K i m T a e h y u n g
김태형
1. Person
Jungkook verließ mit mir zusammen den Zug nur wenige Stationen später. Während der ganzen restlichen Fahrt hatten wir nicht miteinander geredet, sondern nur nebeneinander gestanden, unsere Hände miteinander verbunden. Irgendwann habe ich dann ohne jegliche Anmerkungen oder Kommentare meinen Kopf in seine Halsbeuge abgelegt und meine Augen geschlossen.
Und er hat nicht reagiert. Er hat so getan, als würden wir das öfters tun. Als würden wir uns schon ewig kennen.
Als wären wir eines dieser High School Pärchen, die ihren ersten Kuss bei Wahrheit oder Pflicht hatten und danach gemerkt haben, dass sie Gefühle füreinander haben.
Nur dass da nie so etwas wie ein Kuss war.
Es waren nur wir zwei, zwei im Grunde völlig fremde Menschen, die sich unter Umständen getroffen haben und irgendwie eine Verbindung zueinander haben.
Weil beide leiden.
Weil beide verloren haben.
Wir stiegen kurz vor der Endstation aus und ich fand mich in den hintersten Teilen von Busan wieder.
Hier war ich noch nie zuvor gewesen. Es sah nicht heruntergekommen aus, sondern eher verlassen und unbewohnt, still und vergessen.
Es hatte etwas, das eine gewissen Ruhe ausstrahlte und mir Sicherheit gab, auch wenn ich wirklich keine Ahnung hatte, wo ich mich befand. Vielleicht lag es auch an Jungkooks Hand, die meine immer noch hielt.
Ohne ein Wort zog mich Jungkook hinter sich her - nicht zu harsch sei hinzuzufügen.
Mein Blick fiel auf die vielen Wohnblöcke neben uns, die so verlassen aussahen, als wäre die Seuche ausgebrochen. Nur aus der Ferne hörte man das Lachen eines Kindes, das durch das Widerhallen in den Blöcken viel weiter weg klang, als es vermutlich klang.
Von einigen Balkönen der Blöcke hingen frisch gewaschene Klamotten, die dem tristen Grau In Grau etwas Leben und Farbe einhauchten.
Ein leichter Wind fuhr mir zärtlich durch meine Haare und blies sie zur Seite, fuhr unter meien Klamotten und lies mich frösteln.
Der ausgetretene Asphalt, der wohl einen schmalen Weg durch die Wohnhäuser darstellen sollte, war mehr als nur heruntergekommen und es fiel mir schwer zu glauben, dass dieser Weg als dauerhaufte Lösung nutzen sollte.
Rechts und links von ihm befand sich schlammige Wiese, die trotz des vielen Unkrauts irgendwie dennoch gepflegt ausssah. Ab und an sah man kleine Vögel über sie hüpfen und in der Erde nach Essbarem wühlen, bis sie frustriert aufgaben und davonflogen.
Mir fiel auch eine Wand ins Auge, auf der man viele Abdrücke eines Fußballes sehen konnte, der wohl des öfteres dagegegn geschossen worden war.
"Ich wohne hier.", meinte Jungkook nach einer Weile, seine Stimme rau, tief und kratzig. Aber ich entgegnete nichts.
Nicht, weil ich nichts zu sagen hätte, sondern weil es nichts zu sagen gab.
Ich konnte spüren, dass es Jungkook unangenehm war, das zuzugeben, aber ich fand nicht, dass er sich für irgendetwas schämen müsste.
Seine Wohnung war klein, gerade mal zwei Räume - einen Wohnraum und ein Bad, in dem man aufpassen musste, dass man nichts umstö'ßt, wenn man sich um die eigenen Achse dreht.
Der Wohnraum selbst fasste Küche, Wohnzimmer und Schlafzimmer zusammen, so jedenfalls erklärte es mir Jungkook.
Seine Küche bestand aus einem winzigen Kühlschrank, einer Mikrowelle und einem Waschbecken, dazu drei Gläser, einem Teller und Essstäbchen, die dem Logo zu folge einem Restaurant entwendet worden waren.
Ich sprach ihn nicht darauf an.
