Kapitel 1
Nicht einmal der Wind und die feuchten Blätter die mir entgegen peitschten, kühlten meine Schweiß bedeckte Stirn. Jeder Baumstamm über den ich mit höchst Geschwindigkeit stolperte, hinterließ einen stechenden Schmerz in meinen Gelenken. Ich wollte mich umschauen, nach meiner Schwester sehen die eigentlich direkt hinter mir sein sollte. Doch es war dunkel. Auch wenn meine Augen sich schnell an die Dunkelheit gewöhnten, war es schwierig etwas zu erkennen. Falls ich mich bei dem Tempo, dass ich gerade beibehielt umgedreht hätte, wäre ich vermutlich gestolpert, hingefallen und hätte mir schlimmsten Falls etwas gebrochen. Und das hätte alles nur noch schlimmer gemacht. „Sie ist direkt hinter dir“, redete ich mir immer wieder ein. Es war Eisig kalt und trotz allem perlten sich vereinzelte Schweißtropfen an meinem Körper herab. Langsam kam ich aus der Puste. Mein Atem ging keuchend und das Herz schlug mir bis zum Hals. Eigentlich hatte ich mir die Kondition für solch lange, anstrengende Spurte antrainiert, doch seit ein paar Tagen waren unsere Vorräte knapp. Wir waren auf der Suche, jeden Tag. Doch alles was wir auffanden, war geplündert worden. Die Wälder waren nicht mehr so sicher, wie sie es mal waren. Keine Zuflucht. Nur Tagelanges weiter ziehen, ohne jegliches Essen oder Schlaf. Ich war es leid. Das alles. Doch ich hatte meine Schwester. Sie gab mir die Kraft weiter zu machen. Selbst an Tagen, an denen wir beide die Hoffnung verloren. Das einzige was mir geblieben war, dass war sie.
Es war ruhig. Nur meine Schritte auf dem feuchten Unterholz und das knacken einiger Äste, durch die ich rannte, war zu hören. Die knorrigen Äste der alten Bäume schrammten an meinen Wangen entlang. Hinterließen eine feine Blutlinie. Der Untergrund war rutschig, da es seit Tagen regnete. Kaum trat ich falsch auf, verlor ich den Boden unter meinen Füßen und ging mit einem dumpfen schlag zu Boden. Die Luft blieb mir weg, als ich rücklings auf die feuchten Blätter fiel. „Shit“, keuchte ich außer Atem. Mühevoll rappelte ich mich wieder auf. Kaum wahrnehmbarer Rauch kroch aus meinen Poren und stieg in die Kühle Nachtluft. Ich wagte es nicht zu Atmen, versuchte Geräusche wahr zu nehmen, die nicht da waren. Ein paar Vögel flatterten kreischend aus einem Kreuzdorn Gebüsch. Ich zuckte zusammen. Mein Atem ging unregelmäßig. Ich schnallte das Jagdgewehr von meiner Schulter und blickte durch den Zielsucher in die Dunkelheit. Ein Nieselregen tropfte sanft auf die Blätter, erfüllte den gesamten Wald mit seinem Geräusch. Langsam hörte ich auf zu schnaufen. Das Gewehr lag ruhig in meinen Händen. Eine der Möglichkeiten, die meine Schwester betrafen, war gewesen, dass sie in die Falsche Richtung gelaufen sein könnte. Die andere und ich bevorzugte definitiv die erste, dass ein Läufer sie eingeholt hatte. Aber sie währe nicht still schweigend dahin gerafft worden. Sie hätte mich gerufen, gar geschrien. Oder? Knackendes Unterholz direkt hinter mir, lies mich sofort umdrehen. Mein Herz blieb beinahe stehen, als ich ein Gesicht dicht vor dem Lauf meines Gewehrs hatte. Tief durchatmend senkte ich die Schusswaffe wieder.
„Verdammt Lou, du hast mich erschreckt! Kannst‘ froh sein das ich nicht direkt geschossen hab“, stöhnte ich.
Lou senkte ihre Pistole ebenfalls und wischte sich mit ihrem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
„Dann kann ich mich ja glücklich schätzen. Außerdem hättest du jetzt vermutlich eine Horde Läufer auf dich aufmerksam gemacht.“
„Und du wärst tot. Nur so neben bei. Wo warst du eigentlich? Ich hab‘ gedacht du warst genau hinter mir?“, bemerkte ich und sah mich einmal kurz um.
„War ich auch, eigentlich. Aber einer war schneller. Wenn ich nicht einen anderen Weg genommen hätte, wäre ich jetzt einer von denen“, keuchte Lou.
Dann warf sie mir einen der beiden Rucksäcke zu, die sie getragen hatte.
„Du solltest ihn immer direkt bei dir haben. Wenn du ihn verlierst, haben wir eine Ration weniger.“
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Blackbird Song || Part 1 - Farewell ||
HorrorDinge passieren. Viele Dinge, mit denen wir nicht rechnen. Die Welt steht in Flammen. Tote stehen wieder auf und jagen uns. Es gibt kein zurück. Du musst es irgendwie schaffen, alles los zu lassen. Damit rechnen, dass alle die du liebst dich verlass...