange in die Augen sehen. Ich weiß nicht was..'' ,,Es ist doch alles in Ordnung, '' unterbrach ich sie. Sie sah mich an. ,,Sie waren lieb zu mir, haben sich um mich gekümmert. Sie haben mir geholfen wie Sie jeder anderen Schülerin oder jedem anderen Schüler auch geholfen hätten.'' 

Sie lächelte mich an. Man sah ihr an, dass sie froh war. Froh darüber, dass ich nicht zu viel hinein interpretierte. Der weitere Tag und generell die weiteren Wochen verliefen gut. Ich schrieb gute Noten, die Lehrer waren zufrieden und ich achtete aufs Essen. Es gab immer wieder Momente zwischen Frau Alberts und mir das ich dachte, ich werde langsam verrückt. Aber Einbildung ist ja bekanntlich auch eine Bildung.


Die neue Lehrerin ÜBERARBEITETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt