Mason

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Unsere Beobachtungen wurde durch ein lautes Räuspern unterbrochen. Wir wendeten fast synchron unsere Köpfe in Richtung des Geräusches. Und was sah ich? Meine Lehrerin, Mrs. Martins, doch sie sah nur ihn an. „Würden Sie sich nun bitte vorstellen, Mr. Lewis?", drängte sie ihn schon fast dazu endlich fortzufahren und dann begann er zu sprechen. „Mason Lewis, 18 Jahre. Fragen?" Seine Stimme klang tief und rau. Man merkte, dass ihm dieses zur Schau gestelle ziemlich nervte. Wer will schon gern beobachtet und ausgefragt werden? Sein Blick schweifte über die gesamte Klasse, was einige Reaktionen mit sich brachte, doch landete er am Ende doch nur wieder bei mir. Er sah mich kurz an und begann dann die Anderen genauer zu betrachten. Einige Arme hoben sich, darunter Melanie und Naomi, sowie einige Jungs. Naomi war schon immer ziemlich neugierig und wollte seine Reaktion testen. Melanie wollte immer nur herausfinden, ob sie Chancen hatte ihre Liste zu erweitern. Die Jungs waren natürlich schnell beim Thema Sport gelandet. Als Mason die Bestätigung lieferte, Fußball zu spielen, war das gegröle groß und die Jungs klatschten untereinander ab. Sie suchten schon lange nach einem Spieler. Es kamen noch Fragen, ob er single sei, ein Auto hätte und warum er hier sei. Typisch, abernervig. Warum müssen Menschen immer das Privatleben erforschen wollen? Für mich wäre das nichts, doch er antwortete auf jede Frage kurz und knapp. Dagegen war nichts einzuwenden, doch dieses ekelhafte Quitschen einiger Mädchen hier im Raum ließ mein Trommelfell fastzerschellen. Pfui. Single. Dieses Worte war wie ein Startsignal für einige Mädchen ihre Brüste zu puschen, Haut zu zeigen und zu zwinkern wie eine Irre, was für mich eher aussah wie ein Krampfanfall.

Ich wendete meinen Blick von dem irrelevanten Zeug ab und widmetete mich meinem Zeichenblock. Ich begann seine Augen zu zeichen, verschlungen in einer riesigen Baumkrone. Es passte zu ihm. Es passte zu mir. Ich hatte schon immer das Gefühl, dass viele Leute einen Menschen betrachten konnten, doch sah man nur, was man wollte oder einem gezeigt wurde. Diese Tiefe in seinen Augen war wie ein Signal fürmich, dass er war wie alle und doch so anders. Er faszinierte und verwirrte mich zugleich, obwohl ich ihn nicht kannte. Trotzdessen nahm ich mir vor mich fern zu halten, besser für alle Beteiligten, aber scheinbar sahen einige das anders.

Der Stuhl neben mir wurde zurück geschoben und jemand setzte sich . Ohne aufzusehen wusste ich, dass es Mason war, denn neben mir war der einzige freie Platz. „Du hast Talent.", kam es von ihm und mir wurde sogleich das Blatt entzogen. Ich richtete meinen nun genervten Blick auf ihn, docher betrachtete nur das Bild. „Fürs zeichnen ignoriert zu werden..Das hab ich noch nie erlebt, aber anders ist gut hn?", sprach er, sah zu mir und zwinkerte. „Gewöhn dich dran.", war mein einziges Kommentar als ich ihm mein Blatt entzog und weiter zeichnete. Da kam sogleich der Player durch. Er bestätigte mir damit nur meinen Gedanken, dass er irgendwie war wie alle anderen. Mrs.Martins kannte das zeichnen schon von mir und meinte, es sei meine eigene Art der Philosophie. Ich wusste, dass sie es einfach nur aufgegeben hatte zu protestieren oder mich dem Raum zu verweisen. Mason schwieg den Rest der Stunde, doch ich spürte mehrmals seinen Blick auf mir. Ich merkte, dass nicht nur Mason mich ansah, sondern auch Naomi. Ich sah sie an und konnte in ihren Augensehen, dass ich mir so einiges anhören dürfte.

Naomi und ich hatten schon immer unsere eigene Art. Wir kannten uns seit Kindertagen und dementsprechend gut. Sie kannte mich wirklich. Sie hatte quasi einen siebten Sinn dafür, wenn etwas anders war und das spürte nicht nur sie, doch ich wusste nicht, was anders war. Es herauszufinden war trotzdessen nicht mein Ziel. Veränderungen bringen genug Probleme mit sich und denen wollte ich in meinem letzten Jahr einfach nur aus dem Weg gehen.

Das Klingeln unterbrach meinen Gedankengang. Kaum hatte ich den Raum verlassen wurde ich auch sogleich von Naomi abgefangen. „Später?" Sie wusste, was ich damit meinte und nickte nur. Sie sah auch nochmal zu Mason, als würde sie an ihm etwas suchen und nicht finden. Als er dann auch uns erblickte zuckte Naomi zusammen, als hätte sie jemand aufgeweckt und griff nach meinem Arm, um mich mit sich zu ziehen. Wir beide schwiegen, doch es war keine unangenehme Stille. Es war eher eine wissende Stille. Unsere Gespräche müsste wirklich keiner mitbekommen, also gingen wir zum Englischraum, wo uns schon Michael und Noah empfingen. Diese stellten uns auch sogleich gefühlte tausend Fragen, ob der Neuling bei uns sei, wie er war oder ob es etwas gibt, was sie wissen müssten. Ich reagierte nicht, doch Naomi lieferte ihnen ihre individuelle Interpretation über Mason, sowie auch seine genauen Aussagen. Die Jungs waren begeistert, dass endlich mal ein Junge dazu käme. Noah wollte ihn sogleich für die Mannschaft anwerben. Dann fiel mein Name und die Jungs bedachten mich mit einem komischen Blick. Sie spannte die Beiden natürlich gleich für ihre Zwecke ein und ich wusste, dass nachher eine sehr lange Pause stattfinden würde, sodass ich von Ruhe träumend einfach das Gespräch der drei ausblendete und dem Unterricht folgte. Abitur in Englisch war halt wichtiger als Philosophie oder Mason Lewis. Ich bekam nur Wortfetzen mit, um mir vielleicht einen kleinen Überblick darüber zu erhaschen können, was mich nachher erwarten sollte. Dann kam das Stundenende und ich wusste, dass ich den Raum nicht verlassen wollte.

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