"Collin!", hörte ich die Stimme von Finn. Ich schnaubte nur protestierend und drehte mich um.
"Collin!", schon wieder.
Gähnend zog ich mir meine Bettdecke über den Kopf und wartete darauf, dass Finn mich noch fünf Minuten liegen ließ.
Doch plötzlich vernahm ich ein lautes -Rumps- und hörte mehrere Bierdosen und Flaschen scheppern.
"Man, Collin!", wiehrte Finn genervt und ich hörte wie er sich wieder aufrappelte.
"Hast du die alle alleine ausgesoffen?", fragte er mich ungläubig.
Langsam schob ich die Bettdecke zurück und sah dort hin, wo ich Finn vermutete.
"Als ob du noch nie getrunken hättest", gähnte ich.
Ich spürte Finn wütend mit dem Huf aufstampfen.
"Es ist ein Wunder das du noch nicht Kotz-", weiter kam er nicht, denn in diesem Moment sprang ich ruckartig aus dem Bett und rannte an ihm vorbei ins Bad. Den Weg dorthin kannte ich schon, ohne andauernd gegen Wände zu rennen. So hing ich fünf Sekunden später würgend über der Kloschüssel und spürte Finns Schadenfreunde praktisch schon auf mir.So ist Finn halt. Ein schlechter Verlierer und ein noch schlechterer Gewinner.
Eigentlich wohnt er ein Stockwerk über mir, (in der ersten Etage versteht sich) doch vor einigen Monaten ist er auf mich hilfloses Etwas gestoßen und seitdem sind wir eine gewisse Art von Freunden.
Auch wenn ich nicht wirklich wusste wie er aussieht und mir seine Beschreibung ein Falbe mit drei weißen Fesseln und einer Blesse
nicht wirklich half (und ich auch garnicht wirklich wusste ob er wirklich so aussah) waren wir beide trotzdem schon sowas wie "unzertrennlich" geworden."Ich dachte du wolltest trocken bleiben und nicht schon wieder rückfällig werden!", hörte ich Finn hinter mir sagen.
Eigentlich hätte ich jetzt gerne was erwidert, doch ich hing wie gesagt über der Kloschüssel.
"Ach ja, deine Miete ist langsam fällig Collin. Ich kann dir nicht noch mehr Geld leihen und anstatt den Rest davon für Alkohol auszugeben könntest du es mir gerne mal zurück geben!"Ich hob kurz meinen Kopf und erwiderte:" Also, werd' du erstmal blind und arbeitslos! Dann reden wir weit-", mein Satz wurde von einem weiteren Aufstoßen unterbrochen ehe ich wieder würgend einfach nur da saß.
"Collin, du hast mir nach einem halben Jahr Freundschaft immernoch nicht erzählt was du davor gemacht hast. Bevor du blind warst!"Es dauerte etwas, bis ich aufstand und dann zum Waschbecken rüber ging um mir meinen Mund auszuspülen.
"Echt jetzt? Habe ich nicht?"
"Nein. Hast du nicht.
"Echt nicht?"
"Nein."
Finn klang langsam sehr gereitzt, doch was ich davor getan habe ging niemanden etwas an.
"Ist auch besser so."Kurz daraus wurde mir jedoch eine heftige Nackenschelle verpasst.
"Ich versuche dir doch nur zu helfen, Collin."
Unberührt griff ich nach dem Mundwasser und spülte mir meinen Mund erneut aus.
"Du hörst mir garnicht zu oder?"
"Wasch?", grinsend spuckte ich die Schaummasse aus meinem Mund und drehte mich um in Richtung Tür.
Ich drängelte mich an Finn vorbei und erwiderte dann nur:
"Weißt du wie schwer es ist eine Rechnung zu lesen die ohne Blindenschrift geschrieben wurde?"
Finn trat an meine Seite.
"Tut mir leid, nein. Nein weiß ich nicht""Wie viel schulde ich dir?"
"5.000."
Ich sprang erschrocken nach hinten.
"Das ist ein Scherz oder?"
"Leider nicht."
Seufzend ließ ich mich nach hinten auf das Sofa fallen. Zum Glück hatte ich das Sofa getroffen. Es geschah nur zu oft das ich mit dem Hinterkopf auf den Boden geknallt bin.
"Hey, wenn du mir sagst was du vor deiner Sauf- Karriere getan hast, dann könnten wir doch sowas ähnliches auch für blinde finden. Es gibt doch auch Computer für Sehbehinderte."Als ich diesen Ausdruck hörte schnaubte ich nur empört:
"Nenn mich nicht sehbehindert du alte Schreckschraube."
Finn setzte sich neben mich und stieß mir dann behutsam in die Seite.
"Also, ein paar Jobs hätte ich schonmal für dich"
Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und fühlte praktisch seine riesige Vorfreude, wenn ich gleich in die Luft springen würde und Saltos vollübe. Also in seiner Vorstellung, ist ja klar.Das einzigste was ich tat war meinen Kopf wieder in die andere Richtung zu drehen.
