Neue Bekanntschaften

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In einer leeren Seitengasse tauchten wir schließlich wieder auf, doch die Frau, deren Namen ich noch immer nicht kannte, zerrte uns schon weiter und letztendlich kamen wir vor einem Mehrfamilienhaus zum stehen:
"Okay, bevor wir reingehen... Ich darf eigentlich keinen Männerbesuch mitbringen", sagte die Frau.
"Na wenn das so ist, gehen wir lieber wieder...", wollte Newt sich gerade mit Mr Kowalski und mir auf den Weg machen, doch erneut wurden wir aufgehalten:
"Oh nein, Sie kommen mit! Sie schleichen sich gleich die Treppe hoch und Sie", sie wendete sich an mich, "Sie werden sich einfach als eine Freundin von mir ausgeben", befahl sie mir regelrecht und augenverdrehend meinte ich: "Ach, okay. Was tut man nicht alles für eine völlig fremde Person, die einem vor kurzem noch von der einzigen nicht unbekannten Person in einem fremden Land getrennt hat?", seufzte ich übertrieben theatralisch, womit ich Newt ein Lächeln auf die Lippen und der Fremden einen leicht angenervten Ausdruck ins Gesicht zauberte.
Doch endlich stellte sie sich vor:
"Mein Name ist Porpentina Goldstein, aber ich werde lieber Tina genannt. Ich arbeite beim Macusa."
Ich musste mich mit dieser Antwort wohl oder übel zufrieden geben, denn nun schleifte sie uns auch schon ins Haus.
Leise schlichen Mr Kowalski und Newt die Holztreppe hoch und Tina und ich kamen gerade auch ins Treppenhaus, als eine scheinbar ältere Dame fragte:
"Tina, bist du es? Und wen hast du denn da mitgebracht?"
"Ja, ich bin's. Ich bin mit einer Freundin von mir hier, Mrs Esposito", meinte Tina mit Nervosität im Gesicht.
"Hallo", machte ich mich daraufhin bemerkbar.
Offensichtlich gab die alte Frau sich damit zufrieden und wunderte sich nicht weiter über das leise aber doch hörbare Knarzen der Treppenstufen, wodurch wir ohne weiteres in ein kleines Apartment im ersten Stock des Hauses gelangten.
Die kleine Wohnung war recht geschmackvoll eingerichtet, hauptsächlich mit Möbeln aus Holz, was alles sehr gemütlich wirken ließ.
Nun kam eine weitere, blondhaarige Frau aus dem Nebenzimmer herein:
"Oh, Tina, du hast Besuch mitgebracht."
"Das ist meine Schwester Queenie", sagte Tina und begann, uns ihrer Schwester vorzustellen:
"Und das hier sind Mr Kowalski, ein No-Maj, Mr Scamander und..." Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass ihr jetzt also auch endlich aufgefallen war, dass sie meinen Namen gar nicht kannte.
"Elizabeth Gorthon", sagte ich nur, ohne mir groß anmerken zu lassen, wie genervt ich von dieser Frau war.
"Den beiden sind einige magische Tierwesen entflohen, von denen eines Mr Kowalski gebissen hat. Das bedeutet, dass ich die beiden eigentlich verhaften müsste, du kennst ja den Artikel 3A", redete Tina los.
"Du hast Kriminelle hierher gebracht? Wie aufregend!", freute sich Queenie. Schließlich fiel ihr Blick auf Mr Kowalski:
"Oh, es muss ein anstrengender Tag für dich gewesen sein, setz' dich." Sie machte eine kurze Pause, bevor sie weitersprach:
"Wie schade, du hast deinen Kredit für deine Bäckerei nicht bekommen. Du backst, Liebling? Ich koche für mein Leben gern!"
"Sie sind ein Legilimentor", stellte ich erstaunt fest.
"Ja, das stimmt. Aber ich finde, es ist immer so schwer die Gedanken von Ausländern zu lesen, wegen des Akzents."
"Verstehe. Es muss sehr nützlich sein, jederzeit erfahren zu können, was andere denken, oder?"
"Ja, schon, aber manchmal ist es auch ein wenig lästig, wenn man etwas mitbekommt, das man lieber nicht wissen wollte. Aber es ist oft einfach zu verlockend."
"Ach, das ist mir auch schon ab und zu passiert, als ich jemandem, der mich nicht kannte, einen Brief überbracht habe. Sowas mache ich hin und wieder für Newt oder meine Familie."
Ich erntete nur einen verwirrten Blick von Queenie. Offenbar versuchte sie gar nicht, meine Gedanken zu lesen, also erklärte ich es ihr kurz und nur für sie hörbar:
"Ich bin ein Animagus. Ich kann dir später mal meine Gestalt zeigen."
Ich fand eigentlich nicht, dass gleich jeder wissen musste, was ich war, aber Queenie war mir direkt sympathisch und irgendwie vertraute ich ihr, auch wenn sie auf den ersten Blick nicht so wirkte, als könne sie Geheimnisse gut für sich behalten.

