Kapitel 24 | Weiß mit roten Blüten

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Nach vielleicht einer Stunde lag Zaeith schläfrig neben mir im Bett, ich in seinen Armen.
Entgegen meiner Erwartung war er ein erstaunlich guter Liebhaber.
Er passt nicht richtig auf, Windläufer. Töte ihn.
Irgendwie wollte ich nicht.
Nicht, weil er gerade so seinen Spaß mit mir gehabt hatte und mir das gefallen hatte.
Es war wieder so ein Splitter des Widerspruchs in mir, der auf keinen Fall wollte, dass ich diesen Elf umbrachte.
Andererseits...
Meister Sargeras hatte mir einen Auftrag gegeben.
Als seine Dienerin war ich dazu verpflichtet, diesen Befehl auszuführen.
Ein kleiner Dolch aus leuchtend grünem Stein formte sich in meiner Hand und ich sah, wie sich die blauen Augen meines Liebhabers öffneten, nur um im Moment des Zustechens aufgerissen zu werden.
Als er panisch versuchte, seine Schicksal doch irgendwie zu verändern, durchfuhr mich plötzlich ein merkwürdiges Gefühl.
Als würde ein Tsunami über meinen Körper rollen.
Ich sog scharf die Luft ein und griff sofort nach dem Dolch, riss ihn schnell aus Zaeiths Brust heraus, während ich gleichzeitig um Hilfe und die wenigen Sprüche, die ich kannte, schrie.
Ein weiterer Tsunami lauerte hinter mir, doch diesmal war es der, der Einsamkeit mit sich bringen würde.
"Dó...ra...gon..." Zaeith keuchte und ich versuchte verzweifelt, das Blut irgendwie vom Fließen abzuhalten.
"Es war Sargeras!", presste ich zwischen meinen verkrampften Lippen hervor, während ich die Tränen fließen ließ. "Nicht ich! Ich könnte dich nie töten, Zaeith...!"
Zaeiths Blick zeigte Verständnis, aber er sprach nicht.
Konnte er nicht?
"Sag etwas...", bettelte ich ihn an. "Ein letztes Mal..."
Er lächelte mitleidig.
Seine Hand strich über meinen Handrücken, als wolle er, dass ich sie nehme.
Ich tat es.
Zaeith zog mich näher und drückte seine Lippen auf meine, während der Zeigefinger seiner anderen Hand Zeichen auf meinen Bauch schrieb, die nach einer Weile silbern leuchteten.
Zaeith löste sich von mir und strich mir über den Bauch. "Da...wächst je...tzt...ein ganz kleiner...Zaeith...", keuchte er und lächelte. "Aber...zuerst ein...kleiner...Elun..."
"Wie?", fragte ich leise und umklammerte seine Hand.
"Albinomagie..." Er schaffte sogar noch ein Grinsen. "Sie...funktioniert...nur einmal...also hab ich...sie für dich...aufgeho...ben..."
Ich fand keine Worte.
Magie, die er auch für jemand anderen hätte ausgeben können, hatte er einfach so für mich aufgehoben.
"Ich liebe dich...", murmelte Zaeith und drückte mich an sich.
"Und ich dich..." Ich krallte mich an ihm fest, als würde ihn das im Diesseits halten.
Zaeiths Lippen formten sich zu einem Lächeln und dann schloss er seine Augen.
Da mein Ohr auf seiner Brust lag, konnte ich genau hören, wie sein Herzschlag verebbte.
Ich erstarrte in meiner Position.
Meine große weiße Liebe war nun auch tot.
Der drohende Tsunami der Einsamkeit flutete über mich hinweg und die Tränen liefen und liefen, benässten Zaeiths Oberkörper und sein Gesicht, sodass es so aussah, als würde der Elf meines Lebens ebenfalls weinen.
Seine Hand, die ich die ganze Zeit fest umklammert hielt, kühlte langsam ab und ich umklammerte sie fester.
Er würde nicht zurückkommen.
Nie wieder.
Wieso war das Leben eines Schwarzdrachen dazu bestimmt, qualvoll und voller Verluste abzulaufen?
Ich verstand es nicht.
Jeden Schwarzdrachen, den ich kannte, hatte es so getroffen.
Sheranion, einst Ratgeber Neltharions, hatte nicht nur zusehen müssen, wie seine Geliebte von Dämonen ermordet wurde, sondern auch seine Freunde verloren und zudem war er der Einzige, der den Verlauf des Wahnsinns von Neltharion zu Deathwing genauestens beobachten konnte.
Erzmagier Luca Silbermond, erwählter Nachfolger des Erdbinders, hatte seinen Vater nicht mal kennengelernt, seine Freunde und Familie von Sterblichen hingerichtet gesehen, drei seiner Kinder und einen ganzen Schwarm verloren.
Geistwandler Ebenhorn hatte Generationen von Taurenstämmen sterben sehen. Unter ihnen bestimmt auch seine Liebe.
Ich hob eine blutverschmierte Hand und streichelte Zaeiths Kopf.
Das Blut blieb an seinen schneeweißen Haaren kleben.
Ich starrte darauf.
Das war sein Blut.
Warum konnte es nicht meines sein?
Warum musste ich immer diejenige sein, die mit Schmerz und Einsamkeit zurückblieb?
Freunde hin oder her, eines Tages würden selbst sie sterben.
Ich holte tief Luft, um meine ganze Verzweiflung in einem Drachenbrüllen auszulassen, doch in dem Moment wurde die Tür - die Zaeith ja vorher abgeschlossen hatte - eingetreten und sie kamen herein.
"Dóragon!" Shikura sah entsetzt aus. "Was ist passiert?!"
Noch immer wortlos in meinen Gefühlen versunken, weinte ich einfach weiter und ließ meinen Kopf wieder auf Zaeiths Brust sinken.
"Dieser Dolch..." Trentox hob den verfluchten Dolch auf. "War eine Assassine hier?"
Ich schüttelte den Kopf und schaffte es "Es war Sargeras" zu flüstern.
Es blieb still unter meinen neugewonnenen Freunden.
"Bringt mich um...", begann ich zu betteln, während ich mich fester an Zaeiths Leiche krallte.

Hunter VS DemonhunterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt