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Meine Ankunft lag erst einige Stunden zurück. Ich folgte brav der Wegweisung eines Bewohners der letzten Ortschaft, die ich durchkreuzen musste, um hier zu landen. Mein Ziel? Wie meine perfekten Fingernägel und mein XXL-Koffer bestimmt zeigte... Auf dem Weg in das supertolle neue Luxushotel. Und wo bitteschön bin ich jetzt? Das sieht mir eher weniger nach Entspannung aus. Es ist staubig, ist ja auch bei der Hitze kein Wunder. Flimmern war in der Ferne zu sehen, es vermischten sich die schönen Farben des rot-orangenen Sandes, der grau-braunen Felsen, die teilweise bewachsene waren und das wunderschöne Himmelblau des australischen Winterhimmels. Mitten auf der Straße also mein dampfendes und somit kaputtes Auto in dieser schönen Landschaft. Kein Netzt - danke Handy. Wozu bezahle ich diese Idioten eigentlich? Eine seichte Briese strich meine kurzen gelockten Haare hinters Ohr. Eigentlich war es traumhaft. Das Paradies auf Erden, aber nur eigentlich. Meine Standards zu Hause waren sehr hoch. Eltern, die viel verdienten, boten ihrer Tochter viel.

Nachdem ich mich mit meiner neuen Situation abgefunden hatte, versuchte ich mir diese Nacht so bequem wie nur möglich zu machen. Um ehrlich zu sein, jetzt hätte ich liebend gerne ein 2 Meter breites Bett mit Seidenbettwäsche... Doch dies blieb heute lediglich mein Traum. Ich öffnete meinen Kofferraum. Heraus holte ich meinen pinken-XXL-Koffer. Ich ließ ihn zu Boden sausen, Staub wirbelte auf. Vor Stunden noch saß ich im Flugzeug, mit einem Champagner in der Hand, gelehnt in die blauen Bezüger des Sitzes, so wie es sich für die erste Klasse gehörte. Ich laß das Kapitel "gefährliche Tiere in der australischen Wüste" in dem Reiseführer meines Vaters.

Notgedrungen machte ich mich auf die Suche nach brauchbaren Sachen für die Nacht. Sowohl in Koffer als auch in der Umgebung. Alte Reifen, Dosen und Schuhe fand ich - was für eine Umweltverschmutzung. Es war so friedlich, ruhig und unberührt, aber es birgt etwas Bedrohliches. Übernachten würde ich wohl doch lieber in meinem Auto. Einige Sachen wie Nagellackentfernen zeigten sich als wirklich brauchbare Gegenstände. Auch hätte ich es nie für möglich gehalten, dass es nach nur wenigen Stunden so kalt sein könnte.

Tiere und dessen Geräusche verdeutlichten mir, dass meine Ängste nun auch den Weg hier hergefunden hatten. Sie waren also extra für diese Situation aus Deutschland angereist. An Schlaf war für mich gar nicht zu denken, als gegen 4 Uhr mein Handy sein Geist aufgab. Geld rettet einem halt nicht das Leben - davon hätte ich ja genug, aber überlebenswichtige Sachen wie Trinken, Essen oder Gesundheit konnte es einem in der Wüste auch nicht herzaubern. Meine Blase bewegte mich dazu auszusteigen, was ich rückblickend besser hätte lassen sollen. In der Ferne waren Geräusche zu hören, die Schreien ähnelten. Alles war schwarz, nichts erinnerte mehr an den roten Sand, alles dunkel und einsam. Ich genoss diese Atmosphäre, beeilte mich dann aber wieder zurück zum Auto. Die Schreie, die ich für mich längst als Tiere abgestempelt hatte, kamen immer näher. Ich rannte. Mir zu nah. Die Flucht war gescheitert. Gedanken an meine Eltern und all die schönen Erlebnisse meines Lebens, die sich in meinem Gehirn festgebrannt haben, lösten sich und zogen an mir vorbei. In das Nichts...

Tod im ParadiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt