Als Sabine gehört hatte, wie bald Ezra, Kanan und Ahsoka nach Malachor aufbrechen wollten, hatte sie sich sofort auf die Suche nach dem Padawan gemacht. Sie wusste, dass Hera sich gerade von Kanan verabschiedete – immerhin hatte sie ihn selbst zu ihr geschickt – und das würde fürs Erste die gesamte Aufmerksamkeit der Beiden auf sich ziehen. Vorerst würde sie sie daher in Ruhe lassen, und sich später von Kanan verabschieden. Jetzt war es wichtiger, Specter sechs zu finden... denn unter keinen Umständen würde sie zulassen, dass er ging, ohne ihr auf Wiedersehen gesagt zu haben – erst recht nicht, weil er sich von Zeb schon halbwegs vernünftig verabschiedet hatte.
Sie fand den jungen Jedi draußen vor der Phantom, gegen eine der zahlreichen Frachtkisten gelehnt, die noch niemand weggeräumt hatte.
„Ihr werdet bald starten, nicht?"
Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Die Mandalorianerin legte eine Hand auf Ezras Schulter, woraufhin der Jüngere überrascht aufblickte.
Dann nickte er langsam.
„Ja... in ein paar Stunden. Sobald alles vorbereitet ist. Hera war nicht sonderlich begeistert von dem Gedanken, Kanan gehen zu lassen... sie würde ihn nie von etwas abhalten, das im Sinne der Rebellion ist, aber sie möchte sich zumindest ausgiebig verabschieden, also zieht sich die Abreise etwas hin."
„Das scheint dir nicht besonders zu passen.", bemerkte Sabine.
Der Teil war aus seiner Stimme nicht sonderlich schwer herauszuhören gewesen.
„Na ja... also... ich will das alles nur nicht so lange hinauszögern, weil ich unglaublich aufgewühlt bin. Mir wäre es am Liebsten, wenn wir es schon hinter uns hätten.", gab Specter sechs zu und seufzte.
„Das verstehe ich. Aber mach dich nicht verrückt, ja? Ihr schafft das schon.", versuchte sie, ihn ein wenig aufzumuntern. Sie sah ihn nicht gern so nervös. „Wie bald werdet ihr zurück sein?"
„Sabine, ich habe schon Zeb gesagt, ich weiß nicht, ob wir überhaupt zurückkommen.", erklärte er, seine Stimme extrem ernst.
Dass er tatsächlich glaubte, er würde sterben... sie hasste den Gedanken. Und im selben Moment beschloss sie, dass sie weder seinen Pessimismus, noch die Option, dass die Beiden nicht zurückkamen, akzeptieren würde.
„Oh doch. Ihr werdet zurückkommen.", beharrte sie. „Und weißt du auch, warum?" Ezra schüttelte den Kopf und schaute sie verständnislos an. „Weil ich dir das hier geben werde."
Sie legte ihm etwas um den Hals. Es war eine Kette mit einem kleinen bunten Phönix-Anhänger daran.
„W-was ist das?", murmelte er perplex.
„Mein Glücksbringer.", erklärte sie. „Ich habe ihn, seit ich acht war, und lege ihn quasi nie ab. Und jetzt wirst du ihn tragen."
„Warum?"
Sie verschränkte die Arme und wollte fast lachen. Irgendetwas daran, dass er einfach nicht begreifen wollte, was sie ihm zu sagen versuchte, amüsierte sie – aber das mochte gut und gerne auch einfach an der Angst liegen, die sie hysterisch werden ließ. So sehr Specter fünf bestimmte Dinge auch leugnete... der Junge war ihr ans Herz gewachsen, und nun plötzlich wieder ohne ihn leben zu müssen, war für sie unvorstellbar.
„Weil ich sehr, sehr, sehr sauer werde, wenn du ihn mir nicht zurückbringst. Und du möchtest nicht erleben, wenn ich wirklich sauer werde, glaub mir.", erklärte Sabine bestimmt und grinste. Dann zog die Mandalorianerin den Padawan in eine lange, liebevolle Umarmung, aus der sich die Beiden am Liebsten gar nicht mehr gelöst hätten – zu sehr genossen sie es, sich so nah zu sein, sich gegenseitig Sicherheit und Halt zu geben, wenn auch nur für ein paar Sekunden. Als sie ihn losließ, wirkte er ruhiger und strahlte übers ganze Gesicht. „Pass auf dich auf, Ezra Bridger.", sagte Sabine noch einmal mit Nachdruck.
„Du auch auf dich, Specter fünf.", erwiderte er.
Dann ließen sich die Beiden auf die herumstehenden Kisten fallen und beobachteten zusammen den Sonnenuntergang.Kanans und Heras Abschied war ganz anders. Er war lange nicht so kindlich naiv. Sie waren Beide Erwachsene, und hatten Beide bereits einen Krieg überlebt. Specter eins und zwei kannten die Risiken des Krieges nur zu gut. Sie wussten, dass das hier kein Spiel war, und versuchen auch nicht, so zu tun, als sei das, was Meister und Padawan vorhatten, nicht unglaublich gefährlich. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass einer von ihnen sterben würde, gab es immer, aber diese Mission war besonders riskant.
„Komm ja zurück. Wir brauchen dich. Und pass auf Ezra auf.", bat Hera in einem Tonfall, der mehr besorgt als warnend klang und schaute ihren Mann beinahe traurig an.
Nach dem Sonnenuntergang waren sie zurück ins Schiff gegangen. Jetzt saßen sie gemeinsam im Cockpit. Die Twi'lek hatte ihre kleine Tochter auf den Schoß genommen, und Kanan wusste, dass sie das tat, um ihn daran zu erinnern, dass er nicht wegbleiben konnte, weil er hier gebraucht wurde.
„Das werde ich. Ich würde nicht im Traum daran denken, euch zwei freiwillig allein zu lassen."
„Kannst du es dir nicht doch nochmal überlegen? Ich hasse den Gedanken, dass ihr euch einer solchen Gefahr allein aussetzt. Wenn wir zusammen gehen würden, könnte ich euch zumindest beschützen. Wir arbeiten besser als Team als allein."
Hera wusste, als sie das sagte, dass ihr Mann seine Entscheidung bereits getroffen hatte, aber sie wusste auch, dass sie es sich selbst schuldete, alles versucht zu haben, damit sie nicht ihr Leben lang bereute, es nicht getan zu haben. Wenn sie ihn hätte begleiten können, hätte sie sich weniger Gedanken gemacht, weil sie ihn hätte verarzten können, falls etwas schief lief. Aber das hätte er nie zugelassen, und das wusste sie.
„Ich werde dich nicht an einen solchen Ort mitnehmen. Auch nicht Sabine oder Zeb. Es wäre mir sogar lieber, wenn überhaupt niemand außer mir gehen müsste. Aber wenn wir schon gehen müssen... dann bringen wir wenigstens keinen von euch in Gefahr. Das muss getan werden, aber von uns. Nicht von euch."
Die Twi'lek senkte den Kopf. Seine Antwort war genau die, die sie erwartet hatte.
„Ich weiß."
Hera seufzte und wünschte sich, es würde nicht die Zukunft der Galaxie auf dem Spiel stehen, weil sie nicht selbstsüchtig genug war, um ihm zu sagen, dass sie wollte, dass er blieb. Die Entscheidungen, die sie jetzt trafen, würden die Zukunft der folgenden Generationen beeinflussen. Die Zukunft ihrer Tochter beeinflussen. Das musste über allem anderen stehen... vor allem über den eigenen Wünschen und Sehnsüchten, wenn diese so simpel und bedeutungslos waren wie ihre. Aber... zumindest diesen einen Moment wollte die Pilotin noch mit ihrem Mann teilen, und all die Gedanken daran, was vielleicht morgen sein würde, fürs Erste vergessen. Sie griff mit der freien Hand nach seinem Arm. Er lächelte und strich ihr liebevoll über die Lekku.
Hera war stur, und unnachgiebig. Aber sie war so, weil sie sich Gedanken um ihn machte. Hätte Kanan nach seinem Herzen entschieden, dann wäre er nicht gegangen. Er wäre bei seiner Familie geblieben. Hätte die Seite seiner Pilotin nie wieder verlassen. Aber die Chance, die Sith auszulöschen... das könnte mehr Sicherheit bedeuten, für seine Familie, und für die ganze Galaxie. Ein Teil von Hera war stolz auf ihn, weil er so entschied. Liebte ihn dafür noch mehr – so schwer es ihr auch fiel, mit dem Gedanken zu leben, ihn möglicherweise zu verlieren.
