Chapter 4

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Ich erwachte geschockt, weil ich dachte ich hätte schon wieder verschlafen. Ich schaute auf die Uhr und sah 2:23 Uhr. Ich holte tief Luft und schlief wieder ein. Um 4:46 Uhr wachte ich nochmal auf. Ich hatte geträumt. Welch ein Wunder, natürlich von Frau Alberts. Jetzt versucht diese Frau mich nicht nur von der Schule komplett abzulenken, sondern suchte mich schon in meinen Träumen heim. Als wäre sie so eine Art Geist. Nein, das ist sie natürlich nicht. Und wenn, dann wäre sie ein verdammt schöner Geist. Genug von diesem Unsinn. Ich muss in einer Stunde aufstehen.

Ich schlief wieder ein und wurde von meinem Wecker geweckt. Es war 6 Uhr und ich stand auf, schnappte mir meine Anziehsachen und ging duschen. Ich entschied mich für eine bequeme Jogginghose und einen lockeren Hoodie. Als ich geduscht war, ging ich runter frühstücken. Meine Mutter machte mir in der Küche das Frühstück für die Fahrt. Ich fragte sie, was sie da bitte alles einpackte. Aber wie mir schon vorher klar war, nahm sie sich natürlich nichts von all dem was ich sagte an. Sie packte fröhlich weiter ein und so musste ich mit ansehen wie sich Gurken, Brote, Äpfel, Karotten, ein Joghurt und Kekse in meinem sowieso schon viel zu vollen Rucksack breit machten.

Ich verdrehte die Augen und ging nach dem Frühstück hoch, um mir meine Haare zu machen. Auf das Schminken verzichtete ich heute, da die Fahrt ja eh lang werden würden. Als ich fertig war, brachte mein Vater den Koffer ins Auto und ich verabschiedete mich von ihm und Nils. Meine Mutter stieg mit mir ins Auto und wir fuhren zur Schule. Ich sagte meiner Mutter, dass sie mich vorne raus lassen könnte, aber sie wollte unbedingt mit zum Bus. Na prima, sie will doch mit Sicherheit Frau Alberts anquatschen.

Dort angekommen sah ich schon meine Mädels und auch Frau Alberts war dort. Ich lief zu meinen Mädels und eh ich mich versah, stand meine Mutter bei wem? Natürlich! Bei Frau Alberts. Sie fing an mit ihr zu reden. Mir war das ganze jetzt schon unglaublich peinlich. Maja sah mir das ganze wohl an und lief unauffällig in die Richtung der beiden. Sie stand dort, tat dann als würde sie sich die Schuhe zu schnüren und kam wieder zu uns.

,,Und?'' fragte ich. ,,Alles gut Hanna, deine Mum will sich nur absichern, dass du genug isst. Frau Alberts hat sie aber beruhigt und zu ihr gemeint, dass sie sich persönlich darum kümmern wird.'' ,,Hanna, du Arme'' kam es von Caro. Ich könnte im Fußboden versinken. Nein, ich will im Fußboden versinken. Frau Alberts dachte doch mit Sicherheit ich wäre ein Kleinkind. ,,Achtung sie kommen rüber'' meinte Lisa.

,,Hey mein Schatz, ich habe mit Frau Alberts gesprochen. Sie passt zusätzlich auf dich auf, verstanden?'' Ich sah mit hochrotem Kopf meine Mutter an und gab ihr meinen 'Dein Ernst Blick'. Sie lächelte mich an und sprach: ,,Sei nicht böse, ich wünsche euch viel Spaß!'' Den letzten Satz richtete sie auch an meine Freundinnen und an Frau Alberts. Denn die stand immer noch neben Lisa. Ich spürte ihren Blick auf mir. Meine Mutter gab mir eine letzte Umarmung und ging in Richtung Auto. Meine Freundinnen gingen auch zu ihren Eltern und verabschiedeten sich. So kam es, dass nur noch Frau Alberts und ich an dem Punkt standen, wo meine Mutter es gerade geschafft hatte, mich komplett zu blamieren.