Die restlichen wenigen Quadratmeter wurden von einer kleinen, ausgelegenen Couch beansprucht, die er als Bett benutzte und einem Fernseher, der wohl das modernste hier war.Mir fiel jedoch auf, dass er weder Kleiderschrank noch einen Tisch hatte, weshalb überall seine Klamotten herumlagen.
Dennoch fand ich die Wohnung irgendwie gemütlich. Die erdeigen Töne harmonierten so gut miteinander und der leichte Geruch von dem Zitronenspülmittel und Zigaretten lagen so leicht in der Luft, dass ich nicht einmal das Bedürfnis hatte, die Fenster zu öffnen un druchzulüften.
"Ich mag es.", brachte ich nur hervor, aber wie auch ich zuvor, zeigte Jungkook keine Reaktion, sondern schloss nur leise die knarzende Türe hinter uns - ohne meine Hand dabei jemals loszulassen.
"Es ist nicht viel, aber es ist alles was ich habe.", sagte er und ließ nun doch meine Hand los, um damit auf die Couch zu deuten, "Setz dich."
Ich nickte und ließ mich ohne jegliche Scheu auf die weiche Polsterung fallen, während Jungkook währenddessen zu seinem Kühlschrank ging und darin herumwühlte.
In diesem Moment wunderte ich mich über mich selbst, da ich normalerweise nie gerne die Möbel anderer Leute in Anspruch nehme, nicht einmal die meiner Eltern, wenn ich sie nach langem Mal wieder zuhause besuche.
Jedoch nicht so bei Jungkook.
Es fühlte sich an, als hätte ich dies schon so oft getan, dass meine Gliedmaßen fast wie von selbst handelten und ich auch keine Hemmungen hatte, mich immer und immer wieder genauer in dem Raum umzusehen.
Auf dem Fernseher hafteten viele Bilder, alle zeigten ein Mädchen und einen Jungen, dessen Gesicht aber auf jedem Bild mit einem Sticker überklebt wurde.
Der Fernseher stand auf dem kahlen Boden und hinter ihm konnte man ein Kabelchaos sehen, aber auch das interessierte mich nicht im geringsten. Stattdessen wanderte mein Blick weiter zu den reinweißen Vorhängen, die vor der Balkontür hingen.
Erst jetz fiel mir auf, dass sein Balkon sehr groß war im Verhältnis zu seiner Wohnung und auch war er ordentlich aufgeräumt und dekoriert. Er schien gar nicht zu der Wohnung zu passen.
Ohne zu fragen erhob ich mich wieder von der Couch und öffnete stattdessen die Tür zu dem Balkon, um ihn zu betreten. Jungkook zuckte nicht einmal mit der Wimper.
Ihm schien das ganze hier genauso vertraut wie mir.
Oder viel mehr bildete er sich das selbe ein wie ich.
Der Balkon war überdacht, da Jungkook nicht im obersten Stockwerk wohnte, weshalb abertausende farblich aufeinander abgestimmte Kissen auf dem weißen Fliesenboden lagen, der aber nur an einigen Stellen herausblitzte, da Jungkook hier einen weißen Teppich ausgelegt hatte.
Auf der einen Seite standen vier große Kerzenhalter mit enormen Kerzen, die bereits zur Hälfte heruntergebrannt waren.
Auf der anderen stand ein Tisch mit einem Bild - auch eines von dem Mädchen und dem Jungen mit dem überdeckten Gesicht.
Gerade als ich es nehmen wollte, ertönte Jungkooks Stimme hinter mir.
"Siehst du die zwei dort drüben?"
Mein Blick schoss nach oben, auf den Balkon schräg gegenüber von uns.
Auf ihm hielt sich derzeitig ein Paar in den Armenund küsste sich innig.
"Ja."
"Glaubst du sie liebt ihn?"
Ich betrachtete das Mädchen mit den gefärbten, blonden Haaren, wie sie ihren Freund anlächelte und ihn immer wieder küsste.
Ihr Lachen ertönte und er stimmte mit ein.
"Sie liebt ihn sogar sehr."
"Richtig.", ich spürte wieder Jungkooks Hand in meiner, "Und deshalb würde sie auch ein bisschen Metall an seiner Lippe nicht stören."
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Piercing | VKook Ver.
Fanfiction"Stört das nicht beim Küssen?" "Willst du's ausprobieren?"