Küchenphilosophie

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Kreise, um Kreise, um Kreise,
umkreise ich den oberen Rand meiner leeren Kaffeetasse auf dem Tisch vor mir.
Warum sitze ich nur immer noch hier?
Sitze hier bis weit nach Mitternacht,
hab acht,
und denke.
Ja, ich denke, denke, bis ich abschwenke. 
Höre die leise Musik aus dem Radio vor sich hin dudeln,
und seufze.
Mein Blick schweift zum Fenster, durch das das Mondlicht fällt,
welches den Raum erhellt.
Die kleine einsame Küche und ich mittendrin,
bin wie verfallen dem Wahnsinn.
Male Kreise, um Kreise, um Kreise um den oberen Rand der Tasse,
ach, wie ich es hasse.
Die Einsamkeit, die ich versuche auszuschließen,
anstatt die Zeit für mich alleine zu genießen.
Doch ich will nicht alleine sein,
lieber zu zweit, zu dritt wünsche ich es mir insgeheim.
Nicht nur ich, die leere Kaffeetasse und das Radio,
und sowieso,
ich will mehr als all das nur,
bin dem Glück schon auf der Spur,
noch habe ich Hoffnung, suche, gucke, finde
nichts abgesehen von der Mandarinenrinde.
Wenigstens riecht die Mandarine gut,
lockt, verführt mich, macht mir Mut.
Vielleicht muss ich ja einfach raus,
was finde ich den schon Zuhaus?
Alles hier kenne ich, weiß ich, bin ich,
doch auf Dauer langweilt es mich.
Will was wagen,
einfach ohne fragen,
raus aus dem Haus
und rein in die bunte weite Welt,
widdewidde wie sie mir gefällt.
Will mir große Schuhe kaufen,
mir die Haare rot färben und mich raufen.
Singend durch die Welt spazieren,
an einer Universität das Lachen studieren,
einmal wieder Kind sein.
Aber wie soll das gehen?
Ich hab keine Ideen,
ich kann mir doch nicht einfach Draht in die Haare flechten,
und mit einem unechten
Affen und Pferd herum marschieren.
Die Menschen würden mich abservieren,
die Köpfe schütteln und es nicht verstehen.
Sie würden die Augen verdrehen,
mich komisch ansehen
und fortgehen.
Dann wäre ich wieder allein und einsam.
All die anderen gemeinsam,
tuscheln, reden, zeigen auf mich,
und ich würde so tun als sähe ich es nicht.
Gepeinigt, enttäuscht und bloßgestellt,
komme ich mir vor, als wäre ich allein auf der Welt.
Ob dort, in meinem Bett oder in der Küche ist jetzt auch egal,
überall ist es eine Qual
anders zu sein als nur normal,
ja, es ist katastrophal.
Dabei ist es in Büchern und Filmen doch alles so leicht:
Was wäre Pippi Langstrumpf ohne ihren Humor und ihre Kraft?
Auch Jim Knopf wäre nicht so zauberhaft,
ganz zu schweigen von dem Grüffelo oder Alice im Wunderland.
Wer nähme das Buch denn schon ohne den verrückten Hutmacher in die Hand?
Ja, sind sie weit weg von uns und betrachten wir sie nur aus der Ferne, haben wir sie alle gerne,
doch sind sie dann bei uns,
verschwinden wir mit Schwungs.
Alles was wir nicht kennen ist erst mal fehlerhaft,
auch mir ging es mal so, - lachhaft.
Was haben wir nur? Was ist nur los?
Diese ganze Welt wirkt plötzlich so groß.
Und genau das hemmt mich, hält mich zurück,
ich wünschte, ich hätt mehr Mut und Glück.
Denn das ist es, was mir fehlt,
dann hab ich alles was zählt.
Aber ich sitze hier in meiner Küche,
spüre, alles um mich herum geht in die Brüche,
auch mein Inneres ist gebrochen,
ja, ich weiß ich hab's versprochen,
wollte nicht mehr kaputt sein
und aufhören zu wein.
Doch jetzt sitze ich hier,
blass wie ein Vampir
und mit rotgeweinten Augen,
wer wird mir das glauben?
Dabei wollte ich doch einfach nur so sein wie der Wind,
so frei wie jedes kleine Kind,
wenn es rennt, wenn es lacht,
wenn es seine Späße macht.
Aber dieses Kind bin ich nicht mehr,
doch ich wünsche es mir so sehr.
Will aber trotzdem noch nicht aufgeben,
ich will noch mein Leben leben,
vielleicht nicht mehr heute aber Morgen,
dann mach ich mir keine Sorgen,
singe, tanze, kichere, renne,
solange bis ich einpenne.
Ja, das passt, das gefällt mir,
morgen sitz ich nicht mehr hier,
morgen mach ich was ich machen will,
morgen bin ich alles, nur nicht still.
morgen bin ich nicht allein,
morgen mache mich nicht mehr klein.
Morgen...
Und jetzt?
Jetzt schleiche ich durch den Flur in mein Bett,
hier ist es nett.

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