,,Alles gut bei dir, Hanna?'' Diese Frage kann sie doch nicht ernst meinen. ,,Mhm'' antwortete ich. ,,Sie macht sich nur Sorgen um dich. Kein Grund böse zu sein.'' Böse? Ich war nicht böse. Es war mir unendlich peinlich. ,,Ich bin nicht böse und ich weiß, dass sie sich Sorgen macht. Ich wollte nur nicht..'' Ich musste stocken, weil meine Freundinnen wieder kamen. Es wurde laut um uns und Herr Brenner rief: ,,ALLE EINSTEIGEN, ES GEHT LOS!'' Alle liefen auf den Bus los. Mein letzter Blick ging an Frau Alberts, die mich angrinste, als wüsste sie genau was ich sagen wollte. Sie zwinkerte mir zu und ich wurde von Lisa mit in den Bus gerissen.

Als wir im Bus saßen, machte Herr Brenner noch die kurze Ansage, dass es im Bus nicht gestattet ist zu Essen. Wir würden aber regelmäßig Pausen machen, sodass hier keiner verhungern muss, hieß es. Er lachte dabei total bescheuert. Der Bus fuhr los und ich quatschte mit Lisa, die neben mir saß. Nach fast 2 Stunden machten wir die erste Pause. Wir fuhren auf einen Rastplatz und stiegen aus. Alle rannten wie wilde Hühner herum und kramten in ihren Taschen nach etwas essbarem. Ich wollte zuerst nichts essen, aber als ich den ersten Kontrollblick von Frau Alberts zugeworfen bekam, war mir klar, da kam ich nicht drum rum. Ich aß also etwas und danach stand ich auf, um zur Toilette zu gehen.

Plötzlich kam ein Spruch 'Hanna, aber nicht, dass du zurück in die Klinik musst' .Ohne mich umzudrehen, wusste ich, dass dieser Spruch von Lukas kam. Ich stockte. Ich überlegte ernsthaft, ob ich mich umdrehen sollte und ihm eine klatschten sollte, aber genau das wollte er doch. Ich warf ihm einen flüchtigen Blick zu und ging. Frau Alberts hatte das zum Glück nicht mitbekommen. Sie sollte sich nicht mit meinen Problemen auseinandersetzen müssen. Die erste Pause war vorbei und wir fuhren weiter.

Während der Fahrt musste Carolin auf die Toilette und ging. Gerade als sie weg war hörte ich von hinten im Bus Lukas, der seinen Kumpels erzähle, wie wenig ich immer aß und das ich bestimmt wieder zurück in die Klinik müsste. Ich versuchte es zu ignorieren. Plötzlich kam die Frage 'Und hast du schon die Nummer der Klinik auf deinem Handy?' Ich konnte nicht mehr, ich stand auf, drehte mich und rief: ,,Halt endlich deine scheiß Schnauze!'' Frau Alberts drehte sich um und kam zu mir. Sie fragte: ,,Was ist hier los?'' Ich sagte nichts. Es sammelte sich Flüssigkeit in meinen Augen. Ich wollte mich beherrschen. Ich wollte nicht vor ihr weinen. Nicht jetzt.

Frau Alberts sah mich an, ich vermied jeden Blick. Die Jungs waren natürlich auch komplett ruhig. Keiner sagte auch nur einen Ton. Als Caro wieder kam, ging Frau Alberts wieder nach vorne. Sie warf Lukas einen bösen Blick zu, denn sie wusste genau, was sich dort abspielte. Eine Stunde später gab es eine Pause. Ich stieg aus und lief weg. Es war mir egal wohin, aber ich wollte nicht reden. Am wenigsten wollte ich Lukas und seine Kumpels sehen. An einem Waldstück, etwas abgelegen fand ich eine Bank. Dort setzte ich mich hin, steckte meine Kopfhörer in die Ohren und drehte die Musik voll auf. Irgendwann hörte ich durch die Musik, wie Lisa, Maja und Caro nach mir riefen. Doch ich reagierte nicht.

