Bien - Jugend einer Jungfrau

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MAI

Der achte Tag

Ich bin nicht die einzige Tochter meiner Mutter und wahrlich nicht ihre Erstgeborene, aber ich wurde geboren und aufgezogen, um ihr Erbe anzutreten. Sie nennen mich die erste Tochter. Sie, dass sind meine Amahs, die mich pflegen und füttern, die mich putzten und meine Kammer sauberhalten, die für mich werben und für die ich die Zukunft sein werde.

Ich habe viele Amahs. Am Anfang waren es nur wenige, aber mit jedem Tag wurden es mehr. Je stärker ich wurde, je größer und kräftiger, desto mehr Amahs kümmerten sich um mich. Tag für Tag waren Sie um mich, pflegten mich und brachten mir Nahrung. Jetzt brauche ich keine Nahrung. Ich schlafe und träume. Es ist eng um mich, und warm. Mir ist als löse ich mich langsam auf, als verliere ich den Kontakt zu meiner Aussenwelt. Aber ich weis, dass es nur vorübergehend sein wird. Meine Mutter hat es mir gesagt. Meine Amahs waren verängstigt, als meine Mutter kam. Nicht üblich sei es. Gefährlich sei sie. Angst kroch ihnen aus den Drüsen. Aber meine Mutter beruhigte sie alle. Mit Leichtigkeit zwang sie ihnen ihren Willen auf. Das war, bevor sie zu mir kam. Häufig kommen die Mütter nur zu solchen wie uns, um uns zu töten. Aber bei mir war es anders. Mir hat meine Mutter das große Geheimnis anvertraut. Ich bin ihre Erbin.

Um mich ist es laut. Nicht die normale Lautstärke eines geschäftigen Tages. Auch nicht das wütende Brausen, dass den Zorn meiner Mutter begleitet. Nein, ein anderes Geräusch hat sich ausgebreitet. Ein Klappern und Schwirren. Mit ihm einher geht ein seltsamer Geruch. Hier, wo ich vergnügt bade, kann ich nur feine Spuren von ihm riechen. Aber auch mich macht er unruhig, und ich verstehe dass meine Amahs und ihre Schwestern aufgeregt sind. Ich hoffe, sie verlassen mich nicht alle.

Geräusch umgibt mich. Brausend, klappernd, schreiend, knirschend. Der Lärm schwillt immer mehr an. Der Geruch der anderen dringt zu mir herein. Man sollte meinen, dass ich in meiner Kammer von alledem nichts mitbekommen würde. Fein haben sie die Tür verschlossen. Kein Spalt, keine Ritze ist gebliebe. Und doch höre und spüre ich, wie ein Reissen durch mein Volk geht. Ich sehne mich danach, auszubrechen. Aber noch muss ich geduldig verharren.

Langsam ebbt der Lärm ab. Das große Brausen ist vorbei. Dafür wird es jetzt ersetzt durch ein zaghaftes Klopfen. Das Klopfen klingt hilflos und verlassen. Meine armen Amahs, so gerne wäre ich bei ihnen und würde sie beruhigen. Aber noch bin ich eine Gefangene. Gefangene meines eigenen Körpers. Kaum kann ich mich mehr drehen und wenden. Eng ist es um mich, und warm. Ich fühle die Enge, aber nicht mehr die Wand an meiner Seite. Ich kann die Wand nicht mehr fühlen. Ich werde mir selber fremd. Lange kann es nicht mehr dauern.

Der neunte Tag

Um mich herum klopft es zornig. Ich höre meine Amahs, die nach meiner Mutter rufen. Sie wird nicht kommen. Sie hat es mir gesagt. Sie kommt nie mehr zurück. Die Luft ist leer, bis auf die wenigen Spuren von ihr in den Ecken. Derweil sind meine Brüder emsig. Immer wieder treibt es sie hinaus. Jetzt, wenn die Tage länger werden, suchen sie nach solchen wie mir. Noch kann ich nicht mit ihnen hinaus. Noch immer ist meine Stube fest verschlossen. Meinen Kopf habe ich an die Türe gelehnt und lausche. Jeden Ton meines Palastes sauge ich in mich auf. Lange kann ich hier nicht mehr bleiben. Es wird immer enger. Mein Kopf beginnt zu schmerzen. Meine Füsse schaben an der Wand. Tasten sie ab. Meine weichen Knie lehnen sich an die warme Begrenzung, die mich umschließt. Ich beginne wieder zu träumen, meine Füße zittern.

Der vierzehnte Tag

Noch immer höre ich das zornige Klopfen und Schlagen. Gelegentlich mischt sich ein wütendes Brausen darunter und ich höre wie meine Amahs und ihre Schwestern uns verteidigen. Viele Feinde gibt es, die nur auf die Gelegenheit warten, dass die Königin geht. Aber meine Mutter hat uns nicht hilflos zurückgelassen. Meine Amahs wissen, dass ich hier bin und warte. Sie würden ihr Leben dafür geben, mich in meinem Versteck zu beschützen. Sie geben ihr Leben dafür. Ich selbst bin noch hilflos und eingeschlossen in meine enge Stube. Herrin des Lichts - gib meinen Amahs Kraft!

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 24, 2014 ⏰

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Bien - Geschichte einer KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt