Ein dumpfer Schlag, ein schreckliches Knacken, ich wurde herumgerissen und zu Boden geschleudert. Reifen, die haarscharf an meinem Gesicht vorbeischossen, wieder das Quietschen der Bremsen, Stille. Und dann kam der Schmerz.
Einer gewaltigen Woge gleich rollte er über mich hinweg, schlimmer als alles, was ich bisher erlebt hatte. Es war, als würde man mir glühendes Eisen ins Fleisch pressen, mit rauem Schleifpapier über meine Haut fahren, Salz in offene Wunden streuen, im Feuer erhitzte Nägel durch meinen Körper schlagen, und das alles gleichzeitig. Ich wollte schreien, doch es ging nicht. Wollte schreien, meinen Schmerz in die Welt hinaustragen, doch es ging nicht. Meine Stimme versagte mir den Dienst. Ich fühlte etwas Warmes, Feuchtes über mein Gesicht laufen, fühlte mein Herz in meiner Brust rasen wie einen panischen kleinen Vogel, fühlte zwei warme Hände, die sich um meine Wangen legten. Ich atmete schwer, während ich versuchte zu verstehen, was geschehen war, doch der Schmerz machte es mir unmöglich, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Er war allgegenwärtig, füllte mein gesamtes Bewusstsein aus, ließ keine andere Empfindung zu.
Was war das? Eine Stimme...? Eine Stimme... die... etwas rief. War das... mein Name? Ich fühlte mich, als hätte ich Watte in den Ohren, ein merkwürdiger Druck lag auf meinem Trommelfell. Und über alles war der dunkle Mantel des Schmerzes gebreitet.
Urplötzlich, ohne Vorwarnung, ließ der Druck auf meine Ohren nach, klar und deutlich vernahm ich die Stimme.
„Sakura!" Meine Lider flappten auf, panisch schoss ich in die Höhe. Das Erste, was ich sah war... Blut. Der Schmerz in meinem Bein explodierte.
Blut, überall um mich herum, auf dem Asphalt, auf meiner Kleidung, meinen Händen.
Mein Bein brannte.
Es lief mir über die Stirn, in die Augen und nahm mir die Sicht. Panisch blinzelte ich.
Wie tausend gierige Flammen züngelte der Schmerz durch meinen Körper, grub sich tief in mein Bewusstsein und ließ mich keuchen. Tränen liefen über meine Wangen, vermischten sich mit dem Blut, tropften von meinem Kinn auf meine zitternden Hände. Ich starrte entsetzt auf das verschwommene Bild, das sich mir bot. Mein Bein. Eine Lache aus Blut. Mein Bein. Fetzen meiner Jeans. Blut. Aufgeschürfte Haut. Blut. Fleisch.
Knochen.
Ich wollte schreien, doch es ging nicht. Der Schmerz brachte mich schier um den Verstand. Ich atmete schwer, ein trockener Hustenkrampf packte und schüttelte mich. Mein ganzer Körper krümmte sich zusammen, spannte sich an unter den rasenden Schmerzen. Blut lief über meine Lippen, mein Kinn hinab, über den Hals. Meine Augen klebten an meinem linken Bein, das einen leichten, unnatürlichen Knick aufwies. Der zerfetzte, zerrissene Stoff der Jeans war blutdurchtränkt. Langsam weiteten sich meine Augen, wurden immer größer, bis ich das Gefühl hatte, sie müssten mir eigentlich aus dem Kopf fallen. Das Bild verschwamm, verwischte, die Konturen verschoben sich. In meinem Kopf begann sich alles zu drehen, mir wurde abwechselnd heiß und kalt. Wie gebannt starrte ich auf das Stück Knochen, das sich wie ein Dorn durch meine Haut gebohrt hatte.
Und noch immer fühlte ich mich, als würde ich bei lebendigem Leibe verbrannt.
Ich hörte nichts, sah nichts. Meine Augen waren offen, und dennoch war ich unfähig, wirklich etwas zu sehen. Mein ganzes Sichtfeld wurde von Rot eingenommen. Ein dunkles, an manchen Stellen etwas helleres Rot, hier und da von weißen Flecken durchbrochen. Rot. Rot, Rot, Rot. Langsam zog sich der Schmerz zurück, wurde kleiner, unbedeutender, doch er verschwand nicht. Er war noch immer da, in einem dunklen Winkel meines Bewusstseins. Zwar konnte er mir nichts anhaben, doch ich spürte seine bedrohliche Präsenz. Sie war allgegenwärtig, verborgen hinter einem schweren, undurchsichtigen Vorhang, der sich quer durch meinen Geist zog und mich von den höllischen Qualen abschirmte. Das Rot, das meine Augen sahen, wurde dunkler, als hätte jemand schwarze Tusche in ein Glas mit Wein geschüttet. Schwarze Fäden zogen sich durch das mehr oder weniger einfarbige Feld, breiteten sich aus, fraßen die weißen Flecken.