Ich wusste, dass ich ihm nicht ewig aus dem Weg gehen konnte. Immerhin war und ist er mein Chef. Ich arbeite in einer Abteilung, in der es nur so von "Chefs" wimmelte und ich hatte mir gerade ihn ausgesucht.
Ich war so vertieft in meine Arbeit, dass ich fast zu spät bemerkte, dass mein Telefon klingelte. Ein Blick auf das Displays des Schnurtelefons verriet mir, dass es Maik war. Nach einem kurzem, tiefen Ein- und wieder Ausatmen, hob ich den Hörer ab und hielt ihn an mein rechtes Ohr. "Hallo, wie kann ich helfen", sagte ich in den Plastikapparat in meiner rechten Hand. "Hallo Nathalie. Wir hatten uns doch gedutzt oder?", kam es aus der anderen Leitung. "Ähm.. ja, richtig", gab ich unsicher wieder. "Okay. Nathalie, ich müsste Dich um einen Gefallen bitten. Ich bräuchte bei einer Sache deine Hilfe. Kannst Du kurz zu mir kommen?" "Sicherlich, ich mache mich auf den Weg", gab ich zurück und legte den Hörer zurück an seinen Platz.
Vor dem Eintreten klopfte ich an die Tür. Ich konnte ein leises "Ja" wahrnehmen und drückte die Türklinke nach unten. Beim Eintreten schaute ich mich einen Moment um, betrachtete die Gemälde an der Wand zu meiner Linken. (Der Typ schien Geschmack zu haben). Die Magnettafel daneben war mit einem Bild unserer Abteilung geschmückt. Schlussendlich blieb mein Blick auf meinem Chef hängen. Er schaute konzentriert auf seine beiden Bildschirme und signalisierte mir mit einer kurzen Armbewegung, dass ich mich auf einen der drei Stühle an seinem Besprechungstisch setzen konnte. "Ich bin gleich soweit. Noch eine Sekunde", gab er fast nuschelnd von sich wieder. Ich hielt mich mit meinem Kommentar zurück und nahm Platz. Während er konzentriert den Text niedertippte, an dem er gerade noch saß, schaute ich ihn mir ein bisschen genauer an. Mein Blick blieb zunächst an seinen schwarzen Haaren hängen, die bereits auf der Höhe der Ohren einen leichten Silberstich hatten. Danach schaute ich mir sein Profil genauer an. Er hatte einen 5-Tage-Bart, welcher auch ein paar silberne Stellen aufwies, was ihm, meines Erachtens nach sehr gut stand. Seine braun-grauen Augen waren immer noch auf den Bildschirm fixiert und es wirkte, als hätte er alles um sich herum ausgeblendet. Scheinbar auch, dass ich bereits vor einer gefühlten Ewigkeit Platz genommen hatte.
"Wenn.. eh.. Du.. noch etwas Zeit brauchst, ich komme gerne später nochmal bei Dir vorbei", sagte ich vorsichtig, um seinen Gedankenfluss nicht abrupt zu beenden. "Nein, ich bin fertig", entgegnete er und drehte sich zu mir. Seine Mundwinkel waren zu einem warmen Lächeln geformt, bei dem ich mich direkt wohler fühlte. Seine Augen schauten direkt in meine. Schüchtern schaute ich zu den Bildern. "Gefallen sie Dir?", fragte Maik neugierig. "Ja, sehr. Dieser Ausdruck, den die Impressionisten damals vermitteln wollten, fasziniert mich." Mit dieser Antwort hatte er scheinbar nicht gerechnet. "Du interessierst Dich für Kunst?" Main schien verwundert. Ich nickte. Wieso unterhielten wir uns über Kunst? Ich wollte nur meinen Arbeitsauftrag abholen und schnell wieder verschwinden.
Mir schien es, als hätte er irgendeinen Gefallen an mir gefunden. Während ich mir die groben Informationen notierte, die er mir nannte, spürte ich seine Blicke auf mir. Musste er mich so anschauen? Ich blickte hoch und signalisierte ihm mit meinem Blick, dass er weiter reden sollte. Doch er schaute mich weiter an, legte wieder dieses warme Lächeln auf und ich musste automatisch mitlächeln. Ich spürte, wie meine Wangen sich röteten, daher schaute ich schnell wieder auf mein Notizbuch und sagte: "Können wir jetzt bitte weiter machen? Ich habe leider auch noch andere Sachen zu tun". Mein Gott, wieso war ich plötzlich so abweisend? Er hatte mir nichts getan. Er hat Dir nichts getan Nathalie. Beruhig Dich! Meine innere Stimme versuchte mich wieder runter zu bringen. Er fuhr fort und als ich alles notiert hatte, bedankte ich mich kurz und knapp und lief zur Tür. "Danke Dir!", rief er mir hinterher. Im Türrahmen drehte ich mich noch einmal zu ihm um, er war bereits wieder in seine Arbeit vertieft. Dieser Moment sollte alles verändern. Während ich ihn für einen Bruchteil einer Sekunde beobachtete, fiel mir auf, dass er für sein Alter wirklich gut aussah. Wie alt wird er sein? 35? 38? Etwa in dieses Alter würde ich ihn einschätzen. Und scheiße, er sah ziemlich gut aus. Das machte die Sache nicht leichter.
Und so, wie es kommen sollte, kam es und wir hatten unser erstes Projekt zusammen. Wenn das nicht heiter werden konnte.
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Momentan ist es noch nicht ganz so spannend, das wird sich allerdings bald ändern. Ich möchte an dieser Stelle schon einmal darauf hinweisen, dass in den nächsten Kapiteln Konversationen folgenden werden, die nicht ganz jungendfrei sind.
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Das dürfen wir nicht
ContoDieser eine Moment, der alles verändert. Dieser Moment, in dem nichts mehr ist, wie es einmal war.. Eine verbotene Liebe zwischen einer Angestellten und ihrem Chef, die fast entdeckt worden wäre und die Geschichte, wie es weiter geht.