Kapitel eins

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"Wo gehst du hin?" Leise tappt Luise barfuß und im Nachthemd die Treppe hinab. Heinrich fährt erschrocken herum. "Ich-gehe nur etwas spazieren, weil ich nicht schlafen kann." Gut, dass ihm die Ausrede eingefallen ist. "Geh wieder ins Bett, Liebes. Es ist spät." Doch Luise rührt sich nicht. Sie starrt ihn nur durchdringend an. Im blassen Mondlicht sieht sie in ihrem weißen Nachthemd aus wie ein Gespenst. Ein Schauer durchläuft Heinrich. "Ich komme gleich wieder, du brauchst keine Angst vor dem Gewitter zu haben." Er will, dass seine Tochter zurück ins Bett geht. Sowieso ist er schon spät dran. Er weiß nicht, ob seine Beute so lange warten kann. "Tust du nicht", wispert Luise. "Was?" Nervös befeuchtet Heinrich seine Lippen mit der Zungenspitze. "Du kommst nicht so schnell wieder. Das tust du sonst auch nicht." Woher wusste sie, dass er nachts unterwegs war, anstatt in seinem Bett zu liegen? "Ich bin sonst nicht weg. Das hast du bestimmt nur geträumt. Geh wieder schlafen, Schatz." Er hofft, dass das Mädchen die Lüge schluckt. Sie nickt, dreht sich um und geht wieder die Treppe hinauf.

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