Der TGV ruckelte begleitet von einem leisen Rauschen und dem Knistern der Zeitung des Mannes mir gegenüber, über die Schienen. Wenn man genau drauf achtete , konnte man den Geruch von alten Sitzbezügen aus abgewetztem Stoff und vor langer Zeit verschüttetem Kaffee wahrnehmen. Dieser Geruch bedeutete für mich: Reisen. Auf dem Weg in ein neues Land oder eine neue Stadt sein. Nicht wissend, was einen dort erwartet. Wird es genauso sein, wie man es sich immer schon vorgestellt hat? Oder doch ganz anders?Vor dem Fenster zog in rasanter Geschwindigkeit die herbstliche Landschaft vorbei und verschwamm so zu einem einzigen Wirrwar aus warmen Orange, rot und Goldtönen. es ähnelte beinahe einem Gemälde von Van Gogh. Als wäre die ganze Welt soeben seinem raffinierten Pinselschwung entsprungen. das Fenster war leicht geöffnet und von draußen streichelte ein leiser, kühler, herbstlicher Fahrtwind mein Gesicht. Ich hatte meine Kopfhörer auf und ließ mich von der fröhlichen und wirklich sehr lebensbejahenden Musik der französischen Sängerin Zaz berieseln. Denn genau das war heute auch mein Ziel: Paris.
Die Augen geschlossen genoss ich das Gefühl der Vorfreude. ich wollte schon immer mal Paris sehen. Wenn auch ursprünglich unter anderen Umständen. An dieser Stelle werden sich die meisten von euch jetzt fragen: Schön und gut. Aber wo ist der süße Typ an deiner Seite, mit dem du dich vor dem Eiffelturm küssen wirst? Da habe ich eine einfache Antwort für euch. Wahrscheinlich sitzt er zu diesem Moment daheim in München und ist sich meiner Existenz nicht mal mehr bewusst. Wie sollte ich es ihm verdenken. Ich bin eher der unscheinbare Typ. Könnte eine Erklärung dafür sein, weshalb ich trotz meiner 1,75 m Größe immer wieder umgerannt werde. Der Grund dass er nicht hier ist ist aber nicht, dass wir uns getrennt haben oder gestritten oder irgendwas in der Art. Um ehrlich zu sein waren wir noch nicht mal zusammen. Er war vielmehr seit mittlerweile fünf Jahren mein allerbester Freund. Mit ihm hatte ich schon so viel erlebt. Und seit bald zwei jahren hatten wir fest geplant zusammen Paris zu besuchen, weil das seit einiger Zeit mein größter Wunsch ist...Tja. Wie kommt es also, dass ich jetzt alleine hier sitze, auf dem Weg in das sichere Verderben meiner Gefühle? Nun ja. Seit Kurzem hat er eine Freundin. kein Ding denkt man sich vielleicht. Pustekuchen. Er hat mich komplett abgehakt. Ich existiere für ihn nicht mehr. Der Kontakt ist abgebrochen. Das Schlimme an der Sache ist aber nicht zu wissen wie wenig ich ihm bedeutet habe und wie leicht ersetzbar ich anscheinend bin. Sondern vielmehr die Tatsache, dass er für mich so viel war. Um ehrlich zu sein Alles. Der, der schon mal einen fetten Schlag in die Fresse bekommen hat wird ungefähr wissen wie sich das anfühlt. Nur ungefähr mal 10. Es ist als würde euch jemand die Luft zum Atmen nehmen und ihr würdet ihn auf Knien anflehen sie euch zurückzugeben, weil ihr sie zum Leben braucht. Aber sie tun es nicht. Das ist auch ungefähr genau das, was ich die letzten zwei Monate getan habe. ich konnte die Vorstellung ihn zu verlieren nicht ertragen. Bis mir dann klar wurde, dass es weniger schmerzhaft ist jemanden gehen zu lassen als jemanden zu bitten zu bleiben, wenn man genau weiß diese Person würde lieber gehen. Dnn kam meine Phase der Abfindung. Oder wie ich es nenne: Die Schöller-Vanilleeis-Phase. Worin die besteht könnt ihr euch bestimmt denken. Nur leider füllen zwei Familienpackungen Vanilleeis das Loch in meinem Herzen nicht wirklich aus. Alles, was es bewirkt ist ein Rettungsring um meine Hüfte. Nach einer weiteren Schlaflosen Nacht kam ich dann endlich zur Besinnung.
ich wollte mich nicht mehr unterordnen. Ich wollte dieses Gefühl der Traurigkeit gerne hinter mir lassen und wenn ich mein Herz schon nicht mit ihm füllen konnte, dann wenigstens mit einer gediegenen Portion Freude und Abenteuer. Und das war ziemlich genau der Moment, in dem ich mir mein Ticket für den TGV nach Paris gebucht habe. Denn ich wollte mir diesen Traum erfüllen. Ob mit oder ohne meinen besten Freund. ich brauche keinen Kuss vor dem Eiffelturm. Achtung Paris. Hier komme ich. Allein, ohne reue darüber und bereit deine ganze Philosophie der Liebe und Romantik zunich
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mon coeur t'appartient, Paris
RandomParis ist doch eigentlich ein Ort für Verliebte. Ein Ort, der immer gern eine Extraschippe Romantik auffährt. Folglich wäre allein dorthin zu fahren doch emotionaler Selbstmord. Oder vielleicht doch nicht?....