Vielleicht war es der Jedi in ihm, der Kanan dazu brachte, so zu entscheiden. Caleb Dume war lange tot gewesen, aber dann hatte er Hera kennengelernt, und sie hatte all das, was er so lange in seinem Herzen verschlossen hatte, wieder hochgeholt. Im ersten Moment war ihm das mehr als nur zuwider gewesen... aber inzwischen liebte er sie dafür, dass sie ihm dabei geholfen hatte, die Vergangenheit zu akzeptieren, und mit ihr abzuschließen. Hera und er gaben einander Halt... und wie sein Leben verlaufen wäre, wenn er sie nicht getroffen hätte, vermochte Kanan sich gar nicht auszumalen.
„Ich liebe dich.", flüsterte er und küsste sie. Dann nahm er seine Tochter hoch und wiegte sie in seinem Arm hin und her. Das Mädchen wirkte irgendwie traurig. Machtsensitiv oder nicht, die betrübte Stimmung ihrer Eltern ging nicht spurlos an der Kleinen vorbei. Sie merkte, dass etwas anders war als sonst – auch wenn sie wahrscheinlich nicht verstand, was. Eleena war den ganzen Abend ungewohnt still gewesen, und Specter eins gefiel das gar nicht. Er sah sie nicht gern unglücklich. „Daddy wird schon auf sich aufpassen, okay?" Der neunundzwanzigjährige gab Eleena einen Kuss auf die Stirn. „Wir sehen uns bald wieder, ve-"
Hera ließ ich nicht ausreden. Ihre Augen wurden traurig.
„Du weißt so gut wie ich, dass du das nicht versprechen kannst. Aber seid bitte vorsichtig."
Er nickte.
„Sind wir doch immer.", erklärte der Jedi, woraufhin seine Frau ihn zweifelnd anschaute und die Augen verdrehte.
Sie nahm Eleena wieder selbst, setzte sich auf seinen Schoß und fing an, dem Mädchen etwas vorzusingen, bis diese schließlich in ihren Armen friedlich einschlief. Ihr Mann schaute ihr lächelnd dabei zu und es gab keinen Ort in der Galaxie, an dem er in diesem Moment lieber gewesen wäre.
„Du solltest dich auch schlafen legen.", murmelte die Twi'lek nach einer Weile. „Morgen solltest du ausgeschlafen sein."
Kanan nickte, aber machte keine Anstalten, sich vom Fleck zu bewegen, sondern legte seine Arme um Hera und Eleena.
„Nur noch ein paar Minuten..."
Die Pilotin nahm die Antwort hin, schmiegte ihren Kopf an seinen Hals und schloss die Augen. Wenn sie gekonnt hätte, hätte sie die Zeit eingefroren und wäre für immer hier verweilt – in diesem einen kurzen, friedlichen Moment, von dem sie wusste, dass sie ihn nicht festhalten konnte.Ezra war inzwischen eingenickt, sein Kopf war auf Sabines Schulter gekippt. Er wirkte mit einem Mal so friedlich, so entspannt, dass sie es nicht übers Herz brachte, ihn zu wecken. Sie würde es früher oder später tuen müssen, immerhin konnten die Beiden schlecht die ganze Nacht hier draußen im sitzen verbringen, aber zumindest eine Weile lang wollte sie ihn hier schlafen lassen, denn sie war sich nicht sicher, ob er, so nervös, wie er war, überhaupt wieder würde schlafen können, wenn sie ihn erst einmal geweckt hatte.
Noch ahnte keiner von ihnen etwas von dem Sturm, der folgen, und ihrer aller Leben für immer verändern würde.
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Bevor wir durch die Hölle gehen
FanfictionAbschiede sind nie leicht. Besonders dann nicht, wenn man Angst davor hat, dass es letzte Abschiede sein könnten. Aber Sabine ist nicht bereit, Ezra ohne vernünftige Verabschiedung nach Malachor gehen zu lassen. Und Hera geht es mit Kanan genauso.