Die Rufe wurden wieder leiser. Anscheinend bewegten sie sich in die falsche Richtung. Besser so, dachte ich. Es kullerten Tränen hinunter. Wie konnte Lukas mir sowas antun? Er war so ein Arschloch geworden. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Erschrocken drehte ich mich um. Es war Frau Alberts. Sie blickte mir vorsichtig in die Augen, setzte sich neben mich und nahm mich ohne darüber nachzudenken in den Arm. Ich versuchte nicht in Tränen auszubrechen. Mit ihrer einen Hand strich sie mir über meinen Rücken und mit der anderen über meine Haare. Es fühlte sich ganz komisch an. So neu und doch so vertraut. Sie strahlt eine unglaubliche Wärme aus. Ich konnte ihr Herz klopfen hören.

Ich wünschte mir, dass dieser Moment niemals vorbei ging. Dennoch löste ich mich vorsichtig aus ihrem Arm und sah sie an. Wir waren uns unglaublich nah. Sie sah mir in die Augen. Ich ging ein bisschen auf Abstand und sagte: ,,Danke.'' Sie fragte: ,,Wofür?'' ,,Dafür, dass du einfach da bist. Äh, ich meinte natürlich Sie. Tut mir leid.'' Sie lächelte. ,,Lass das nicht so an dich ran, Hanna. Du bist wunderschön, vergiss das nicht.'' Sie errötete und ich sah sie lächelnd an. Hatte sie das gerade wirklich gesagt? Ich glaube es hat mir noch nie so viel bedeutet, wie das, was sie da gerade gesagt hatte. Schnell sagte sie: ,,Wir sollten jetzt zurück gehen, nicht das die uns gleich suchen.'' Ich nickte und wir gingen zum Bus.

Ich stieg ein und meine Mädels wollten wissen, was los ist. Ich sagte nur kurz, dass ich es ihnen später erzählen werden. Ich setzte mir erneut meine Kopfhörer auf und schloss die Augen. Ich schlief ein. Als ich wach wurde, streichelte mir jemand meinen Arm. Es war Frau Alberts. Ich sah mich um, der Bus war komplett leer. Sie sprach leise: ,,Wir legen gerade unsere letzte Pause ein. Deine Mädels haben dich schlafen gelassen, aber mir wäre es wichtig, dass du ein bisschen was isst. Du darfst auch hier im Bus bleiben. Die anderen sind zu dem Imbiss dort gelaufen'' sie zeigte mit dem Finger auf einen kleinen, irgendwie zwielichtigen Laden.

,,Es sei denn, du willst auch etwas davon essen.'' Ich schüttelte den Kopf. Da würden mich keine zehn Pferde reinbekommen. Frau Alberts sagte: ,,Ich lass dich dann mal in Ruhe essen.'' Ich meinte: ,,Sie stören nicht.'' Ich rutschte auf den Sitz ans Fenster und holte etwas zu essen raus. Sie sah auf den freien Platz neben mir und sah mich an. Sie atmete tief ein, als wollte sie sich beruhigen wollen und setzte sich neben mich. Sie sagte kein Wort. Ich blickte zu ihr rüber und lächelte. ,,Alles okay mit Ihnen? Sie sind so still.'' Sie sagte: ,,Ich möchte dich nur nicht stören.'' ,,Sie stören nicht. Ich esse auch weiter, wenn Sie mit mir reden.'' Ich grinste sie an und sie lächelte zurück.

Sie sah in meinem Rucksack das ganze Essen und meinte: ,,Hast du dir das alles eingepackt?'' ,,Nein meine Mutter,'' antwortete ich. Sie sagte: ,,Deine Mutter macht sich große Sorgen um dich, oder?'' ,,Ja, das sehen Sie doch daran, dass sie extra mit Ihnen gesprochen hat. Das war so unglaublich peinlich. Ich bin 19 Jahre alt und kein Baby mehr.'' Sie nickte. ,,Was das angeht, das braucht dir nicht peinlich sein. Ich sehe dich noch immer genau wie vorher.'' Ich lachte und meinte: ,,Und das ist wie? Wie eine langweilige Schülerin mit vielen Problemen?'' ,,Wie eine wunderschöne junge Frau, mit vielen interessanten Seiten,'' sprach sie. Ich verstummte.

Die neue Lehrerin ÜBERARBEITETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt