Kapitel 3

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Durch die Schreie von unten wachte ich müde auf und lief ohne zu wissen was auf mich zutreffen wird die Treppen nach unten runter.
Im Wohnzimmer sah ich meine Mutter heulend auf den Boden sitzen und neben ihr meinem Vater der sie umarmte.
„Anne, Baba noluyor?" (Mama,Papa, was passiert hier) fragte ich, bekam jedoch keine Antwort auf meine Frage.
Ich ging zu meiner Mutter und umarmte sie, fragte noch mal was los sei, jedoch sie weinte ununterbrochen weiter.
Von oben kam mein Bruder verschlafen in unsere Richtung. Mit einem fragenden Blick guckte er in die Runde.
„Anne?" (Mama)
„Noldu Rüya?" (Was ist Passiert), fragte er mich. Mit einem rechts und links Kopf schütteln bewies ich ihm, dass ich selber keine Ahnung hatte was hier vorlief.
„Babamm", sagte meine Mama.
Nein oder? Nicht das was ich mir gerade denke? Kann doch nicht sein oder? Nicht schon wieder jemanden den ich verliere?
„Noldu Dedeme Anne?" (Was ist mit meinem Opa Mama), fragte mein Bruder leicht wütend.
„Oğlum Dedenizi kaybettik" (Mein Sohn, wir haben euren Opa verloren)
„Oğlum Dedenizi kaybettik"
„Oğlum Dedenizi kaybettik"
„Oğlum Dedenizi kaybettik"
„Oğlum Dedenizi kaybettik"
„Oğlum Dedenizi kaybettik"
„Oğlum Dedenizi kaybettik"
„Oğlum Dedenizi kaybettik"
Immer wieder wiederholte ich seinen Satz in meinem Kopf. Diese drei Wörter, hatten dafür gesorgt, dass meine Tränen schon fließen.
Ich stand auf, rannte in meinem Zimmer, warf mich auf meinem Bett und heulte mich in meinem Kissen aus. Nicht schon wieder, dachte ich mir.
Nicht noch eine Person, die ich liebte. Wie oft denn noch, wollte ich wissen. Wieso musste es so schwer sein um es zu akzeptieren, dass wir auf die Welt kamen um wieder zu sterben.
Können wir nicht einfach auf die Welt kommen, alle zusammen leben und alle zusammen wieder sterben. Können wir nicht alle zusammen in die Erde begraben werden.
Immer noch am weinen legte ich mich seitlich hin und holte unter meinem Kissen das Bild mit ihr und ihm raus. Ich streichelte über ihnen, weinte und lächelte dabei als ich mich an diesem Tag erinnerte.

„Dedeee?" (Opa)
„Rüyam" (Meine Rüya)
„Nereye gidiyosun?" (Wohin gehst du)
„Anneannenin yanına gidiyorum Kızım" (Ich gehe zu deiner Oma meine Tochter)
„Gitme Dede. Sende mi beni bırakıp gidiyorsun? Tıpkı onun gibi?" (Geh nicht Opa. Verlässt du mich auch wie sie?)
„Beni yanına çağırdı Rüyam, gitmem lazım. Seni çok seviyorum Rüyam." (Sie hat mich zu sich gerufen meine Rüya. Ich muss gehen. Ich liebe dich meine Rüya)
„DEDE GITME!"
„İşte gidiyorum Kızım, işte gidiyorum." (Ich gehe meine Tochter, ich gehe)
„DEDEEEEE!"
Schweißgebadet wachte ich von meinem Traum auf. Es war nur ein Traum redete ich mir selbst ein, doch als mir bewusst wurde, dass mein Opa wirklich zu ihr gegangen war, weinte ich wieder. Um zu wissen wie viel uhr wir hatten, guckte ich das Bildschirm von meinem Handy an.
04:38 Uhr, zeigte es an.
Ich stand auf, zog mir meine Jacke über die Schulter und schleichte die Treppen ganz leise runter.
Unten zog ich mir meine Schuhe an und lief in den Dunkeln die Straße entlang.
An dem Kanal angekommen setze ich mich auf einer der Bänke und stützte mein Ellenbogen an meine Knie. Ich weinte.
„İşte gidiyorum" (Ich gehe), hatte er in meinem Traum gesagt.
Sein Lieblingslied von Kazim Koyuncu. Wie es im lied gesungen wird, ging er ohne ein Wort zu sagen, ohne sich umzudrehen ging er. Er ging. Wieder einmal weinte ich auf der Bank, wie vor 6 Jahren. Als sie starb. Als meine Oma starb, saß ich hier und hatte genauso viel geweint. Der einzige Unterschied war, dass ich damals 15 und heute 21 war. Wie sollte das Leben weitergehen? Könnte ich den nicht vorher als allen anderen sterben, damit ich nicht jedes mal auf dieser Bank sitzen musste? Könnte ich nicht einfach mit ihnen gehen? Könnten nicht einfach alle zusammen weiterleben ohne, dass einer von uns ging? Ich weinte, schluchzte so laut, dass jeder es hören kömnte. Mir war es egal, denn meine Nerven waren am Ende. Ich wollte nicht noch mal hier auf der Bank sitzen und weinen. Nicht nochmal jemanden den ich liebte verlieren.