Mittlerweile saßen wir alle am Tisch und aßen. Queenie hatte ein sehr leckeres Mahl gezaubert und unterhielt sich nun angeregt mit Jakob. Verträumt sahen die beiden sich an und scheinbar hatten wir drei, Newt, Porpentina und ich, alle das gleiche über die beiden gedacht, denn nun meinte Queenie an die Runde gerichtet:
"Hey, ich mache ihm keine schönen Augen." Dabei sah man aber, wie ihre Wangen sich röteten.
"Naja, es ist nur so, dass er später ja sowieso wieder obliviiert werden wird", meinte ihre Schwester.
Ich hingegen fand die beiden zusammen einfach süß.
"Obliviiert? Was heißt das?", wollte Jakob nun wissen.
"Also, es werden all Ihre Erinnerungen an uns und sonstige Zauberei gelöscht. Sie werden quasi aufwachen und sich an nichts hiervon erinnern", erläuterte Newt zögerlich. Der Muggel schien geschockt und ein betretendes Schweigen begann das Porpentina schließlich brach, als wir gerade mit dem Essen fertig waren:
"Ich denke, Mr Scamander, Mr Kowalski und Mrs Gorthon könnten noch einen Schlafplatz gebrauchen. Die beiden Herren können im Gästezimmer übernachten, und Mrs Gorthon..."
"Ich könnte zur Not bei Queenie übernachten, falls sonst kein Platz mehr im Gästezimmer sein sollte", sagte ich mit einem Augenzwinkern in Queenies Richtung.

Newt, der von Anfang an nicht so begeistert davon war, hierzubleiben, wollte natürlich wieder gehen, doch mit einem flehenden Hundeblick schaffte ich es doch noch, ihn zum Bleiben zu überreden. Gut, es lag auch daran, dass Porpentina ihn nicht gehen lassen wollte, andererseits hatte ich mit Queenie nach langer Zeit endlich eine neue Freundin gefunden, die ich nicht gleich wieder verlassen wollte.
Außerdem hätten wir die Nacht auch gut und gerne in Newts Koffer verbringen können, doch wie mir schien, war Newt nicht sonderlich begeistert davon, die Neugier der anderen noch mehr zu wecken und wahrscheinlich hätte Tina sich sowieso bloß wieder aufgeregt, weil der Besitz von Tierwesen in Amerika eigentlich verboten war und sie eher die Art Mensch war, die Gesetze so streng wie möglich befolgen wollte.

Bevor ich Queenie in ihr Zimmer folgte, wünschte ich Newt noch eine gute Nacht und während ich ihn umarmte, flüsterte ich ihm ins Ohr:
"Willst du gleich noch in deinen Koffer? Ich weiß nur dass das Erumpent, ein Billywig und eins der Occamy abgehauen sind. Dougal also wahrscheinlich auch."
"Ja, wollte ich, danke, dass du mir das sagst", flüsterte er zurück.
"Ich wollte heute Nacht sowieso noch etwas die Gegend erkunden, um mir einen Überblick zu verschaffen und bei der Gelegenheit auch gleich nach den Tierwesen suchen. Ich denke du auch?", meinte ich noch, bevor wir uns lösten und Newt mit einem leichten Nicken die Tür zum Gästezimmer schloss.

Die Unbekannte im Fall Newt Scamander, Artikel 3AWo Geschichten leben. Entdecke jetzt