„Mama?" Die kleine, klebrige Hand meines Sohnes schob sich in meine und ließ mich schmunzeln. Anscheinend hatte er schon wieder heimlich genascht. Das würde dem Weihnachtsmann ganz bestimmt nicht gefallen. Mein Jüngster war so klein, dass er dachte, wir würden nicht merken, wenn er immer nur einen Bonbon heimlich nahm.
„Was ist denn los Linus?" Lächelnd kniete ich mich zu dem blonden Jungen und strich ihm den Pony aus dem Gesicht. Er musste dringend mal wieder zum Friseur.
Linus lächelte mich aufgeregt an und wippte auf den Fersen herum. „Wie lang noch bis der Weihnachsmann kommt?" Seine blauen Augen, Louis Augen, leuchteten vor Aufregung. Nur Kinder konnten sich so freuen und immer, wenn ich Noah und Linus verglich, wurde ich ein wenig traurig. Noah war acht Jahre alt, er kannte die Welt schon und wurde von Tag zu Tag so viel erwachsener. Bald schon würde er kein Kind mehr sein. Aber Linus, würde bald zum Glück erst vier werden und für ihn war jeder Tag ein Abenteuer. Wenn er Schnee sah, geriet er ganz aus dem Häuschen und der Gedanke an einen Weihnachtsmann und die Zahnfee waren so aufregend für ihn, dass er kaum mehr schlafen konnte. Voll Ungeduld wartete er auf seinen ersten Wackelzahn.
„Nicht mehr allzu lange", versprach ich ihm und deutete dann auf seinen Schokoladenadventskalender. „Du machst jeden Tag eine Tür auf und am 24., wenn alle Türen auf sind und du Geburtstag hast, dann kommt der Weihnachtsmann in genau der Nacht."
In Linus Kopf arbeitete es, das konnte ich genau sehen. Er starrte die Türen vom Kalender angestrengt an, wurde aber durch die Haustür unterbrochen. Grace hatte Noah und Mia heute mit Amelia von der Schule abgeholt, weil Louis arbeiten musste und Linus noch immer einen Schnupfen hatte.
„Hallo!", hörte ich meine Kinder brüllen und die Tür fiel krachend zu. Es polterte im Flur und kurz darauf standen meine beiden großen mit geröteten Wangen vor mir und grinsten. „Was gibt's zu essen? Nudeln?"
„Ja Nudeln Carbonara, die habt ihr euch gewünscht."
Noah grinste Linus an und hockte sich zu ihm, als sein kleiner Bruder ihn aufgeregt am Ärmel zog. „Wie viele Türn noch Noah?" Linus war die Aufregung deutlich anzuhören doch Noah nahm es geduldig wie immer hin. Gemeinsam mit seinem Bruder zählte er die geschlossenen Türen.
Mia legte den Kopf schief und strich sich eine Strähne hinters Ohr. Irgendwie wirkte sie ziemlich bedrückt auf mich.
„Setzt ihr euch alle an den Tisch? Dann können wir gleich essen." Meine Kinder folgten meiner Bitte ausnahmsweise und sahen mit großen Augen zu den Töpfen. Kaum hatte ich Noah und Mia aufgetan, schaufelten sie das Essen auch schon hungrig in sich hinein. Linus ließ sich wie immer Zeit und sah sich jede Nudel genau an, bevor er sie in den Mund nahm. Er war noch nie ein großer Esser gewesen.
„Wollen wir heute eure Wunschzettel fertig machen, damit der Nikolaus sie morgen Nacht mitnehmen kann? Nicht, dass der Weihnachtsmann sie zu spät bekommt."
Bei meinen Worten fiel Linus vor Schreck die Nudel aus dem Mund. Der Gedanke, es könnte zu spät sein und es gäbe keine Geschenke mehr für ihn gefiel ihm gar nicht. Noah nickte langsam, aber ich hatte schon lange den Verdacht, dass er nicht mehr wirklich an den Weihnachtsmann glaubte. Und Mia...Mia sah mich traurig an.
„Was ist den los mein Spatz?" Liebevoll strich ich meiner Tochter eine Strähne hinters Ohr, aber Mia drehte ihren Kopf weg.
„Frau Bolwin sagt, den Weihnachtsmann gibt es gar nicht. Sie sagt, dass die Eltern für die Kinder Weihnachtsmann spielen. Ihr kauft Geschenke und dann verkleidet Papa sich als Weihnachtsmann." In ihren blauen Augen glitzerte es verdächtig und ihre Unterlippe bebte, während sie sprach.

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Weihnachtswichtelgeschichten
FanficDieses Jahr gibt es die Wichtelgeschichten mal bei mir und nicht auf unserem Gemeinschaftsprofil und zwar, weil Watty mich da nichts hochladen lässt. Für Jasmin und für Michelle, immer dran denken, zuerst die Geschichte lesen, die für euch bestimmt...