"Wer sagt denn das ich überhaupt wieder arbeiten gehen will?"
"Wie bitte? Collin! Wie sollst du denn sonst dein Geld verdienen?"
Ich spürte wie das Sofa sich leicht anhob als Finn aufstand und mich an meiner Mähne packte.
"Du kommst jetzt mit mir mit!"
Wie eine genervte Mutter zog er mich hinter sich her und befahl mir meine Jacke überzuziehen. Ich tat was er wollte. Zwar skeptisch, aber ich tat es.
Ich hörte das Echo unserer Hufe, als wir uns ganz unten im Treppenhaus befandten.
Und dann vernahm ich schon die frische Luft und den kalten Wind.
Eigentlich ging ich nur raus, wenn der Alkohol mal wieder ausgegangen war, oder ich neuen... naja... neues "Gras" brauchte, um es so auszudrücken.
"Wohin gehen wir?",
Fragte ich Finn, kurz nachdem er mich aus Spaß hatte gegen einen Baum laufen lassen.
"Zum Arbeitsamt!"
Ich zuckte zusammen.
"Alter, wenn ich jetzt was sehen könnte, wäre ich jetzt vermutlich schreiend weggrannt!"
"Wenn du jetzt was sehen könntest, wäre es nie soweit gekommen!"
Wir bogen einmal links, dann rechts zweimal links und wieder einmal rechts ab.
Als Blinder merkst du dir Richtungen recht gut.
Und dann blieben wir stehen.
"Ampel?", fragte ich.
"Nein. Wir sind da."
Es ging fünfzehn Treppenstufen zum Eingang hoch und dann nur noch einmal fünf Stufen bis wir vor dem Tresen in der Eingangshalle standen.
Ich hörte wie jemand auf Computertasten herum tippte und ich vernahm diesen fiesen Reinigungs-mittel Gestank.
Finn räusperte sich kurz damit ihn das Pferd hinter dem Tresen bemerkte.Ein kurzes genervtes Schnauben und ich hörte eine genervte Stute sagen:
"Willkommen bei ihrer Arbeitsatgentur. Wie kann ich ihnen helfen?", genervt. Sie war eindeutig genervt.
"Die bessere Frage hier ist wohl, ob sie heute Morgen noch keinen Kaffee hatten", grinste ich schnippisch.
Erneut hörte ich ein genervtes Schnauben nur diesesmal mit ein bisschen mehr Verachtung.
"Tut mir leid, mein Freund hier ist heute nicht sonderlich gut drauf",
versuchte Finn mich zu verteidigen.
"Ihr Freund? Mein lieber Gott, wie verzweifelt sind sie denn?", hörte ich die Stute sagen.
"Ist das da auf dem Bild ihr Mann?", fragte Finn, um vermutlich die Stimmung etwas aufzulockern. Ich konnte es zwar nicht sehen, aber als die Stute ganz stumpf mit "ja" antwortete, fiel mir ein das sie ja noch garnicht wissen konnte, dass ich blind war.."Oh Gott, wie verzweifelt sind sie denn?", grinste ich. Daraufhin folgte erstmal eine peinliche Stille. Ich konnte Finns unangenehmen Blick spüren und genauso auch den fassungslosen Blick der Stute.
"W-wie bitte?", schnaubte sie dann. "Ich sagte, oh Gott, wie verzweifelt sind sie denn?"
Das hatte gesessen! Wenige Sekunden später hörte ich ihre nervende Stimme, die uns anschrie und das wir uns doch ja nie wieder hier blicken lassen sollten."Das- war jetzt nicht- dein Ernst? Wir waren höchstens nur fünf Minuten dadrin!", Finns Stimme klang wütend und verzweifelt zu gleich.
"Ich konnte die nicht leiden...", antwortete ich schroff.
"Collin. Ich will dir doch nur helfen. Aber das geht nicht, wenn du mir nicht auchmal ein bisschen entgegen kommst! Du kannst doch nicht dein gesamtes restliches Leben bald nur unter 'ner Brücke leben und dich mit Alkohol voll saufen!"
Darauf hatte ich jetzt ehrlich gesagt keine wirkenden Wiederworte und ich ging ohne einen Mukks davon.
"Andere Richtung!", hörte ich Finn mir hinterher rufen, doch ich dachte gar nicht daran wieder umzukehren.
"Wer sagt denn das ich nach Hause will?", rief ich ihm zu.
Hätte ich bloß schon vorher gewusst, dass diese eine Entscheidung, einfach nur aus purer Sturköpfigkeit, mein gesamtes Leben gefährden sollte.
DU LIEST GERADE
COLLIN - What can you see?
Novela Juvenil❗ ❗ ❗ ❗ Dieses Buch ist eine Art Pferdefabel! Das heißt das alle Charaktere in diesem Buch Pferde sind, sich jedoch wie Menschen verhalten! Mein Name ist Collin. Ein Pferd das durch Betrüger sein Augenlicht...