Save me

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Immer mehr Wasser prasselte auf ihn ein. Er wusste, er stand schon mindestens eine halbe Stunde zu lange unter der Dusche, aber es interessierte ihn eher weniger. Viel zu schwer fiel ihm der heutige Tag. Der Besuch bei ihr, ihre Eltern. Nicht die Eltern selbst waren das Problem, nein, niemals, er kannte sie ja vorher schon. Das schwere waren ihre Blicke und Handlungen. Die Familie selbst. Und das wissen, das es nichts in der Welt gibt, das seine Eltern je wieder so miteinander umgehen lassen würde. Nun schon seit einem Jahr geschieden sprachen sie kein Wort miteinander. Er beneidete alle, die dieses Leid nicht teilen. Voller Wut auf seine Eltern, die glücklichen Familien und sich selbst schlug er gegen die Wand der fremden Dusche und lehnte dann seinen Kopf and die kühlen Fliesen, welche im starken Kontrast zu den warmen dicken  Tropfen standen. Ein Schluchzen entwich ihm. Immer mehr bebten seine Schultern, die Gefühle, die er sonst verdrängte, suchten die Freiheit. Er bemerkte gar nicht, wie stark er weinte, bis sich zwei zierliche Arme sanft um ihn schlangen und sich in kleiner weicher Körper vorsichtig an ihn schmiegte. Er spürte wie sie ihr Kopf leicht in sein Kreuz legt und sie ihn einfach nur ruhig von hinten umarmte. Und das war der Moment, in dem er nicht mehr konnte. Bedacht, ihr nicht weh zu tun drehte er sich in ihren Armen um, bevor er schluchzend mit ihr zum Boden der Dusche glitt. Seine zuckenden Schultern hochgezogen, sein Gesicht vergraben in ihrer Halsbeuge. Er spürte wie eine ihrer Hände vorsichtig durch seine Haare glitt, leicht seine Kopfhaut massierte. Ihre andere Hand fuhr immer wieder seinen  Rücken rauf und runter. Sie wirkte nicht verunsichert oder beunruhigt, was er verstand. So oft, wie sie ihn traurig anlächelte, sollte er mit einem einfachen "Gut" auf Fragen zu seiner Familie reagieren, wartete sie anscheinend schon lange auf einen Zusammenbruch seinerseits. Doch sie wartete auf ihn, was ihn nur noch mehr in seiner Liebe bestätigte. Sie drängte ihn zu nichts, stattdessen redete sie immer über Dinge, von denen sie wusste, dass es ihn zum lächeln brachte. Und das half. Auch ihr Dasein jetzt half. Das sie ihn einfach nur in den Arm nahm.  Er war ihr dankbar, das sie nicht solche einfachen Phrasen wie "Es wird alles wieder gut" sagte. Denn das würde es nicht. Und das wussten sie beide. Stattdessen war sie für ihn da und er wusste auch ohne das sie es aussprach, dass ihr einziger Gedanke war, dass sie es gemeinsam schon durchstehen würden. Und das beruhigte ihn. Vielleicht war er noch nicht wieder glücklich, aber wenigstens hörte er auf zu weinen und umarmte sie zurück. Und so saßen sie beide auf dem Boden der Dusche, emotional fast am Ende und trotzdem voller Liebe füreinander, während er sie nur zärtlich und voller Dankbarkeit küsste, da sie ihm selbst in solchen Situationen immer Beistand. Und mehr brauchte er nicht. Sie war da, und auch wenn er sich fragte, wie sie in das abgeschlossene Bad hineingekommen war, so hat er sie fast noch nie zuvor so dringend gebraucht.

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