Inzwischen waren Naomi, Noah und ich auf den Pausenhof in die Raucherecke gewandert. Micha musste seinen"unnormal wachsenden gigantischen Riesenhunger" befriedigen. Ich nahm einen Hauch Anlauf und schwang mich auf die Mauer neben mir, immerhin war das bei meiner Größe gar nicht so einfach. Ich zündete mir eine Zigartte an und wartete darauf etwas passieren würde, also begann ich einfach mal die Umgebung zu beachten. "Was genau denkst du machst du da?", begann Naomi ein Gespräch. "Ich sitze hier, rauche und beobachte." Damit war das Thema wohl erstmal geklärt. Ich schätze sie wollte, dass Micha dabei war, wenn wir über Mason reden würden. Ich wusste zwar nicht warum, aber okay.
Wenn man vom Teufel spricht, dann ist er nicht weit. Da kam Micha und bei ihm .. Mason. Vor mich hingrinsend war ich glücklich, dass der Gesprächsgrund selbst das Gespräch über ihn verhinderte. Mal sehen, wie lange das so funktioniert. Ich war wohl die einzige, die sich über diese unerwartete Wendungen freute, denn Naomi hatte ihren Killerblick aufgesetzt, als würde sie Micha am liebsten den Hals umdrehen und Noah war sich wohl noch unsicher, was er von all dem halten sollte. "Hey. Leute, das ist Mason." meinte Micha über seinen scheinbaren Erfolg. Ich konnte quasi spüren, wie Naomi explodierte.
3 ... 2 ... 1
Ich hörte sie nur noch ein "Wie dumm ist der eigentlich .. " zischen als sie auf Micha zuging und sich seinen Arm griff, um ihn so mitzuschleifen, wie sie es bei mir getan hat. Ich sah auf und begegnete Masons Blick, der sich sogleich in Bewegung setzte, auf mich zu kam und elegant zu mir auf die Mauer sprang, um sich nur wenige Zentimeter neben mich zu setzen. Ich sah Noah quasi seine Anspannung an, denn er war halt ein Sensibelchen, wenn es um Naomi und mich ging. Ich verdeutlichte ihm mit meinem Blick, dass er ruhig bleiben könne und er nickte kaum merklich, doch setzte sich dann auf die freie Seite der Mauer neben mich. "Rauchen ist ungesund... Warum machst du das?" fragte Mason mich von der Seite. Was sollte ich darauf antworten? Meine Gründe gingen ihn nichts an. Ich erkannte in seiner Seitentasche einen Gegenstand mit der Form und Größe einer Zigarettenschachtel. Kontern. "Sagt der mit der Zigarettenschachtel in der Jackentasche." meinte ich und zog grinsend und provokant an meiner Zigarette, um sie dann in die nächste Ecke zu werfen. Ich denke, er war kontern nicht gewöhnt, denn sein genervtes Schnaufen war nicht zu überhören. So nah, wie er mir war, löste allein dieser leichte Luftzug seinerseits bei mir eine körperliche Reaktion aus, dass sich meine Nackenhaare aufstellten. Er konnte es nicht sehen und doch murmelte er nur irgend etwas vor sich hin, was ich nicht verstehen konnte, also beschloss ich mich meiner Fantasie zuzuwenden, um die letzten freien Minuten der Pause zu genießen und der öden Realität zu genießen.
In meiner Fantasie war alles besser. Sie war mein Zufluchtsort. Ich flüchtete in eine Welt voller Glück. In meiner Fantasie hatte ich einige Erfahrungen meines Lebens nicht gemacht und das war auch gut so. Ich besaß eine richtige Familie und wir machten zusammen Ausflüge. Ich konnte Reisen und die Welt erkunden, Kuba, Kanada, Australien, .. so viele Orte mit so vielen Individualitäten, die ich so sehr bewunderte. Mein Bruder, mein älterer Bruder Isaac, er würde noch leben. Er hätte diesen Unfall überlebt und Marco hätte sich nicht so verändert. Es würde beide noch geben und wir würden, wie damals, jedes Wochenende zusammen mit Naomi weggehen. Mein kleiner Bruder hätte ein echtes Familienglück erlebt. Unser aller Leben wäre so viel anders, als es heute ist. Doch Fantasie ist und bleibt nur Fantasie.
Ein Rütteln an meinen Schultern holte mich in die Realität zurück. Ich sah in wieder in diese wunderschönen grünen Augen. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf, löste seine Hände von meinen Schultern und wendete mich ab. Ich sprang von der Mauer und lief in Richtung Schulgebäude. Ich hielt an meinem Schließfach an um meine Tasche zu nehmen und zu gehen. Das war gerade einfach ein wenig zu viel für mich. Naomi und die Jungs kamen mir entgegen. Naomi sah mich an und wusste, dass ich gehen wollte, dass ich gehen musste, als könnte sie meine Gedanken lesen und meine Gefühle als Gemälde vor sich sehen. Wir umarmten uns und ich lief zwischen den Jungs hindurch. Noah war bewusst, dass ich meine Gründe hatte, doch auch er wusste sie nicht, aber er verstand mich. Mason wusste nichts, ich spürte, wie er nach meiner Hand griff und versuchte mich aufzuhalten und mir einen Zettel zusteckte. Was wollte er von mir? Er verhielt sich, als würden wir uns kennen, als wären wir Freunde und doch ist er nur ein Mensch in der breiten Masse. Ich entzog ihm meine Hand und ging meinen Weg. Ich sah nicht zurück, denn das konnte und wollte ich nicht. Ich hatte zu lange zurück gesehen ohne die Folgen zu bemerken. Naomi sagte immer, dass damals etwas mit mir passiert war, was selbst sie kaum beschreiben konnte. Es sei eine kaum merkliche Veränderung gewesen, doch es war eine Veränderung, die mich geformt hat, zudem, was ich heute bin.
Zu Hause angekommen legte ich meine Tasche ab und sah zur Uhr. Hätte ich gewusst, wie der Tag werden sollte, dann hätte ich diesen Tag auch gleich im Bett verbringen könne. Meinen kleinen Bruder Rafael, müsste ich erst am Nachmittag abholen, also setzte ich mich auf die Couch und startete meinen Laptop um einen Film zu schauen. Ich startete "Mr. und Mrs. Smith". Ich liebte diesen Film, ich hatte ihn schon so oft gesehen. Er bewies, dass das Leben nicht perfekt war und man mit genug Kraft und Leidenschaft alles schaffen kann, trotz Probleme, doch für jedes Problem gibt es eine Lösung. Nach der Hälfte des Filmes fiel mir ein, dass ich irgendwo einen Zettel haben müsste, also kippte ich erstmal meine ganze Tasche aus, anstatt einfach in meine Jackentasche zu sehen, wo er im Endeffekt war. Ich wusste nicht, ob ich wissen wollte, was Mason mir sagen wollte, doch diese Neugier ließ mich den Zettel öffnen. Auf dem Zettel stand genau ein Satz, der mich verwirrte, als ich es eh schon war.
Ich kann dich sehen. - M.
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Wie weit willst du gehen?
Teen FictionAaron Ramirez. Ihre Gabe ist ihre Schauspielkunst. Es ist wie das unsichtbare Theater, nur ohne Auflösung. Sie spielt nicht in Filmen oder Serien, nein. Sie ist ein normales Mädchen, das die Gabe besitzt Leute zu täuschen, um sich selbst zu schützen...