Als ich die Wasseroberfläche durchbrach, war es, als würde ich in eine Truhe mit Eiswürfeln greifen. Die Kälte hatte mich sofort erreicht und setzte meinen Körper kurzzeitig unter Schock. Blinzelnd öffnete ich meine Augen. Ich konnte kaum etwas erkennen – einzig das dunkle Wasser, welches mich gefangen hielt. Immer noch die Tasche an mich gepresst begann ich zu strampeln. Mir entwichen bereits erste Luftblasen, lange würde ich den Atem nicht mehr anhalten können. Panisch versuchte ich die Wasseroberfläche zu erreichen, doch die Dunkelheit umfing mich von allen Seiten. Es war unmöglich zu sagen, wo oben und wo unten war. Strampelnd trat ich um mich. Egal was ich tat – ich durfte nur nicht aufgeben. Mich nicht der Kälte geschlagen geben. Keuchend und hustend durchdrang ich die Wasseroberfläche. Für einen kurzen Moment war mein Kopf ober Wasser, dann packte mich sogleich die nächste Welle und zog mich in einen mächtigen Strudel nach unten. Ich hatte unterschätzt, welche Kräfte der Ozean entfachen konnte und nun fühlte ich mich komplett ausgeliefert. Mühsam kämpfte ich mich wieder nach oben – rasselnd zog ich Luft in meine Lungen ein. Prompt traf mich die nächste Welle und hustend atmete ich brennendes Salzwasser ein, welches mich von innen zu verbrennen schien. Ich wusste, dass ich mich meiner schweren Kleidung und den Schuhen entledigen musste, das würde das Schwimmen vereinfachen. Doch ich brachte es nicht übers Herz. So teure Kleidung konnte ich mir nicht leisten ... Aber wenigstens würdest du leben, schoss es mir durch den Kopf. Nur was würde mir das bringen, sollte ich daraufhin erfrieren? Zähne zusammenbeißend aktivierte ich jegliche Kraftreserven. Mit festen Zügen kämpfte ich gegen die Wellen an. Erst nach einigen Schwimmzügen erkannte ich, dass es keinen Sinn machte, gegen die Wellen zu kompetieren. Ich musste mich mit ihnen ziehen lassen, selbst wenn das bedeutete, die Kontrolle zu verlieren. Der Ozean war an diesem Tag aufgewühlt und in ständiger Bewegung. Es dauerte nicht lange, da war ich der Küste überraschend nahe.
„Scheiße", fluchte ich erneut, als ich sah, wie eine brechende Welle gegen die Felsen der Steinküste klatschte. Dort durfte ich auf gar keinen Fall landen. In unmittelbarer Entfernung zum felsigen Abschnitt, konnte ich einen flacheren Einstieg erkennen. Der Teil war geschützt von wilden Wellen, jetzt stellte sich nur noch die Frage, wie ich dorthin kommen konnte. Der Ozean hatte mich in seiner Gewalt und die Kälte zog immer mehr an meinen Kräften. Prustend hielt ich mich ober Wasser. Würde ich es bis zum Strand schaffen? Als ich schlussendlich tatsächlich den Kiesstrang erklamm, anstatt mausetot gegen eine der Klippen geklatscht zu werden, konnte ich mehr von Glück als Verstand sprechen. Mit meinen Kräften am Ende kroch ich aus dem Wasser nach draußen. Sobald ich nicht mehr Gefahr lief, erneut von den Wellen hineingezogen zu werden, öffnete ich die Tasche. Mit wild klopfendem Herz überprüfte ich, ob Geld und das Drachenei noch da waren. Zwar triefte die Tasche nass, doch alles war noch da. Besorgt nahm ich das Drachenei genauer unter die Lupe, doch abgesehen davon, dass es genauso wie ich besorgniserregend abgekühlt war, schien es heil zu sein.
Oh Godsqua, was für ein Tag. So hatte ich mir meine Ankunft in dem Land, welches meine neue Heimat werden sollte, nun wirklich nicht vorgestellt. Ein Blick Richtung Hafen genügte, um mir in Erinnerung zu rufen, dass mein Sprung nicht unbemerkt geblieben war. Wollte ich nicht doch noch geschnappt werden, nachdem ich so viel riskiert hatte, musste ich mich jetzt wirklich beeilen. Mit vor Kälte klammen Fingern stopfte ich das Drachenei zurück in die Tasche und sprang auf. Meine Kräfte waren am Ende, dennoch kämpfte ich bis über meine Grenzen hinaus an. Schwerfällig stolperte ich über den Strand weiter auf ein kleines Waldstückt zu, wo ich mich verstecken konnte. Sobald ich den Schutz des Gebüsches erreicht hatte, ließ ich mich niederfallen und rastete für einen kurzen Moment. Doch das Knurren meines Magens erinnerte mich daran, dass ich weder Essen noch Trinken hatte. So gefährlich es auch war, ich musste in die Stadt. Das Salzwasser hatte meine Kehle gebrandmarkt, ich brauchte dringend sauberes Süßwasser zum Trinken. Ich wanderte gefühlt eine Ewigkeit, bis ich tatsächlich einen kleinen Bach fand. Den Tränen nahe ließ ich mich auf die Knie fallen und tauchte meine Hände zu einer Schüssel geformt in das kühle Wasser ein. Beinahe erwartete ich, der Bach sei nur meiner Fantasie entsprungen, doch als die ersten Tropfen meine Kehle hinunterrannen, stöhnte ich erleichtert auf.
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INDIGO - Beim Leben des Drachen [Leseprobe]
FantasyEigentlich ist Zara gerade auf der Flucht ihres Lebens, doch plötzlich befindet sich ein Drachenei in ihrer Obhut. Schon bald würde daraus ein kleines Wasserdrachenbaby schlüpfen. Das behauptet zumindest Tristan - der königliche Pfleger magischer W...