Die Menschen meiden dunkle und verlassene Winkel unserer Erde aus den verschiedensten Gründen. Dies ist meist der Umgebung an sich geschuldet, oder die Leute bringen es mit unliebsamen, manchmal auch schlimmen Gegebenheiten in Verbindung.
Aber dann gibt es auch die Orte, die gemieden werden, obwohl niemand in der Lage ist, den wahren Grund dafür zu nennen. Solchen Orten haftet eine Aura des unaussprechlich Schlechten an. Nicht unbedingt feindlich, aber ohne jeden Zweifel schädlich für Körper und Seele.
Seit meiner Kindheit faszinierte ich mich für Volkssagen. Ungeachtet aus welcher Ecke der Erde, oder von welchem Volk sie stammten. Ich studierte sie alle und sog sie in mich auf. So überraschte es niemanden sonderlich, dass ich mein Steckenpferd, in dem Studium der Legenden des Altertums fand. Damals befand ich mich noch im zarten Alter von nicht einmal ganz achtzehn Jahren.
Auch wenn ich mich mit Feuereifer und einem Fleiß, der für Jungen in meinem Alter doch eher ungewöhnlich war, auf meine neuen Aufgaben stürzte, so vergaß ich doch nie meine tiefste Leidenschaft. Die Sagen und Geschichten, die man sich an den vergessenen, von der Gesellschaft zurückgelassenen Orten dieser Welt erzählt. Geschichten, die selten über die Grenzen ihres Entstehungsortes hinaus ufern und auf keiner Seite eines Buches zu finden sind. Da sie einzig und allein als mündliche Warnung, von einer Generation an die Nächste weitergegeben werden.
So verweilte ich, auch noch einige Jahre nach meinem Studium an der Universität und grub mich durch die Arbeiten eines Professors, der ähnliche Interessen hegte. Es ist mühselig aus den Erkenntnissen Anderer zu lernen, wenn man voll jugendlichem Tatendrang nicht lieber täte, als ein Bündel mit den notwendigsten Kleinigkeiten zu packen und in die Welt zu ziehen um selbst Wissen und Lebenserfahrung zu ernten.
Trotzdem wusste ich, dass es nötig und wichtig war, aus der Erfahrung eines Mannes zu schöpfen, der den Pfad eingeschlagen hatte, auf dem auch ich wandeln wollte.
So kann man sich sicher vorstellen, wie ich fühlte, als mir der, inzwischen alte Mann, folgendes eröffnete.
In der Nähe von „Letterkenny" in Nordirland, in einem tiefen Wald, liege der Eingang zu einem, der vielleicht größten, unterirdischen Tunnelsysteme, der Welt. Das an sich wäre natürlich nicht ungewöhnlich und für den Fachbereich der Geologie sicher von größerem Interesse, als für uns aus dem Bereich, der Völkerkunde. Nein, das Seltsame daran sei, dass es noch nie eine dokumentierte Expedition in diese Höhlen gegeben habe und der Grund dafür seien die Sagen und Geschichten, die diesen Wald umgeben.
Es folgten noch weitere Ausführungen, die hier aber nicht von Belang sind, da es sich größtenteils um Reisedetails, wie Unterbringung, erwartete Dauer und Anreise handelte. Das Entscheidende für mich war, dass vor mir tatsächlich eine, unberührte und unerforschte Legende lag, die vielleicht älter war, als eine Weltreligion und ich sollte ihr auf den Grund gehen.
Die Anreise dauerte länger als erwartet. Die Mittel, die mir von der Universität bereitgestellt wurden, reichten leider nicht für einen Flug. Ja, nicht einmal für ein anständiges Passagierschiff. Es blieb mir nichts anders übrig, als mir eine Überfahrt auf einem Frachtschiff zu besorgen.
Die Nächte auf der „CS Rothschild" waren kalt und obwohl ich für die Überfahrt bezahlt hatte, musste ich tagsüber mitarbeiten. Das alles störte mich aber nur wenig. Ich war noch immer Feuer und Flamme, wenn ich an das Ziel meiner Reise dachte ... ich zum Wahnsinn verdammter Narr.
Im Hafen von Belfast begrüßte mich zum einen, das für Irland typische, verregnete Wetter und ein Chauffeur, dessen Laune sich wohl dem Wetter anpasste.
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Der Besucher (Cosmic Horror)
HorrorEin Junger Forscher soll die volkstümliche Legende eines alten Dorfes untersuchen. Erst zu spät bemerkt er, dass er damit eine Welt düstersten Wahnsinns und unaussprechlicher Schrecken betritt.