☆Prolog☆

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Wie in einem schnellen Traum rauschten Bäume an mir vorbei. Ohne es zu merken schaute ich jedem einzelnen nach. Hinter ihnen die morgendlich Sonne, deren Licht zu dieser Jahreszeit einen schimmernden Schein auf den von Tau glitzernden Rasen hinterließ. Verträumt schaute ich in den lila-orangen Himmel. Die Musik dicht an meinem Ohr und tief in meinem Herzen. Die unglaublich schöne Stimme von Brendon Urie ging mir jedes Mal durch meinen ganzen Körper, auch wenn ich sie nun zum gefühlten millionsten Mal hörte. All das erfüllt mich mit Ruhe und Zufriedenheit. Für einen kurzen Augenblick konnte ich alles vergessen.
Mit einem Ruck stoppte der Bus. Träge schaute ich auf die Anzeige. Ich musste aussteigen. Mit gesenktem Kopf schlängelte ich mich durch die Schüler, die sich langsam aus dem Bus bewegten. Jeden Morgen war es das Gleiche. Der Bus war komplett überfüllt. Die Schule wurde gefühlt am Ende der Welt gebaut. Außerhalb aller Wohngebiete und ohne den Schulbus, und für Jugendliche ohne Auto, unerreichbar.
Kalte Luft durchzog meine Lunge. Die Feuchtigkeit legte sich auf meine Haare und ließ zu, dass meine Mühe am Morgen, sie verzweifelt zu glätten, umsonst gewesen war. Tief atmete ich die klare eiskalte Luft ein. Jeden Atemzug genoss ich an solchen Tagen, als würde plötzlich einer davon mein letzter sein. Wärme Hände umschlungen meine Schulter. Die plötzliche Hitze stieg durch meine Arme bis hin zu meinem Hals, wo sie eine Gänsehaut hinterließ. Erschöpft schloss ich meine Augen. "Lass mich dir helfen!", sprach eine tiefe Stimme zu mir, die mich Monate nicht in Ruhe ließ. Als Antwort nickte ich bedächtig. Ein lautes Klicken und Klirren eines Schlosses ertönte und das große Tor vor der Schule öffnete sich quiekend. Langsam öffnete ich die Augen wieder. Sämtliche Schüler gingen den schmalen Gang entlang der direkt zum Hauptgebäude führte.
Der mir vertraute Junge, der mich mit glänzenden Augen anschaute, hob mich mit einem schnellen Griff hoch und trug mich zu den vier kleinen Stufen kurz vor der Schule. Er blieb stehen und schaute gedankenverloren auf das Gebäude. "Schaffst du das wirklich?", fragt er ohne den Blick abzuwenden. "Ja." Nach einem kurzen Zögern ließ er mich nieder. Vorsichtig setzte ich den Fuß auf die erste Treppe. Im Augenwinkel bemerkte ich das Zucken seiner Hand um mir zu helfen. Böse funkelte ich ihn an und signalisierte ihm, dass ich keine Hilfe mehr brauchte. Enttäuscht ließ er die Hand sinken. Langsam verlagerte ich mein Gewicht und schritt mit zittrigen Beinen die Treppe hoch. Ich spürte die skeptischen Blicke hinter, vor und neben mir. Ich hörte ihr Worte in der Ferne, versuchte sie auszublenden, doch vergebens. Die Stimmen wurden lauter und drückten auf meinen Körper. Oben angelangt knickte ich erschöpft ein. Behutsam fing man mich auf.
Ich hasste es so hilflos und zerbrechlich zu sein. Ich hasste es von jemanden abhängig zu sein. Ich hasste es beschützt und behütet zu werden. Ich hasste auf einmal alles in meinem Leben. Doch wusste ich nicht, dass dieser Moment im Leben kommen würde? Es war alles viel zu einfach bisher gewesen. Da war es doch klar, dass das Schicksal das nicht weiter zulässt. Das hoffentlich schlimmste Ereignis in meinem Leben hatte ich nun durchlebt. Es kam die Zeit in der ich heilen musste. Diese Zeit ist noch schlimmer als der Moment selbst. Der Heilungsprozess der Seele ist genau das schwierigste und schmerzhafteste im Leben. Es dauert nämlich eine Ewigkeit bis man mit seiner Gegenwart wieder eins ist und sie endlich akzeptiert anstatt an die Vergangenheit zu denken, wo nun mal alles besser war. Tatsächlich war ich froh nicht mehr alleine zu sein. Allein wär ich an dem Schmerz zerbrochen, wie eine zarte Porzellanpuppe. Vor mir öffnete sich der breite Gang voller schwerer Erinnerungen. Zuletzt atmete ich die kühle Luft ein und ging voller Hoffnung in eine neue Zukunft.

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