Tagebucheintrag:8th of March'18
Wiefroh ich bin, dass ich fort bin!
Ichfühlte mich noch nie so unentschlossen in meinem Leben wie gerade.Ich weiß einfach nicht wohin mit mir!
Ichbin tatsächlich von Zuhause ausgezogen. Was bedeutet schon„Zuhause"?
DasDach meines Vaters musste ich verlassen.
Fühlentue ich mich von der Selbstständigkeit und dem immer woanders sein –gleich.
DerUnterschied aber ist, das die Schnur entgültig durchgeschnitten ist.Der Faden abgeschnürt.
Stille.
Jahrelanghatte ich diesen Moment erwartet, von meiner Stiefmutter losgelöstzu werden.
Ichmuss noch viel regeln.
Ichverließ mein geliebtes Haus mit den letzten durchdringenden Wortenmeiner Stiefmutter: Ich würde es nicht schaffen.
Aberdas werde ich jetzt erst recht!
Ichwerde meinen Bruder vermissen. Egal wie sehr wie uns manchmal hassenund dann auch wieder lieben würden. Meinen Vater, der uns alleineaufzog, so hart seine auch Schale ist, mich von innen doch aber sosehr liebt.
MeinZimmer ist in Ordnung. Vollkommen. Anforderungen stelle ich aberwenige. Ich bin froh weg zu sein. Ich frage mich was mich noch alleserwarten wird..
Nunsitze ich hier. Überwältigt von all dem. Von all dem Mut. Michüberkommt plötzlich unfassbare Erleichterung und ein Luftzugvollkommener Stärke. Mir wird immer wieder gesagt wie viel ich davonbesitzen würde. Aber habe ich ihnen geglaubt?
Nein.
Oftmalswollen wir Menschen nur das negative, dass aus den Mündern andererkommt, glauben. Leider. Aber ich sitze hier, spüre die dutzend mirgeschenkten Decken an meiner nackten Haut. Ich halte die Hände anmeine Augen und ziehe sie aber schnell wieder weg um zuschauen, obdas wirklich real ist. Danach streiche ich durch mein mittelangeshellblondes Haar und schaue in den Spiegel, der vor meiner neuenweißen Kommode hängt. „Ich kann es nicht fassen", höre ichmich, mir selber, zusprechen. Das neue Zimmer wird erhellt durch dieFarben Weiß und Braun, welche ich am liebsten habe. Das sanft pinkeBild an der rechten Wand, vom Bett aus, versprüht einen FunkenLiebenswürdigkeit in die kalten Wände. Alles ist still. DieseStille ist unfassbar beruhigend und schenkt mir Klarheit.
Michüberkommt ein Gefühl von innerer Ruhe. eine Ruhe von der ich immerzu träumen wagte. Eine Ruhe, die mich spüren und sagen lässt: Ichbin frei. Es war ein eingefrorener Moment äußester Stille. Ich binendlich von Zuhause weg. Ich kann es kaum glauben, diese Zeilen zuschreiben ohne zu lügen. Noch kann ich einfach nicht glauben, wasich alles hinter mir habe. Es ist zu viel. Es scheint mir, als seiich zuvor in einem kleinen übermäßig lauten Raum gewesen, der mirOhrdruck und Piepstöne ins Ohr führte und nun in einen übermäßigweiten Raum gesprungen, der unberührt und ruhig ist. Wie ein weißesBlatt. Ein Neuanfang. Ich fühle mich frei und verspüregleichzeitig eine Einschüchterung dieser weite. Ich bin unfassbarglücklich und zugleich von solcher Trauer gefüllt. Ich habe Mut undkann fühlen, wie sich die Angst vor mir selbst, in mir undschließlich im ganzen Raum verteilt. Von nun an wird sich mein Lebenkomplett verändern. Umgekrämpelt. Einfach so.
Ichwusste ja schon immer, dass ich eines Tages ausbrechen würde. Esmuss. Auch sollte es mein 18tes Lebensjahr sein. Doch vorgestellthabe ich es mir komplett anders. Das Leben ist nunmal einfachspontan, rücksichtslos und unberechenbar. Wenn ich hier so sitzegehen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Werde ich sie nie wiedersehen? Meine Familie? Was heißt schon Familie? Eine „wirkliche"Familie hatte ich nie.
DieGedanken zerfetzen mich innerlich förmlich, aber verdient hättensie es nicht. Ich vermisse sie, aber ich versuche dagegenanzukämpfen.
Nurich allein muss und kann jetzt entscheiden.