Ich merkte, wie sich jemanden neben mich setze. Wer auch immer es war, sagte nichts und schaute wie ich in die Leere. Wer ist schon um 5 uhr Nachts außer ich draußen, fragte ich mich selbst und bekam wieder mal keine Antwort, wobei ich mich wieder nicht wunderte.
„Hier", hörte ich den fremden sagen. Ich drehte mich in seine Richtung und nahm ihn das Taschentuch aus der Hand was er mir überreichte.
„Danke", sagte ich knapp, weil meine Stimme zitterte und ich nicht neben einem Fremden Mann laut weinen wollte.
„Weshalb sitz du um diese Uhrzeit alleine hier?", fragte mich der Fremde.
Ich beantwortete ihm nicht, denn ich wusste, wenn ich rede würde ich weinen.
„Hayat zor değilmi? (Das Leben ist schwer nh), fragte er mich.
„Manche kommen, manche gehen." ergänzte ich.
„Wer?", fragte er.
Ich blieb leise. Ich wollte nicht reden. Ich konnte nicht.
„Manchmal tut es gut, mit jemanden den man nicht kennt, über seine Probleme zu reden."
Ich guckte ihn an. Er hatte geweint, seine Augen waren rot und angeschwollen.
„Wieso hast du geweint? Ein Mann weint doch nicht?", fragte ich ihn.
Kurz lachte er.
„Das höre ich oft. Ein Mann weint nicht. Aber diese Aussage stimmt nicht. Ein Mann weint, wenn es um eine Frau, um seine Frau geht."
„Wie? Hast deine Freundin verloren oder was?", fragte ich.
„Nein. Ich bin nicht vergeben oder sonst was. Meine Mama liegt im Krankenhaus, im Koma. Der Arzt sagt, dass wir uns auf den schlimmsten vorbereiten sollen. Ich kann es aber nicht akzeptieren, dass meine Königin mich verlässt."
„Geçmiş Olsun." (Gute Besserung), sagte ich traurig.
„Danke."
Stille.
Nichts außer mein leises heulen war zu hören. Was würde ich bloß machen, wenn meine Mama auch gehen würde? Würde ich dass den auch ertragen? Würde ich es wohl schaffen  ohne sie weiterzuleben? Meine Oma, ich habe sie vor 6 Jahren, als ich 15 war verloren. Damals an dem Tag wo ich es erfahren habe, saß ich auch hier und habe geweint. Und jetzt sitze ich noch einmal hier und weine für meinem Opa. Er ist genauso wie sie gegangen. Wie soll ich es bloß aushalten? Ich vermisse beide so sehr, wie werde ich es schaffen ohne ihnen weiterzuleben?"
„Mein Beileid."
„Ben Okan." (Ich bin Okan) ,stellte er sich vor.
„Rüya", sagte ich und stand auf, um Nachhause zu gehen.
"Schöner Name Rüya. Ich begleite dich Nachhause, es ist gefährlich."
Ohne etwas zu sagen, nickte ich und lief fort.
Angekommen vor meinem Haus, schaute ich ihn an.
"Danke, es tat wirklich gut mit jemanden fremden zu reden. Ich hoffe es wird deiner Mama wieder gut gehen. Auf Wiedersehen"

„Auf Wiedersehen Rüya"

Sen ve Ben...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt